• Im "Tatort: Rettung so nah" müssen die Dresdner Kommissarinnen den Mord an zwei Rettungssanitätern aufklären.
  • Aber auch deren überforderte Kollegin macht ihnen Kummer.
  • Wie sieht die Lage der Rettungssanitäter in Deutschland aus?

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Werden Rettungssanitäter tatsächlich so oft angegriffen?

Rettungssanitäter werden oft in Extremsituationen gebraucht, in denen die Nerven der Beteiligten blank liegen oder Drogen im Spiel sind, schon allein deshalb kommt es oft zu Übergriffen. Die Bundesregierung berichtete 2019 von bundesweit 700 registrierten tätlichen Angriffen auf Rettungs­kräfte, davon 580 auf Männer und 120 auf Frau­en. 200 wurden auf Feuerwehrleute verübt und 500 auf "sonstige Rettungskräfte".

Heiko Jünger, der Geschäftsführer des DRK-Rettungsdienstes in Berlin, erzählte dem Deutschlandfunk 2019 von einem Angriff auf zwei Rettungssanitäter des Roten Kreuzes durch zwei Betrunkene. Dabei zog der 28-jährige Täter eine Schreckschusspistole und feuerte einem der Sanitäter Tränengas ins Gesicht.

Im Januar 2021, nur zehn Tage vor der Erstausstrahlung von "Rettung so nah", meldete die Polizei im saarländischen St. Ingbert, dass ein Mann kurz nach Mitternacht den Rettungswagen gerufen hatte.

Zwei Sanitäter kamen und baten ihn, den Corona-Regeln entsprechend eine Maske zu tragen und wollten seine Temperatur messen. Beides lehnte der Mann ab und verwies sie der Wohnung. Dabei schlug er "einem Rettungssanitäter mit der flachen Hand auf die Nase und dessen Kollegen mit der Faust in die Rippen."

Wie gehen Sanitäter mit der Bedrohung um?

Sie können Angebote der psychosozialen Notfallversorgung (PSNV) in Anspruch nehmen, die es in allen Bundesländern gibt. Dabei handelt es sich um die psychologische Betreuung von in erster Linie Notfallopfern und Angehörigen durch Kriseninterventionsteams (KIT), Notfallseelsorgedienste und andere ausgebildete Kräfte, die aber auch Rettungskräften (wie Sanitätern und Feuerwehrleuten) helfen können.

Der ehemalige Fernsehmoderator Tobias Schlegl, der sich ab 2016 zum Rettungssanitäter ausbilden ließ und einen Roman über einen überlasteten Sanitäter geschrieben hat, erzählte in einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, dass er selbst solche Betreuung brauchte.

"Die psychische Belastung entsteht durch die hohe Schlagzahl an Fällen. Man fährt in der Regel sieben bis acht Einsätze am Tag. Und es sind zum Teil sehr heftige dabei. In meinem konkreten Fall waren es zwei, drei Fälle, die einfach schwer für mich waren. Fälle, die gar nicht blutig waren, sondern mich einfach emotional sehr mitgenommen haben."

Ein Kollege bemerkte Schlegls Zustand und alarmierte das KIT: "Die sind in der akuten Phase einen Tag lang für einen da und haben mir sehr geholfen."

Schlegl bemängelt allerdings, dass die Hilfe nicht ausreiche: "Mittlerweile hat jeder Profisportler einen Psychologen oder Therapeuten, und auch Soldaten wird geholfen. Im Rettungsdienst würde ich mir das auch wünschen."

Die meisten Sanitäter übten den Beruf nur acht bis neun Jahre lang aus: "Da werden Menschen psychisch, aber auch physisch verfeuert. Viele Kollegen sind nach ein paar Jahren wieder weg, weil sie mit der Belastung und auch den Arbeitsbedingungen nicht klarkommen. Man schiebt um die 200 Stunden plus Überstunden, weil Personalnot ein riesiges Problem ist."

Wie haben sich die Hauptdarsteller auf ihre "Tatort"-Rolle vorbereitet?

Luise Aschenbrenner spielt die Episodenhauptrolle der überforderten Rettungssanitäterin Greta Blaschke. Dafür verbrachte die 1995 in München geborene Schauspielerin einen Tag auf einer Rettungswache in Dresden, wo sie zum Ensemble des Staatsschauspiels gehört.

Im Presseheft zur Folge erzählt Aschenbrenner von ihren Eindrücken: "Interessant war vor allem, dass man extreme Situationen gewöhnt ist. Familientragödien oder auch die Einsamkeit von manchen Patienten sind nicht immer leicht zu ertragen. Oft hatte man dort einen schwarzen Humor, den man, glaube ich, haben muss, wenn man sich vor zu vielen Gefühlen schützen möchte. Auf die Frage, was für sie die schlimmsten Einsätze sind, sagten die meisten: 'wenn Kinder sterben'."

Auf Empfehlung eines der professionellen Sanitäter las Aschenbrenner außerdem den Bestseller "Schauen Sie sich mal diese Sauerei an", ein Erfahrungsbericht des rheinländischen Rettungssanitäters Jörg Nießen: "Er hatte es in seinem Urlaub gelesen und Tränen über den schwarzen Humor und die nüchterne Darstellung gelacht. Er meinte, das würde die alltägliche Situationskomik seines Berufs bestens treffen."

Was hat es mit Karin Gorniaks Verletzung auf sich?

In "Rettung so nah" klagt Karin Gorniak über Schmerzen, die aufgrund ihrer Grippe wieder aufflammen, und die zu Spannungen zwischen den Kommissarinnen führen. Die Schmerzen gehen auf eine Bauchverletzung zurück, die Gorniak sich im ersten gemeinsamen Fall mit Leonie Winkler zugezogen hat.

Auch eine Bemerkung Blaschke gegenüber bezieht sich auf Gorniaks traumatische Erlebnisse während des "Tatort"-Falls "Das Nest": Sie wisse genau, sagt die Kommissarin zur Sanitäterin, wie sich das anfühle, wenn man sich ständig verfolgt und bedroht fühle, ohne einen konkreten Verfolger zu sehen.

In "Das Nest" (Erstausstrahlung im April 2019) lauern Gorniak und Winkler in einem verlassenen Gebäude einem Psychopathen auf. Weil Winkler erstarrt, statt auf ihn zu schießen, kommt es zu einer Verfolgungsjagd im Wald, in deren Verlauf der Täter Gorniak aus nächster Nähe ein Messer in den Bauch rammt (und sie auch später bedrohen wird).

Gorniak überlebt schwer verletzt und bleibt zwei Monate krankgeschrieben - eine Zeit, während derer die Kollegin, wie Gorniak in "Rettung so nah" beklagt, sie kein einziges Mal besucht.

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