Mit dem "Polizeiruf 110: Wölfe" spielte am Sonntagabend mal wieder ein Film mit dem Klischee vom bösen Wolf. Auch in der Realität hat es Isegrim nicht leicht. Kaum kommt er nach seiner Ausrottung in Deutschland wieder zurück, gehen Wolfsgegner auf die Barrikaden. Mythos Wolf – ein Faktencheck.
Der Wolf ist zurück in Deutschland. Was die einen mit Euphorie begrüßen, versetzt andere in Angst. Zeit, sich dem Wolf einmal ganz ohne Vorbehalte zu nähern. Ein Überblick.
Kurzporträt Wolf
Der Wolf, wissenschaftlicher Name Canis lupus, gehört zur Familie der Hunde aus der Ordnung der Raubtiere. Wölfe leben normalerweise in einem Rudel, das man mit einer menschlichen Familie vergleichen kann. Es besteht aus einem Elternpaar und den eigenen Nachkommen; in der Regel zählt ein Wolfsrudel bis zu zehn Tiere. Mit Erreichen der Geschlechtsreife, also nach etwa zwei Jahren, wandern die Jungtiere ab und suchen sich ein eigenes Revier.
Wölfe sind Fleischfresser. Das Senckenberg Museum für Naturkunde in Görlitz hat etwa 2000 Wolfslosungen aus der Lausitz ausgewertet. Demnach essen Wölfe am liebsten Reh (circa 52 Prozent). Auf den Plätzen zwei und drei folgen Rothirsch und Wildschwein. Den restlichen Speiseplan füllen Hasen, Damhirsch und Mufflon. Der Anteil von Nutztieren betrug lediglich 0,8 Prozent.
Wölfe in Deutschland
Wölfe waren Jahrtausende lang über fast die gesamte Nordhalbkugel verbreitet. Bis zum 19. Jahrhundert wurden sie aber stark bejagt und fast ausgerottet. Deutschland gilt seit etwa 1850 als wolfsfrei, der letzte Wolf soll 1904 in Sachsen erschossen worden sein. Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen zwar immer wieder einmal Wölfe nach Deutschland, wurden aber entweder erschossen oder überfahren.
Seit 1990 ist der Wolf in Deutschland unter strengen Schutz gestellt. 2000 bringt ein Wolfspaar in Sachsen zum ersten Mal seit der Ausrottung in Deutschland Junge zur Welt. Damit gilt das Jahr 2000 als das Jahr, in dem der Wolf zurück in Deutschland ist. Nach Angaben des Naturschutzbundes Deutschland, NABU, leben in Deutschland inzwischen (Stand: April 2016) wieder 40 Rudel. Die meisten davon in Sachsen (12), Brandenburg (11) und Niederachsen (9). Auch in Sachsen-Anhalt (6) und Mecklenburg-Vorpommern (2) ist der Wolf wieder heimisch.
Der Wolf in der Natur
Genauso wenig wie Bienen "gut" sind, sind Wölfe "schlecht" oder gar "böse". Eine solche Trennung ist menschengemacht und ignoriert die grundsätzliche Tatsache, dass jedes Tier sogenannte Ökosystemfunktionen erfüllt. Bei Wölfen kann das zum Beispiel die Regulation seiner Beutetiere und damit die Gesunderhaltung des Ökosystems sein.
Fallen solche Ökosystemfunktionen aus, zum Beispiel durch Ausrottung einer Art, bedeutet das zwar nicht zwangsläufig den Kollaps eines Ökosystems, es kann dadurch aber instabiler und anfälliger werden. Die Frage, welchen genauen Einfluss das Vorkommen oder Fehlen des Wolfes in einem Ökosystem hat, ist nicht einfach zu beantworten und wird immer noch untersucht.
Wolf und Mensch – eine Hassliebe
Mensch und Wolf sind in der Kulturgeschichte enge Begleiter – im Guten wie im Bösen. Im "Dschungelbuch" zieht ein Wolfsrudel den kleinen Menschenjungen Mogli wie einen der seinen auf und Gründungsmythen wie der der Stadt Rom oder Namen wie Wolfgang zeugen von Respekt und Identifizierung mit dem Wolf oder dessen zugeschriebenen Eigenschaften.
Bei „Rotkäppchen“ hingegen erscheint der Wolf als das böse, menschenfressende Ungeheuer und noch heute wird der Wolf von vielen vor allem als Bedrohung wahrgenommen. Laut NABU hat es in den vergangenen 15 Jahren in Deutschland aber keine Situation gegeben, in denen sich Wölfe gegenüber dem Menschen aggressiv verhalten hätten.
Begegnungen mit dem Menschen gehen hingegen eher für den Wolf tödlich aus. In den vergangenen Jahren wurden laut WWF-Wildtierexperte Moritz Klose in Deutschland 18 Wölfe illegal getötet. Nach Angaben des Kontaktbüros Wolfsregion Lausitz wurden zwischen 2009 und Juli 2015 in Sachsen sieben illegal getötete Wölfe gefunden. Sechs der Tiere seien erschossen, eines vorsätzlich überfahren worden.
Zur Rückkehr des Wolfes
Der Wolf ist nach 150 Jahren zurück in Deutschland; das ist erst einmal nur eine Tatsache. Nun geht es darum, dieses neue Nebeneinander auch neu zu lernen. Für die einen ist die Rückkehr Grund zur Freude, andere Reagieren mit einer generellen Abwehr, der Wolf habe hier nichts zu suchen.
Bei all den Argumenten für und gegen den Wolf gilt es, bloße Panikmache zu benennen und mögliche und tatsächliche Bedrohungen ernst zu nehmen, zu beobachten und Maßnahmen zu ergreifen, die Mensch und Wolf gleichermaßen gerecht werden.
In Deutschland gibt es dazu sogenanntes Wolfsmonitoring, Beratung und eventuelle Entschädigungen für Viehalter und zahlreiche Aufklärungsangebote.
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