• Der Leipziger Maximilian Schmidt zog von seinem Kinderzimmer aus einen Online-Drogenhandel auf, mit dem er Millionenumsätze erwirtschaftete.
  • Sein Fall war Inspiration für die Netflix-Serie "How To Sell Drugs Online (Fast)". Nun ist er selbst Hauptdarsteller der Dokumentation "Shiny Flakes: The Teenage Drug Lord".
  • Der verurteilte Drogendealer lässt in den Interviews keine Reue erkennen und zeigt sich ziemlich stolz auf sein Geschäftsmodell. Mittlerweile wird wieder gegen ihn ermittelt.
Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Christian Stüwe dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Seit Ende Juli läuft auf Netflix die dritte Staffel von "How To Sell Drugs Online (Fast)". Die Serie überzeugt mit einer irrwitzigen Story, skurrilen Figuren, enormem Tempo und tiefschwarzem Humor. Maximilian Mundt spielt in der Serie den Schüler und Computer-Nerd Moritz Zimmermann, der aus seinem Kinderzimmer heraus einen florierenden Online-Drogenhandel startet und reich wird.

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Kaum zu glauben ist, dass es für die Figur des Moritz ein reales Vorbild gibt. Maximilian Schmidt aus Leipzig wurde 2015 verhaftet, weil er online unter dem Decknamen "Shiny Flakes" rund eine Tonne verschiedener Drogen und Medikamente verkauft und über vier Millionen Euro eingenommen hatte. Er wurde nach Jugendstrafrecht zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt.

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Nun hat Netflix auch dem mittlerweile 26 Jahre alten Schmidt eine Dokumentation gewidmet: "Shiny Flakes: The Teenage Drug Lord" ist seit dem 3. August auf dem Streamingportal abrufbar. Filmemacherin Eva Müller traf sich dafür über einen längeren Zeitraum immer wieder mit Schmidt, der 2019 auf Bewährung aus dem Gefängnis entlassen wurde. Wer allerdings damit rechnet, in der Doku einen geläuterten und reumütigen jungen Mann zu sehen, irrt sich gewaltig.

"Shiny Flakes": Die Netflix-Dokumentation wertet nicht

"Ich habe bei ihm weder Reue noch Schuld erlebt", sagt der Psychiater und Gutachter Dr. Hanns Christoph Hieronymus, der den jugendlichen Drogenbaron als emotional unbeteiligt, skrupellos und kaltschnäuzig beschreibt. Tatsächlich scheint Schmidt ziemlich stolz auf das zu sein, was er erreicht hat. Mit einem breiten Grinsen liest er Online-Bewertungen seines Drogenshops vor und berichtet von immer höheren Umsätzen. Wie ein Spiel sei es ihm damals vorgekommen, sagt er.

Dass er für eine Menge Geld anderen Menschen die süchtig- und krankmachenden Substanzen verkauft hat, bereitet ihm keine schlaflosen Nächte. Wenn sie die Drogen nicht von ihm bekommen hätten, dann eben von jemand anders, erklärt Schmidt lapidar.

Die Netflix-Dokumentation verzichtet darauf, über Maximilian Schmidt zu urteilen. Und auch als Zuschauer ist man hin- und hergerissen. Schmidt ist intelligent und durchaus sympathisch, wirkt teilweise aber auch abgehoben und arrogant. Dass er zu Besonderem fähig ist, steht außer Frage. Schließlich ist es eine außergewöhnliche Leistung, im Teenageralter innerhalb kurzer Zeit ein funktionierendes und florierendes Online-Portal hochzuziehen, dieses im Alleingang zu managen, den Versand zu organisieren und die Spuren im Netz derart gekonnt zu verwischen, dass die Ermittler lange im Dunkeln tappten. Man fragt sich, was dieser junge Mann wohl ganz legal in der freien Wirtschaft zu leisten imstande gewesen wäre.

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Bezahlen ließ sich Maximilian Schmidt mit Bitcoins

"Es lief von Anfang an Bombe", sagt Schmidts Strafverteidiger Stefan Costabel und vergleicht die Funktionalität des Webshops mit Amazon. Aber selbst mit dem Versandhandelsriesen und Global Player in einem Atemzug genannt zu werden, scheint Schmidt noch eine Nummer zu klein zu sein. "Ich verstehe den Vergleich mit Amazon nicht", sagt er: "Bei Amazon gibt es viele Händler, bei mir gab es nur mich." Vermutlich muss man so groß denken, um Verbrechen in dieser Größenordnung zu begehen. Bezahlen ließ sich Schmidt übrigens mit Bitcoins, ob und wie viel von der Cyberwährung er noch besitzt, konnten die Ermittler nicht abschließend herausfinden.

"Shiny Flakes: The Teenage Drug Lord" ist auf einem Niveau produziert, wie man es von Netflix-Dokus gewohnt ist. Das Kinderzimmer von "Shiny Flakes" wurde nachgebaut, der Aufbau des Online-Geschäfts und die Verhaftung durch ein Sondereinsatzkommando der Polizei werden in Spielszenen mit Schmidt in der Hauptrolle nachgestellt. Der Film ist schnell geschnitten, mit einem treibenden Soundtrack und digitalen Einblendungen versehen und erinnert damit von der Machart her ein wenig an "How To Sell Drugs Online (Fast)". Ob Schmidt die von ihm inspirierte Netflix-Serie gesehen hat, wird leider nicht beantwortet.

Neues Drogengeschäft? Gegen Maximilian Schmidt wird wieder ermittelt

Spannend ist auch das Fernduell zwischen dem überführten Drogendealer und Petric Kleine, dem ehemaligen Präsidenten des Landeskriminalamtes Sachsen, die getrennt voneinander befragt werden. "Die Ermittlungen waren ziellos", sagt Schmidt, der keinen Zweifel daran lässt, dass er sich der Polizei überlegen fühlte und fühlt. "Dass er unsere Ermittlungen bewertet, finde ich ein bisschen unverschämt. Denn am Ende hat es für ihn nicht gereicht", erklärt Kleine, dem die Genugtuung anzumerken ist, den Cyberverbrecher ins Gefängnis gebracht zu haben.

Und der ehemalige LKA-Präsident hat auch das letzte Wort. Kleine bestätigte der Filmautorin Eva Müller im Frühjahr dieses Jahres, dass gegen Schmidt wieder ein Ermittlungsverfahren läuft. Gemeinsam mit Partnern soll er erneut einen Online-Handel für Drogen betrieben haben. Das aktuelle Verfahren ist noch nicht abgeschlossen, weshalb die Unschuldsvermutung gilt. Aber die Beweislage sei gut, erzählt Kleine, er gehe davon aus, dass die Staatsanwaltschaft Anklage erheben wird. Nur mit Mühe kann er sich ein Grinsen verkneifen.

In der dritten Staffel von "How To Sell Drugs Online (Fast)" nimmt übrigens auch Moritz Zimmermann den Drogenhandel wieder auf, nachdem er in der zweiten Staffel verhaftet worden war. Sollte Maximilian Schmidt also tatsächlich wieder überführt werden, hätte diesmal die fiktionale Serie der Realität vorausgegriffen.

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