An diesem Donnerstag feiert Joachim Witt seinen 75. Geburtstag. Anfang der 1980er-Jahre feierte der Künstler der Neuen Deutschen Welle insbesondere mit seinem Hit "Goldener Reiter" große Erfolge.
Im Interview mit unserer Redaktion erklärt
Herr Witt, an diesem Donnerstag feiern Sie Ihren 75 Geburtstag. Ein besonderer oder ein Tag wie jeder andere für Sie?
Joachim Witt: Es ist schon ein besonderer Tag – 75 Jahre: Das muss man auch erst einmal schaffen. Ich glaube, dass es vielen Menschen ähnlich geht. Die 75 ist eine Zahl, über die man nicht so einfach drüber hinweggehen sollte. Zudem sollte man darauf achten, dass man jeden Morgen möglichst wieder gesund aufsteht (lacht).
Mit gesundem Lebensstil und der Musik zur 75
Was tun Sie dafür, damit genau das eintritt?
Ich ernähre mich entsprechend gut und lasse gewisse Dinge sein, die ich früher mehr gemacht habe als heute. Zum Beispiel trinke ich wenig Alkohol. Und das Rauchen habe ich mir bereits 1978 komplett abgewöhnt. Man muss eben schauen, dass man die Gefäße elastisch hält. Das ist das A und O. Es ist wichtig, nicht alles einfach so laufen zu lassen. Wenn man nur nach dem Genussfaktor geht, holt einen das irgendwann ein. Außerdem gibt es viele Dinge, die Genuss bereiten und trotzdem dem Körper guttun.
An welche Genussmittel, die Ihrem Körper guttun, denken Sie da?
Zum Beispiel an Haferflocken mit klein geschälter Banane oder Blaubeeren zum Frühstück. Das ist sehr sättigend und schmeckt einfach – also mir zumindest. Mein Lieblingsgemüse ist übrigens Brokkoli, den zugegebenermaßen auch nicht jeder mag. Grundsätzlich versuche ich, mich ausgewogen zu ernähren.
Was kommt bei Ihnen nicht mehr auf den Tisch?
Ich esse bereits seit Anfang der 1990er-Jahre kein rotes Fleisch mehr. Mein Eindruck ist, dass mir diese Umstellung sehr gutgetan hat. Allerdings bin ich niemand, der auf alles verzichtet. Fisch oder Huhn esse ich ab und zu gerne.
Die Musik ist für Sie sicherlich auch eine Art Genussmittel. Tun Ihnen denn die Auftritte heutzutage noch genauso gut wie damals – insbesondere mit Blick auf die großen Schlagershows von Florian Silbereisen und Co.? Schlager ist eigentlich nicht ganz das Genre, in dem Sie zu Hause sind …
Wenn man Musik macht und etwas Neues herausbringt, so wie ich es im vergangenen Herbst mit meinem Album "Der Fels in der Brandung" getan habe, dann ist es für die Menschen gedacht. Man nimmt alles sehr dankbar entgegen. Insofern finde ich gerne in TV-Sendungen statt. Ich mache den Menschen mit meiner Musik ja nur ein Angebot. Ob ihnen das gefällt oder nicht, können und dürfen sie letztlich selbst entscheiden. Genre-Ängste kenne ich nicht mehr.
Früher aber schon?
Zu meinen NDW-Zeiten war das noch sehr verbreitet. Und ja, auch ich war ein Stück weit davon betroffen. Diesbezüglich hat sich meine Einstellung völlig verändert. Heute ist es mir wichtig, dass ich meine Arbeit breit vorstellen darf. Man sollte da nicht allzu empfindlich und affektiert sein.
Neues Album und eine Zusammenarbeit mit Nino de Angelo
Sie haben Ihr Album "Der Fels in der Brandung" angesprochen. Mittlerweile gibt es eine Special Edition. Was hat diese zu bieten, was das ursprüngliche Werk noch nicht zu bieten hatte?
