Ex-007-Bösewicht Claude-Oliver Rudolph spricht mit uns über seine ungewohnte Rolle in "Die Verräter", den besten "Bond" aller Zeiten und den Hollywood-Streik.

Ein Interview

Herr Rudolph, mit welchen Erwartungen sind Sie in die neue Reality-Krimi-Show "Die Verräter – Vertraue Niemandem!" gegangen?

Mehr News zu Stars & Unterhaltung

Claude-Oliver Rudolph: Ich wollte der Bösewicht, also der Verräter sein. Damit hätte ich ja auch die Chance gehabt, diesen riesigen Pott in Silber von 50.000 Euro zu gewinnen. Insofern war die erste Enttäuschung, dass ich nicht als Verräter, sondern als Loyaler ausgewählt worden bin. Mich hatten alle als Verräter auf dem Plan. Ich musste mich rhetorisch anstrengen, um die anderen zu überzeugen, dass ich wirklich kein Böser bin. Wäre mir das nicht gelungen, hätte ich direkt nach dem ersten Tag wieder meine Koffer packen und nach Hause fahren können.

"Die Verräter": Rudolph fühlt sich wie bei "Alice im Wunderland"

Sie sind als Kino-Bösewicht weltbekannt. Brachte Sie dieses TV-Experiment dennoch an Ihre Grenzen?

Das ganze Ding war nicht ohne, die Situation hatte etwas von "Alice im Wunderland". Auf einmal hattest du keine Wirklichkeit, keine Beziehungspunkte und keine Freunde mehr. Selbst denjenigen, die ich vorher gut kannte, konnte ich mit Beginn des Spiels nicht mehr vertrauen. Hinzu kam der permanente Druck, dass man abends von den Verrätern umgebracht oder von den anderen Loyalen rausgewählt werden könnte.

Welches war für Sie die schwierigste Erfahrung?

Die strenge Erziehung war ich als Waldörfler – alle meine Kinder gingen auf die Waldorfschule – überhaupt nicht gewohnt. Wir mussten um acht Uhr ins Bett, mussten unsere Handys abgeben und durften nicht einmal in den großen, schönen Pool. Was soll man als erwachsener Mensch um acht Uhr im Bett?

In einer Folge schreibt der Rapper Jalil, einer der drei Verräter, Ihren Namen auf einen Zettel – allerdings heißen Sie bei ihm nicht "Claude", sondern "Kloth". Was ging Ihnen in diesem Moment durch den Kopf?

Ach, diese Schwierigkeiten mit meinem Namen kenne ich schon seit meiner Kindheit. Ich habe alle Versionen durch – sämtliche Kakofonien von "Kot" bis "Klosett". "Kloth" ist ja noch eine nette Version.

Sie sind optisch eine Erscheinung. Wurden Sie von Ihren Mitstreitern sofort erkannt? Auch von den jüngeren?

Ich gehe davon aus, schließlich sind schon deren Eltern von mir gequält worden (lacht).

Wie meinen Sie das?

Nun ja, die mittlere Generation, die um die 50-Jährigen, wurden von mir mit "Das Boot" gequält. Die etwas Jüngeren wurden mit den Wedel-Streifen gequält. Und die ganz Jungen kennen mich auch, weil ich relativ häufig bei den Privatsendern auftauche. Außerdem kannte ich fünf der Teilnehmer ohnehin persönlich: Sabrina Setlur, ChrisTine Urspruch, Florian Fitz, Mariella Ahrens und Ulrike von der Groeben. Insofern war ich keinesfalls alleine oder einsam. Nur der Friedrich (Liechtenstein; Anm. d. Red.) war alleine, denn den kannte keiner. Er kommt ja gebürtig aus dem Osten und die Ossis haben es eh schwer. Ich glaube, ich war der einzige, der mit ihm geredet hat.

Die Moderatorin, Sonja Zietlow, dürfte Ihnen ebenfalls schon bekannt gewesen sein – wobei Sie ja im Vorfeld nicht wussten, wer die Show moderieren wird ...

Doch, mir war das klar. Ich habe bereits in den Vorgesprächen vorausgesagt, dass sich Sonja dieses Premiumformat nicht nehmen lassen wird. Zudem stellt sich die Frage: Wer hätte es denn sonst machen sollen? Es musste ja ein bekanntes RTL-Gesicht sein. So viel Auswahl in der Kategorie gibt es da gar nicht ...

Claude-Oliver Rudolph: "Derrick oder der Alte: Das waren Knaller"

Kann "Die Verräter" der deutschen TV-Landschaft zu neuem Schwung verhelfen? Es gibt nicht wenige, die prophezeien, dass das lineare Fernsehen eines Tages vor dem Aus stehen könnte …

Die Entwicklung des Formates kann ich nicht beurteilen. Zum Start wird es auf jeden Fall richtig knallen. Aber das Fernsehen ist natürlich nicht tot. 87 Prozent der Deutschen gucken fern. Bei diesen ganzen Diskussionen vergessen viele Leute, dass die meisten Menschen hierzulande zwischen 40 und 70 Jahre alt sind. Die Jugend macht nur 14 Prozent aus. Daher ist es Quatsch, immer diesen 14 Prozent hinterherzulaufen.

