- "Aufrecht geh'n": Mary Roos hat ihren Erfolgsschlager zum Titel ihrer Biografie gemacht, die am 18. Oktober erscheint.
- Unsere Redaktion hat mit der Sängerin über Wegbegleiter, ihren Ruhestand sowie ihr "böses" Bühnenprogramm mit Wolfgang Trepper gesprochen.
- Zudem enthüllt die 73-Jährige eine spannende Anekdote zum Karrierestart von Udo Lindenberg.
Frau
Mary Roos: Das stimmt. Ich habe mich viele Jahre dagegen gewehrt, eine Biografie zu schreiben. Nicht weil mir der Gedanke nicht gefiel, sondern weil es bereits sehr viele solcher Werke auf dem Buchmarkt gibt. Doch irgendwann dachte ich mir: Wenn man 65 Jahre in diesem Beruf tätig ist, dann hat man doch was zu erzählen.
Und das haben Sie mit Unterstützung Ihrer Kollegin und guten Freundin Pe Werner aufgeschrieben. Wer musste wen überzeugen?
Ich habe Pe Werner gefragt, ob sie sich vorstellen könne, mit mir dieses Buch zu schreiben. Ihre erste Reaktion war: "Das kann ich doch gar nicht." Ihre Zweifel konnte ich aber schnell ausräumen, und so haben wir dann fast ein Jahr lang an diesem Werk geschrieben. Es hat sich gelohnt, denn es ist auf keinen Fall ein langweiliges Buch dabei herausgekommen.
Ihre Karriere als Sängerin haben Sie inzwischen beendet. Vermissen Sie die Bühne? Auch wenn man diese Frage mit Blick auf Ihr Kabarett-Programm "Nutten, Koks und frische Erdbeeren" natürlich differenziert betrachten muss …
Differenziert betrachtet ist es richtig, dass ich musikalisch aufgehört habe. Das heißt: Ich nehme keine neuen Songs und Alben mehr auf und gehe auch nicht mehr in Unterhaltungssendungen, um zu singen. Aber da Wolfgang Trepper und ich bereits vor der Pandemie unseren zweiten Teil von "Nutten, Koks und frische Erdbeeren" angekündigt hatten, stehe ich von November bis Ende 2023 hinein weiterhin auf der Bühne.
Mary Roos: "Es ist ein böses Stück, aber es ist absolut mein Humor"
Gab es zwischenzeitlich Überlegungen, auf den zweiten Teil zu verzichten, um endlich den wohlverdienten Ruhestand genießen zu können?
Nein, das stand nie zur Debatte. Zum einen wurden bereits Tickets verkauft und zum anderen bereitet uns dieses Programm riesigen Spaß. Es ist ein böses Stück, aber es ist absolut mein Humor.
Die Fortsetzung heißt "Mehr Nutten, mehr Koks – scheiß auf die Erdbeeren!" - klingt nach einer Überdosis …
Ja, das kann man so sagen (lacht). Ich war von der Idee eines zweiten Teils übrigens zunächst gar nicht so angetan, weil der meistens schlechter als der erste ist. Inzwischen haben mir viele Leute aber bestätigt, dass er sogar noch besser als der erste ist.
Sie haben fast ein Jahr lang an Ihrem Buch geschrieben, das auch promotet werden will. Zudem haben Sie ein Bühnenprogramm mit vielen Terminen vor der Brust. Hätten Sie gedacht, dass Ihr "Ruhestand" so arbeitsreich werden würde?
Ich gebe zu, dass es anders geplant war und ich nicht so genau wusste, worauf ich mich da einlasse. Mir war zwar klar, dass die Veröffentlichung eines Buches immer mit Lesungen verbunden ist, auf die ich mich von ganzem Herzen freue. Doch es ist nicht so, dass man mal eben in eine Buchhandlung geht, ein paar Unterschriften gibt und dann war es das. Zudem sind viele TV-Sendungen an Interviews interessiert. Auf der einen Seite ist es auch schön.
Ihre unverhofft vielen Auftritte haben aber nichts damit zu tun, dass Sie Ihre Rente von 350 (!) Euro ausgeschlagen haben, oder? Dieses Detail verraten Sie in Ihrer Biografie.
Nein, keine Sorge. In diesem Fall hätte ich die 350 Euro ja angenommen – mal abgesehen davon, dass ich diesen Rentenbetrag in Anbetracht meiner langjährigen Arbeit als ziemlich wenig empfand. Ich dachte vielmehr, dass das Geld jemand anderes vielleicht viel dringender gebrauchen könnte als ich. Die Dame von der Rentenkasse, die ich anrief, war zwar total irritiert, aber es war die richtige Entscheidung.
Eine andere Anekdote besagt, dass Sie Sonntage nie leiden konnten. Trifft das heute noch zu?
Darüber habe ich ja sogar mal ein Lied gesungen ("Sonntage", Anm. d. Red.). Für meine Antipathie Sonntagen gegenüber gibt es mehrere Gründe. Sonntags haben die Geschäfte geschlossen. Man will nicht unbedingt was kaufen, aber man könnte ja. Und dann sieht man überall die glücklichen Liebespaare an sich vorbeigehen, was die Stimmung nicht verbessert, wenn man Single ist. Mittlerweile aber habe ich mich auch an die Sonntage gewöhnt und nutze sie sehr – mit guten Freunden und gutem Essen.