Fünf neue Songs, darunter die Zusammenarbeit mit Nino de Angelo ("Ich hab dich nie vergessen"; Anm. d. Red.) und ein Duett mit Alexander Wesselsky ("Signale") von der Band Eisbrecher. Besonders gut gefällt mir persönlich auch der Bonus-Titel "Nichts ist wie es ist". Natürlich ist so eine Special Edition immer auch als Anreiz zum Bestellen gedacht. Mir ist bewusst, dass es oft nicht gut ankommt, wenn man praktisch dasselbe Album noch einmal veröffentlicht. Umso wichtiger ist es, dass man die Leute nicht einfach nur mit ein paar Titeln "ködert", die beim ursprünglichen Album vielleicht nur durchs Raster gefallen sind. Man muss sich schon Mühe geben – und das haben wir getan. Aber klar ist auch: Niemand muss sich in unserem Streaming-Zeitalter das gesamte Album noch einmal zulegen, jeder Titel ist selbstverständlich auch einzeln abrufbar.
Mit Nino de Angelo haben Sie auf den ersten Blick einiges gemein: Sie beide haben starke Stimmen, schwimmen gerne mal gegen den Strom und tragen inzwischen einen Vollbart. Gibt es auch Unterschiede?
Mittlerweile kenne ich Nino ganz gut. Er hat einen etwas anderen Lebenswandel – ich lebe ein bisschen zurückgezogener als er. Und er gibt im Allgemeinen mehr Gas. Was das Leben angeht, haben wir aber einen ähnlichen Spirit. Wir blicken beide auf ein ziemlich turbulentes Auf und Ab zurück – jeder auf seine Art natürlich. Es gibt also einiges, was uns miteinander verbindet. Nino und ich kommen sehr gut miteinander klar und wir schätzen uns künstlerisch sehr.
Spüren Sie eine gewisse Genugtuung, dass Sie – ähnlich wie Nino de Angelo – nach dem einen oder anderen Auf und Ab wieder wie ein Fels in der Brandung auf der Bühne stehen und vom Publikum gerne gehört werden?
Darauf kann man doch zumindest anstoßen. Genugtuung ist aus meiner Sicht allerdings das falsche Wort. Irgendwann kommt man im Leben auch mal runter. Das bedeutet nicht, dass der Ehrgeiz verschwindet. Es kommt jedoch eine gewisse Ausgeglichenheit zum Vorschein. Ich nehme heute nicht mehr alles so bierernst. Man muss auch mal ein bisschen locker bleiben.
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So locker wie Chris Harms, der Frontmann von Lord Of The Lost, und Sie in einem weiteren Duett des Albums über die "Elektrosexualität" singen? Was hat es mit dem Song "Elektrosexuell" eigentlich auf sich?
Dieser Aufmacher passt ganz gut in die digitale Welt, die uns umgibt und mit der wir täglich arbeiten. Zum Teil sind wir völlig vereinnahmt, es ist wie eine Droge. Wir wollten einfach einen plakativen Begriff finden und den Menschen damit auf satirische Art und Weise unterbreiten, wie man die mediale Welt auch sehen kann. Der Songtitel ist schön provokant gewählt – und das gefällt mir ganz gut.
Witts' Meinung über den ESC
Lord Of The Lost sind im vergangenen Jahr für Deutschland beim ESC angetreten und Letzter geworden. Lohnt sich das Einschalten aus deutscher Sicht überhaupt noch?
Zunächst einmal hat weder Chris noch der Band dieser letzte Platz in irgendeiner Form geschadet. Lord Of The Lost ist weltweit unterwegs und vor allem live sehr erfolgreich. Entscheidender als die Platzierung beim ESC ist die Möglichkeit, dass dich weltweit Millionen von Menschen performen sehen können. Es geht um den Spirit, den man transportiert. Und ja, ich schaue mir den ESC nach wie vor an. Es fühlt sich immer ein bisschen so an, als wäre man beim Pferderennen (lacht). Der Wettbewerbscharakter alleine sorgt für einen gewissen Unterhaltungswert.
Würden Sie sich diesem Wettbewerb denn gerne selbst einmal stellen?
Vor ein paar Jahren war das tatsächlich mal ein Thema. Aber es ist damals nicht zu Ende gedacht worden. Und ich glaube nicht, dass ich das jetzt noch zu Ende denken möchte. Vielleicht hätte ich eine gewisse Außenseiterchance – aufgrund meines Alters. Der Mitleidsfaktor spielt ja mitunter auch eine Rolle (lacht).
Da Sie das Alter noch einmal erwähnen: Wie werden Sie Ihren 75. Geburtstag eigentlich feiern?
Eher im kleineren Kreis. Wir werden meinen Geburtstag in einem alten Bootshaus feiern, in einer sehr gemütlichen Atmosphäre. Ich hoffe einfach auf das eine oder andere schöne Gespräch und freue mich wirklich auf diesen Tag.
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