Wo sind denn zum Beispiel die guten Freitagabendkrimis wie "Derrick" oder "Der Alte" abgeblieben? Das waren Knaller. Ich selbst habe an 19 "Derrick"-Filmen mitgewirkt, bin weltweit bekannt – aber nicht nur durch meine Kunst, sondern durch gute Produktionen, die über Deutschland hinaus gern gesehen wurden und immer noch werden. Ich lebe in Belgien und werde auch dort erkannt. Da sieht man mal, welche Macht gutes, deutsches Fernsehen hat.

Typen wie Jürgen Prochnow, Heinz Hoenig, Jan Fedder und Sie, um nur einige der legendären Darsteller von "Das Boot" zu nennen, gibt es immer seltener. Vermissen Sie die Schauspieler von diesem Schlage?

Diese Typen werden nicht weniger, die gibt es gar nicht mehr. "Das Boot" war die Jahrhundertchance, ermöglicht von Jahrhundertregisseur Wolfgang Petersen. Ihn gibt es leider nicht mehr. Der Produzent, Günter Rohrbach, lebt noch, ist inzwischen aber 94 Jahre alt. Und auch der Kameramann, Jost Vacano, arbeitet mit seinen 89 Jahren nicht mehr.

Es ist wie beim Kochen: Wenn du gute Ingredienzien hast, dann schmeckt das Essen auch und du kannst wenig falsch machen. Bei "Das Boot" war es ähnlich: Wolfgang hatte eine unglaublich gute Nase, sodass sogar der hinterletzte Komparse noch was geworden ist.

"Das Boot" hatte ebenso Anteil an Ihrem weltweiten Bekanntheitsgrad wie Ihre Rolle in dem James-Bond-Film "Die Welt ist nicht genug" Ende der 90er. In dem jüngsten 007-Streifen "Keine Zeit zu sterben" hat man Bond sterben lassen. Was halten Sie davon?

Ich sage mir immer: Das war ja nicht James Bond, denn James Bond ist ja Pierce Brosnan. Sie meinen den Ex-Freund von Heike Makatsch (lacht).

Wer war für Sie der beste James Bond aller Zeiten? Offensichtlich nicht Daniel Craig …

Ich finde Pierce wirklich nach wie vor gut – und zwar nicht, weil ich mit ihm zusammengespielt habe, sondern weil er hübsch und groß ist und seine Haare nicht gefärbt hat. So etwas mag ich immer. Viele sagen, dass Sean Connery der beste Bond war. Die Frauen aber finden mit Abstand Roger Moore am besten. Das Problem ist, dass er derjenige war, der die schlechtesten Kampfszenen aller Zeiten gemacht hat.

Rudolph: "Einen schwarzen Bond wird es nicht geben"

Und wer soll den nun der neue Bond werden und in Craigs Fußstapfen treten?

Ich bin nur sicher, wer es nicht wird: Einen schwarzen Bond werden wir genauso wenig zu sehen bekommen wie eine Frau, die in diese Rolle schlüpft. Letzteres ist, soweit ich informiert bin, mit den Rechten von Ian Fleming gar nicht vereinbar.

Ich persönlich hatte vor Jahren schon Ian McShane vorgeschlagen, der inzwischen aber leider zu alt ist. Vielen ist er noch als wunderbarer Gegenspieler von Ray Winstone in "Sexy Beast" bekannt. Ewan McGregor wäre eine gute Idee, doch auch ihn werden sie wohl nicht nehmen, weil er blond ist. Wir können Barbara Broccoli, die ich gut kenne, und Co. aber nichts mehr beibringen. Die wissen schon, wie es geht.

Wie stehen Sie zu dem Streik in Hollywood?

Ich befürworte diesen Streik ausdrücklich. Wir dürfen dabei nicht an die Top-Gagen denken, die vielleicht zehn bis 20 Leute verdienen. Ob sie es wert sind, ist nochmal eine ganz andere Frage. Der Großteil der amerikanischen Schauspieler verdient weniger als der Großteil der deutschen Schauspieler.

Diese Einschätzung dürfte den einen oder anderen überraschen …

Ja, aber es ist so. Viele meiner deutschen Kollegen meckern immer, wenn ich darauf hinweise. Sie haben aber international zum Teil keine Ahnung. 90 Prozent der US-Schauspieler kommen nicht einmal auf 26.000 Dollar im Jahr. Aus diesem Grund ist es super, dass die Drehbuchautoren und die Schauspieler streiken. Es ist auch wichtig, dass sich einige große Namen wie Matt Damon inzwischen eingereiht haben.

Zur Person:

  • Claude-Oliver Rudolph ist vielen Menschen als "Bond"-Bösewicht bekannt, hat aber auch in zahlreichen anderen Produktionen, darunter "Das Boot", mitgewirkt.
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.