Alter schützt vor Partys nicht: Die Mitglieder der Hip-Hop-Gruppe Fettes Brot sind mittlerweile rund 40 Jahre alt. Doch für die Band ist eine gute Fete keine Frage des Alters. Im Interview sprechen sie über die heftigste Party ihres Lebens, Erfahrungen mit der bayerischen Polizei und wie Pumuckls Meister Eder ihre Erziehung beeinflusste.
Einer Eurer Songs vom neuen Album heißt "Für Immer Immer". Ich singe Euch die Passage vor: "Ich hab sie alle geliebt – Rom, Berlin und Paris." Stimmt das, habt Ihr wirklich in verschiedenen Städten der Welt Frauen geliebt?
Boris: Das bleibt der dreckigen Fantasie des Zuhörers überlassen. Die Texte sind zum Teil erlebt, zum Teil ausgedacht, oder es sind Geschichten, die wir von Freunden und Bekannten geklaut haben. Welche dieser Frauen wirklich in unserem Leben stattgefunden haben, wird ein Geheimnis bleiben.
Schade. Falls Ihr gesagt hättet, dass alle Liebesgeschichten aus dem Song wahr sind, hätte ich mich als neuer Sänger zur Verfügung gestellt. Deswegen habe ich Euch den Song vorgesungen.
Boris: (lacht) Es sind alle Posten besetzt momentan. Aber wir behalten die Bewerbung im Hinterkopf.
Freut mich zu hören. Ihr singt, dass Euch Euer Weg als Band auch ins Ausland führt. Wo tretet Ihr als Band mit deutschen Texten noch außerhalb Deutschlands auf?
Boris: Hauptsächlich im deutschsprachigen Bereich wie Österreich und der Schweiz, aber auch Randbezirke von Belgien oder Luxemburg. Wir haben auch schon Touren in den Niederlanden, Russland oder in der Ukraine mit dem Goethe-Institut gemacht. Wir sind durchs Musizieren viel rumgekommen.
Björn: Die Auftritte mit dem Goethe-Institut sind Einzelauftritte. Das Institut macht in verschiedenen Ländern Werbung für die deutsche Kultur und die deutsche Sprache. Wir sind dann beispielsweise in der Ukraine vor Schülerinnen und Schülern aufgetreten, die Deutsch lernen. Wir haben aber auch schon vor Leuten gespielt, wo wir den Eindruck hatten, hier versteht kaum einer etwas von unseren Texten. Aber das funktioniert auch, weil Musik eine universelle Sprache ist.
Ihr wart auch in Russland unterwegs. Dazu habe ich einmal gelesen, dass Ihr dort die heftigste Party Eures Lebens gefeiert hättet. Was war daran so heftig?
Boris: Das war im Jahr 2000. Wir sind in die Pizzeria im Hotel gegangen. Dort haben wir Musiker aus der Gegend kennengelernt. Irgendwann knallten dann die Wodkaflaschen auf den Tisch. Danach kann sich keiner mehr erinnern, was passiert ist. Allerdings gibt es Fotos, auf denen wir in einer Disco Barhocker über unsere Köpfe stemmen, auf der Tanzfläche stehen und schreien. Muss ein gutes Fest gewesen sein.
Björn: So wie in Hangover (lacht).
Es ist aber nichts Schlimmeres passiert an dem Abend, oder?
Martin: Nur den Journalisten, die uns begleitet haben.
Boris: Aber nix Schlimmes.
Was ist mit den Journalisten passiert?
Björn: Die haben sich den Kopf am Waschbecken gestoßen. Am nächsten Morgen haben sie gemerkt, dass sie geblutet haben. Wir haben's aber relativ gut überstanden. Da fällt mir aber noch eine andere Geschichte aus Russland ein, als Boris in der U-Bahn in St. Petersburg oder Moskau die Geldbörse kurzfristig geklaut wurde.
Kurzfristig geklaut, wie geht das?
