Können Männer und Frauen wirklich Freunde sein? Darüber sinniert Horst Lichter im Interview mit unserer Redaktion. Zudem spricht der 62-Jährige über seine Zukunft bei "Bares für Rares", die Rückkehr von Stefan Raab und ein mögliches Comeback als TV-Koch.

Ein Interview

Nach seinem Bestseller "Keine Zeit für Arschlöcher!" aus dem Jahr 2016 legt Horst Lichter sein neues Buch "Zeit für Freundschaft?!" vor. In dem autobiografischen Werk gewährt der TV-Star Einblicke in die Freundschaften seines Lebens.

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Herr Lichter, hat Ihre verschriftlichte Erkenntnis, "Keine Zeit für Arschlöcher" mehr zu haben, dazu geführt, dass Sie inzwischen wieder mehr "Zeit für Freundschaft" haben?

Horst Lichter: Im Prinzip ja, denn das ist der logische Schluss. Den Buchtitel "Zeit für Freundschaft?!" habe ich ganz bewusst mit einem Fragezeichen und einem Ausrufezeichen versehen. Das Fragezeichen zielt auf die Frage ab, ob man überhaupt Zeit für Freundschaften hat, während das Ausrufezeichen dafür steht, dass man sich diese Zeit unbedingt nehmen sollte. Denn jeder braucht ein soziales Umfeld – mit Menschen um sich herum, die man mag und wertschätzt. Das ist ganz wichtig im Leben.

Wie definieren Sie Freundschaft?

Es gibt zwei Varianten. Aus meiner Sicht muss das jeder für sich selbst entscheiden. Ich gehöre der Fraktion an, die ganz klar sagt: Eine wahre Freundschaft wird nie fordern oder verlangen. In dieser Freundschaft wird auch nicht aufgerechnet, wer wen wie häufig angerufen oder zum Essen eingeladen hat. Zudem verträgt eine wahre Freundschaft auch Abstand, weil sie Verständnis aufbringt. Verständnis dafür, dass die oder der andere vielleicht Dinge zu tun hat, die für den Moment wichtiger sind – ob familiär, gesundheitlich oder beruflich.

Wie denkt die andere Fraktion, der Sie nicht angehören?

Es gibt Menschen, und das ist nicht falsch, die sich vernachlässigt oder nicht ausreichend wertgeschätzt fühlen, wenn es keinen regelmäßigen Kontakt gibt – und dieses Gefühl auch kommunizieren. Ich verstehe das, wenn jemand so denkt. Deswegen sind wir alle unterschiedliche Individuen.

Sammeln Sie Freunde eigentlich wie Oldtimer?

(lacht) Ich habe einen großen Freundeskreis, aber nur eine Handvoll echte Freunde. Da fällt die Definition nicht leicht: Wann ist jemand ein wahrer Freund? Meiner Meinung nach braucht Freundschaft ein Gefühl. Wenn ich einen Freund sehe, dann muss ich ihn erst einmal kurz in den Arm nehmen. Damit zeige ich, dass ich mich in seiner Gegenwart unglaublich wohlfühle. Man sollte zusammen lachen können, aber auch spüren, wenn es dem anderen mal schlecht geht. Dann lässt man seinen Freund einfach reden – ohne Stellung zu nehmen.

Laufen Sie eher als andere Gefahr, auf Menschen zu treffen, die nur aufgrund Ihres Status als Prominenter und Ihres Erfolgs mit Ihnen befreundet sein wollen?

Ja. Dazu fällt mir ein Beispiel ein. Mick Jagger war mit den schönsten Topmodels der Welt liiert. Egal, wo er hingekommen ist: Überall wurde ihm der rote Teppich ausgerollt. Wäre Mick Jagger nicht Musiker, sondern zum Beispiel Installateur geworden: Hätte ihn dann irgendein Topmodel dieser Welt überhaupt gesehen oder wahrgenommen? Es wird mit wachsendem Erfolg immer schwieriger, die wahren Freunde von denen zu unterscheiden, die schlechte Absichten haben.

Auch deswegen bin ich glücklich, nach wie vor meine Frau an meiner Seite zu haben. Unsere Beziehung befindet sich mittlerweile in ihrem 28. Jahr. Wir haben uns in einer Zeit kennengelernt, in der ich in einer alten Scheune mit meiner "Oldiethek" beschäftigt war. Damals war ich weder berühmt noch war absehbar, dass ich es einmal werden würde. Ich wage zu behaupten, dass weder meine Frau noch ich mit dem Erfolg abgedreht sind.

Können Männer und Frauen beste Freunde sein?

Ich bin mit meiner Frau auch befreundet. Aber die Person, die man liebt und mit der man zusammenlebt, kann nie die beste Freundin oder der beste Freund sein. Kann es grundsätzlich eine wahre Freundschaft zwischen Mann und Frau geben? Ja, allerdings unter anderen Voraussetzungen. Und zwar, wenn man sich in der Vergangenheit mal geliebt und später – wohlgemerkt sehr respektvoll – voneinander getrennt hat. Wenn man sich dann weiterhin gut versteht und beide möglichst in einer neuen Beziehung sind, kann eine wahre Freundschaft ohne Hintergedanken entstehen.

Sind Sie als Vater gleichzeitig der beste Freund Ihrer Kinder?

Nun ja, ich würde mir sehr wünschen, dass meine Kinder auch meine Freunde sind. Das geht aber nicht. Zum einen habe ich den Erziehungsauftrag, zum anderen trage ich die Angst um sie in mir, sodass ich meine Kinder ununterbrochen beschützen möchte – unabhängig von ihrem Alter. Mein Sohn wird bald 30 und trotzdem ist er mein Kind, um das ich mich zeitlebens sorgen werde. Dem eigenen Kind würde man immer den Rat mit auf den Weg geben, eine Entscheidung noch einmal zu überdenken. Gegenüber einem Freund würden mir Sätze wie "Klar, probier' mal!" oder "Wird schon klappen!" hingegen leichter über die Lippen gehen.