"Habe mich schon immer gerne mit dem Tod beschäftigt"
In Ihrem Buch offenbaren Sie auch Ihre Gedanken zum eigenen Tod – auf eine erstaunlich saloppe Art und Weise. Woher nehmen Sie diese Gelassenheit?
Ich habe mich schon immer gerne mit dem Tod beschäftigt, weil er nun mal zu unserem Leben gehört. Daher möchte ich das Thema etwas angstfreier behandeln. In meinen kindlichen Gedanken stelle ich es mir so vor, dass ich nur die Leute wiedertreffen werde, die ich gerne mag. Zu wissen, dass sie alle da sein werden, gibt mir ein Gefühl von Wärme. Ich habe übrigens den ollen Trepper dazu verdonnert, dass er meine Grabrede hält.
Hat er freie Hand?
Grundsätzlich hat er freie Hand, weil er sowieso das macht, was er will. Darauf habe ich keinen Einfluss. Hauptsache die Leute sind fröhlich und nicht betroffen – und das kann er gut rüberbringen. Ich wünsche mir einfach, dass sie an diesem Tag mein Leben feiern.
Ein Leben, das reich an unvergesslichen Momenten war und immer noch ist. Sie wurden zum Beispiel in England als Gast in der "Muppet Show" gefeiert. Welches waren Ihre schönsten Reisen?
Da wüsste ich gar nicht, wo ich anfangen sollte. Ich musste aber auch erkennen, dass ich zwar fast alle Länder der Welt gesehen, jedoch leider nicht erlebt habe. Für mich ging es immer nur vom Flughafen zum Hotel und zur Halle – und umgekehrt. Daher habe ich mir geschworen, dass ich die schönsten Flecken dieser Erde noch einmal besuchen werde.
Lindenberg zu Roos: "Weißt du, dass du daran Schuld bist ...?"
Sie standen mit Marlon Brando auf der Bühne und sollen angeblich der Auslöser für den Karrierestart von
(lacht) Also, ich habe das auch nicht gewusst. Ich habe ihn neulich getroffen und da sagte er zu mir: "Weißt du, dass du daran Schuld bist, dass ich einen Plattenvertrag bekommen habe?" Ich war total überrascht. Udo erklärte mir, dass er mir damals ein Lied geschrieben und es an meine Plattenfirma geschickt hatte. Es kam wohl niemals eine Antwort und dann entschied er sich dazu, einfach selbst zu singen. So kam er an einen Plattenvertrag.
Man verbindet Sie bis heute mit dem "ESC" – 1972 wurden Sie mit "Nur die Liebe lässt uns leben" Dritte. Haben Sie ein Rezept, wie Deutschland endlich wieder an alte "Grand Prix"-Erfolge anknüpfen könnte?
Nein, ich habe auch keine Ahnung, warum das so ist. Ich finde es auf jeden Fall sehr traurig.
Für einen lang anhaltenden Erfolg muss man sich immer wieder neu erfinden. Ihnen scheint das gelungen zu sein. Was braucht es dafür?
In erster Linie Mut und in zweiter Linie Geld, um die Produktionen auch bezahlen zu können. Bei mir kam hinzu, dass ich das Glück hatte, auf den richtigen Moment warten zu können. Zum Beispiel war das bei "Sing meinen Song" der Fall. Ich wurde zwei Jahre zuvor schon einmal angefragt, hatte aber "Verstehen Sie Spaß?" im Verdacht. Daher habe ich nicht darauf geantwortet. Zum Glück klappte es dann zwei Jahre später doch noch, denn sonst hätte ich dieses wunderbare Abenteuer nicht erleben dürfen.
Roos über Trepper: "Ich fand ihn so böse und gut"
Um mit Wolfgang Trepper auf die Bühne zu gehen, braucht es auch eine gehörige Portion Mut. Würden Sie mir zustimmen?
Ja, aber ich habe einen sehr schrägen, fast schon schwarzen Humor. Ich fand ihn so böse und gut, dass ich ihn eines Tages auf ein gemeinsames Bühnenprogramm ansprach. Damals ahnte ich noch nicht, wie schräg das Programm werden würde. Das wurde mir erst klar, als mich Wolfgang beim Auftakt mit den Worten "Hier kommt die Helene Fischer der Bronzezeit" vorstellte.
Sie haben Ihren Abschied von der Bühne als Sängerin bereits hinter sich, Jürgen Drews hat seinen noch vor sich.
Ich habe ihm tatsächlich häufig gesagt, dass er viel zu viel arbeitet und mehr auf seine Gesundheit achten sollte. Jürgen ist ein Vollblutmusiker, er konnte nicht anders. Ich werde ihn immer als wunderbaren Kollegen und großartigen Menschen sehen. Seine Frau Ramona ist ein Glücksgriff. Und aus vollstem Herzen kann ich ihm mit auf den Weg geben: Auch ein Ruhestand kann sehr schön sein.
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