Boris: Ich glaube, es war Moskau. Ich habe nicht nachgedacht und bin einem mit türkisfarbenen Anorak hinterhergelaufen. Ich habe ihn geschnappt. Der hat dann Angst gekriegt, weil ich so bedrohlich gewirkt habe (lacht). Der hat das Portemonnaie fallen gelassen und ist abgehauen. Und meine 150 Dollar hatte ich wieder. Das war aber dummerweise meine Telefonrechnung im Hotel. Mir war nicht klar, dass es so kostspielig ist.
Zurück nach Deutschland. Ihr seid Nordlichter, genauer gesagt aus Pinneberg bei Hamburg, und seid gerade in München in Bayern. Was unterscheidet Eurer Meinung nach den Norden vom Süden Deutschlands?
Björn: Wir waren schon oft in München und kennen viele nette Menschen hier. Zu den Konzerten kommen auch viele, die unsere Musik gut finden. Und insofern eint die das. Wir sehen eher das, was die Leute gemein haben, als das was sie trennt. Die Polizei ist hier aber strenger.
Warum?
Boris: Wir hatten hier schon lustige Polizei-Razzien und wurden durchsucht. Da merkt man dann den etwas strengeren Umgang.
Hat die Polizei bei Euch etwas gefunden?
Boris: Ne.
Björn: Ne.
Martin: Unsere Unschuld (lacht).
Wie geht es Euch mit dem bayerischen Dialekt? Versteht Ihr alles oder seid Ihr nur höflich und nickt?
Boris: Was hast du gesagt?
Björn: Wir merken schon, wie sehr Du Dir Mühe gibst, Hochdeutsch zu sprechen. Aber wir verstehen alles. Außerdem sind wir ja durch Meister Eder (Anm. d. Redaktion: Gustl Bayrhammer in der Serie "Pumuckl") sozialisiert worden. Deswegen kennen wir auch bayerische Ausdrücke.
Boris: Wenn zwei Bayern sich unterhalten und nicht wollen, dass sie ein Norddeutscher versteht, dann können sie es wahrscheinlich schaffen.
Eurer neues Album erschien 2013 und heißt "3 ist 'ne Party". Ihr seid jetzt um die 40 Jahre alt. Ist es noch authentisch, dass Ihr in diesem Alter über Partys rappt und singt?
Björn: Ich verstehe nicht ganz, dass manche Leute der Meinung sind, dass man irgendwann zu alt dafür ist, eine Party zu feiern. Ich kenne Leute, die wie meine Eltern noch eine Generation älter sind als ich. Die wissen sehr wohl noch, wie man eine anständige Party feiert. Dass die anders aussieht als die eines 20-Jährigen, ist selbstverständlich. Den Leuten abzusprechen, dass sie noch feiern können, ist Quatsch.
Martin: In dem Titel steckt beides drin. Sowohl die Aufforderung Party zu machen, als auch der Soundtrack zu einer gelungenen Party. "3 ist 'ne Party" ist auch ein Zitat von Andy Warhol. Uns hat daran gefallen, dass es auch ein Aufruf ist, sich zwei Freunde zu schnappen und zu dritt etwas Neues zu kreieren.
Dann machen wir die Probe aufs Exempel. Stellt Euch vor, Eure Tour ist vorbei. Ihr seid müde und froh, dass Ihr daheim seid. Ihr schaltet den Fernseher ein, mummelt Euch auf der Couch in eine Decke. Plötzlich rufen Eure besten Freunde an und wollen Party machen. Geht Ihr mit?
Martin: Hier möchte ich mit einem Lied von uns antworten. Das haben wir 1996 geschrieben, als wir noch einen Tick jünger waren. Da haben wir schon gemerkt, dass da ein großer Interessenskonflikt herrscht. Weil man manchmal nicht ganz sicher ist, was das Richtige ist. Die Antwort lautet: "Jein."
Vielen Dank für das Gespräch.
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