Sie haben einen Pudel. Können Sie bestätigen, dass der Hund der beste Freund des Menschen ist?

Das kann ich so nicht. Ich liebe unseren Hund über alles. Und wenn ihm jemand etwas antun würde, dann würde ich mich vergessen. Ich habe auch großes Verständnis dafür, dass es Leute gibt, die sich ihren Haustieren irgendwann mehr zuwenden als den Menschen. Schließlich kann dich der Mensch unheimlich enttäuschen oder alleine lassen. Das Tier macht so etwas nicht. Dennoch sehe ich es etwas anders: Ein Tier kannst du unendlich lieben, aber es wird nie dein Freund sein. Um befreundet sein zu können, muss man sich schon verständigen können. Allerdings kann ein Tier ein Freundesersatz sein, wenn man einsam ist.

Haben Sie bei all der Zeit, die Sie sich für Freundschaft nehmen, weiterhin genug Zeit für "Bares für Rares"? Wie lange wollen Sie noch?

Für mich ist diese Sendung weiterhin eine wunderbare Sache, weil wir etwas machen dürfen, was so heutzutage im Fernsehen und auch im Leben eigentlich nicht mehr stattfindet. Wir erzielen keine Quote damit, dass wir uns über jemanden lustig machen oder schlimme Dinge zeigen. "Bares für Rares" ist echt und ehrlich. Ich bin zu jedem Menschen respektvoll und höflich – ganz egal, wie er aussieht, wo er herkommt, wie alt er ist oder wie viel Geld er hat. Als Team haben wir klein angefangen und sind gemeinsam groß geworden. Diesen Erfolg haben wir nie erwartet. Bei mir ist gerade erst der Entschluss gefallen, dass ich das noch ein paar Jahre machen möchte.

Wann würden Sie die Reißleine ziehen?

Ich bin mir sicher, dass ich den richtigen Moment finden werde. Ich werde nicht so lange warten, bis die Leute zu Hause sagen: "Mein Gott, ich kann das Gesicht nicht mehr sehen." Ehe das passiert, werde ich mich aber mehr und mehr zurückziehen.

Auch Stefan Raab hatte sich zwischenzeitlich aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Wie denken Sie über seine Rückkehr?

Zunächst einmal bin ich sehr überrascht, wie viel Geld für eine einzige Show (der Boxkampf gegen Regina Halmich bei RTL; Anm.d.Red.) ausgegeben wurde – in einer Zeit, in der alle Sender einen Sparkurs fahren. Es wurde eine Showtreppe gebaut, die vermutlich so viel gekostet hat, dass du mit dem Geld ein halbes Dorf hättest restaurieren können. Aber: Es hat ja geklappt. Ich bin ein Mensch, der Neid oder Missgunst nie verspüren wird. Selbst wenn ich persönlich etwas nicht gut finde, gönne ich jedem Menschen seinen Erfolg. Das gilt auch für Stefan Raab, in dessen Sendungen ich früher zu Gast war.

Auch "Lafer! Lichter! Lecker!" lief lange Zeit im Fernsehen. Hätten Sie nicht mal wieder Lust, mit Ihrem Kollegen Johann Lafer im TV zu kochen?

Dazu sage ich genau das, was ich damals schon gesagt habe: Wenn ich das Gefühl habe, dass die Zeit gekommen ist, mit etwas aufzuhören, dann höre ich damit auf. Was viele vielleicht nicht wissen, ist, dass ich damals nicht nur mit "Lafer! Lichter! Lecker!" aufgehört habe, sondern parallel mit fünf Fernsehsendungen. Mit Ausnahme von "Bares für Rares" hatte ich nichts mehr. Und ich wusste zu diesem Zeitpunkt nicht, ob dieses Format jemals ein Erfolg werden würde. Jedenfalls war ich durch mit dem Kochen. Mittlerweile kocht auf einmal jeder – und es wird nur noch lauter und verrückter. Da bin ich raus. Außerdem wurde es damals auch zeitlich zu kompliziert mit meinem Kompagnon, der ebenso parallel viel beschäftigt war. Sollte heute jemand mit einem richtig guten Konzept für eine Kochsendung auf mich zukommen, würde ich es wahrscheinlich nochmal überdenken.

Johann Lafer hat im Interview mit unserer Redaktion über das Ende von "Lafer! Lichter! Lecker!" einmal gesagt: "Leider hat Horst aufgrund seiner neuen Beschäftigung dann aufgehört. Ich finde es schade, die Sendung würde es heute noch geben." Was entgegnen Sie dem?

Das stimmt zwar so nicht ganz, aber ich gebe ihm insofern recht, dass es die Sendung wahrscheinlich noch geben könnte.

Über den Gesprächspartner

  • Horst Lichter ist ein deutscher Moderator, Buchautor und Fernsehkoch. Zwischen 2006 und 2017 kochte er mehr als zehn Jahre an der Seite seines Kollegen Johann Lafer in der ZDF-Sendung "Lafer! Lichter! Lecker!". Seit 2013 moderiert der bekennende Oldtimer-Liebhaber das Erfolgsformat "Bares für Rares". Im Rahmen der Reise-Reportage "Horst Lichters Traumrouten" bereist er vorrangig mit einem Motorrad europäische Destinationen. Sein 2016 veröffentlichtes Buch "Keine Zeit für Arschlöcher!" avancierte zum Bestseller und wurde 2022 verfilmt.
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