In "Duell der Jahrzehnte" wollten Oliver Geissen und seine prominenten Gäste am Freitagabend herausfinden, ob die 70er oder die 90er die bessere Dekade waren. Nach der Show ist man vor allem froh, dass beide Jahrzehnte Vergangenheit sind.

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Nichts funktioniert in der Unterhaltungsindustrie so gut wie Nostalgie. Songs, Filme, Serien, TV-Shows, alles, was Erinnerungen in uns hervorruft, ist ein lukratives Geschäft. Getreu diesem Motto hat RTL in unzähligen Formaten die Vergangenheit ausgeschlachtet. Von "Die 100 erfolgreichsten Rock-Songs" bis zu "Die 100 besten Lieder von Sängern, deren Väter an kreisrundem Haarausfall leiden".

Neuestes Ergebnis dieser Vergangenheitsbewältigung ist das "Duell der Jahrzehnte". Darin treten Prominente der 70er-Jahre gegen Kollegen aus den 90ern an, um zu beweisen, dass ihre Dekade die bessere war. Warum, weiß wohl nur der Sender.

Mit dabei in der ersten Sendung sind die Schauspieler Michaela May, Richard von Röell und Janine Kunze, die Fußballweltmeister Hansi Müller und Thomas Berthold, die Musiker Guildo Horn und DJ Bobo sowie Verena Pooth. Was auch immer deren Berufsbezeichnung ist.

Filmeinspieler kommentieren - wie immer halt


Ermittelt werden soll die Überlegenheit des jeweiligen Jahrzehnts anhand von Kategorien wie Comedy, Film oder Sport. Zumindest theoretisch. Denn die erste Stunde der Sendung besteht vor allem aus Prominenten, die am Bildrand sitzend Filmeinspieler aus den 70ern und 90ern kommentieren. So wie in so ziemlich jeder Show auf RTL.

Gibt es dann doch mal so etwas wie Interaktion, ist die so plump gestellt, dass man sich als Zuschauer schnell die Einspieler zurückwünscht. Etwa wenn Richard von Röell und Janine Kunze am Pult von Moderator Oliver Geissen diskutieren, ob nun "Klimbim" oder "RTL Samstag Nacht" die bessere Comedy-Show gewesen sei. Und sich dabei in einen dilettantischen Trash-Talk verstricken, während das Publikum bei jedem Spruch auf Knopfdruck grölt.

Was umso absurder ist, weil der Gewinner einfach in einem Film anhand tiefschürfender Kategorien wie "Wer war zuerst?", "Wer hatte am meisten Folgen?" und "Wen besuchten die meisten Promis?" entschieden wird, ohne dass die Prominenten irgendeinen Einfluss darauf hätten. Nur der Vollständigkeit halber: Gewinner der ersten Runde ist "Klimbim".

DJ Bobo macht auf Scooter - das sagt alles

Auffällig beim "Duell der Jahrzehnte" ist aber vor allem, dass man sich vornehmlich das Schrecklichste aus den entsprechenden Dekaden herausgesucht hat. Für die 70er treten in der Kategorie "Musik" zum Beispiel "Boney M" an. Die 90er werden durch "Scooter" vertreten.

Dazu versuchen sich Guildo Horn und DJ Bobo zu streiten. "Sing mir doch mal einen Song von Scooter!", schleudert der Schlagersänger dem Schweizer entgegen. Der schnappt sich ein Megafon und brüllt: "Fire!".

Als wäre das nicht schlimm genug, singt Bobo kurz darauf ein Medley seiner eigenen Hits. Das letztlich nur aus "There's a party" und einem weiteren Song besteht. Offensichtlich die neue Single des Sängers. Dem Publikum ist es egal. Schon bei den ersten Takten springen die Fans in T-Shirts mit der Schweizer Fahne auf und klatschen hysterisch mit.

Unterbrochen werden diese Spielchen immer wieder durch Ausschnitte, die zeigen sollen, wie verrückt die 70er- bzw. 90er-Jahre waren. So versuchen sich Jugendliche zum Beispiel an Dingen, die mittlerweile überholt sind. Analog-Kameras, ein Amiga 500, Buffalos mit Plateauabsatz.

Das Konzept kennt man aus diversen YouTube-Videos, in denen Kinder zum Beispiel an Walkmen ratlos herumdrücken. Bei RTL hingegen geht es vor allem darum, die Jugendlichen bloßzustellen. Die verhalten sich wie erwartet so dämlich wie bei einer der Straßenumfragen von Stefan Raab.

Einspieler trifft auf Einspieler


So schleppt sich das "Duell der Jahrzehnte" durch zwei Stunden Sendezeit, ohne auch nur den Anschein erwecken zu wollen, dass die Show ein Konzept habe. Einspieler trifft auf Einspieler, trifft auf Einspieler.

Und dazwischen werden Spots wie "Eine Allianz fürs Leben" und "Ich knicke mein Palmin" erraten. Nostalgie funktioniert schließlich auch bei Werbung. Nur beim Fernsehen ist das offensichtlich nicht immer der Fall.

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