Folge zehn, GNTM-Gucker wissen das, ist immer etwas ganz Besonderes. Folge zehn ist immer pickepackevoll. Da ist alles drin, was "Germany’s Next Topmodel" ausmacht. Es ist quasi eine ganze Staffel "Germany’s Next Topmodel" in einer einzigen Folge. Diesmal: ein unreifer Streit, ein sinnfreies Interview-Training, ein Augenring-Gesicht-Casting, ein Oops-Damn-Hot-Walk und der Verlust der bisherigen Bösewichtin.

Christian Vock
Eine Kritik
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Ja, in Folge zehn ist auch diesmal der Teufel los, aber bevor wir den Überblick verlieren, fangen wir lieber dort an, wo so viele Folgen von "Germany’s Next Topmodel" anfangen: am Anfang (hier im GNTM-Couchticker zum Nachlesen). Dort steht ein kleiner Trupp werdender Models in der Werdende-Models-Villa und wartet geduldig, bis der Kameramann da ist, um zufällig Zeuge eines noch zufälligeren Gesprächs zu werden. Eine Teilmenge der Damen treibt nämlich immer noch der Umstand um, dass Kollegin Coco irgendwann mal hat fallen lassen, dass sie gerne nach Hause möchte.

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Für die Damen ein Affront mit Handlungsaufforderung: "Es war sehr, sehr wichtig, dass wir Coco damit konfrontieren konnten in der Küche", erzählt Cassy und Vivien meint: "Ich find's halt respektlos uns gegenüber, weiter hier zu sein und die ganze Show mitzudrehen, wenn sie eigentlich gar keinen Bock hat." Nun hätte jeder Verständnis gehabt, hätte Coco auf die Anschuldigen mit dem diplomatischen Geschick eines Gelsenkirchener Tram-Fahrers geantwortet: "Hömma, du Klappskalli. Was juckt dich mein Kram? Zeigt mal ein bisschen Pörsonäliti!" Aber Coco hört sich alles geduldig an.

Das "Interview-Training" bei GNTM, das selbst Fragen aufwirft

Da rauscht auch schon der nächste Programmpunkt ins Haus, denn Heidi Klum "ist es wichtig, dass ich meine Mädels auch auf die Schattenseiten des Business vorbereite". Ui, das ist aber lieb von der Klum! Bestimmt lernen die Models jetzt, wie man Knebelverträge erkennt oder höflich "Nein, danke" sagt, wenn man sich in einer TV-Show zur Belustigung der Zuschauer die Haare abschneiden lassen soll. Doch statt eines Anwalts, klingelt Claudia von Brauchitsch an der Villa. Von Brauchitsch ist laut Selbsteinschätzung "Anchorwoman bei Sat.1", also Moderatorin. In der Topmodel-Villa soll sie nun den Damen das obligatorische Interview-Training geben.

Also stellt von Brauchitsch den Models grüppchenweise Fragen, etwa nach der eigenen Darstellung in Social-Media-Kanälen, über die eigene Herkunft und Familie, über den eigenen Glauben, die eigenen Freunde, die persönlichen Finanzen – kurz: über alles, was die Intim-, mindestens aber die Privatsphäre betrifft. Aber nicht etwa, weil von Brauchitsch wirklich interessiert, wo Selma nach dem Abi gefeiert hat, wie sich Somajia ihre Designer-Klamotten leisten kann oder dass sich Maike und Anna-Maria so ähnlich sehen.

Nein, von Brauchitsch macht das, "um die Models auf künftige Interviews vorzubereiten". Das ist absolut wichtig, denn … Moment mal! Claudia von Brauchitsch will die Models also auf den Fall vorbereiten, dass ihnen einmal in einem Interview vor einem Millionen-Publikum intime Fragen gestellt werden, indem sie den Models in einem Interview vor einem Millionen-Publikum intime Fragen stellt? Wer hier eine Logik erkennt: Bitte die Lösung kurz an kuckuck@tatütata.de schicken. Danke! Ansonsten könnte man nämlich fast den Eindruck gewinnen, dass von Brauchitsch den Models nur deshalb intime Fragen stellt, um ein Millionen-Publikum zu unterhalten.

GNTM: Wer wird "Markenbotschafter"?

Aber, das wollen wir nicht verschweigen: Das Interview-Training, so absurd es auch sein mag, fördert einige Erkenntnisse zutage. Zum Beispiel, dass Selma, so sieht es von Brauchitsch, keine Visionen hat. Über Somajia erfahren wir: "Ich bin mehr, als nur eine Louis-Vuitton-Tasche!" Wer kann das schon von sich behaupten? Und über Anna-Maria sagt von Brauchitsch: "Du bist eine unheimlich schöne Frau, aber du bist auch wahnsinnig langweilig neben einer Maike." Kleiner Service-Tipp an Anna-Maria: Einfach beim nächsten Interview die Maike zuhause lassen. Problem gelöst.

Die nächste Gelegenheit, ein Interview ohne Maike zu führen, kommt schneller, als gedacht, denn Maike darf zusammen mit Vivien, Ida und Selma zu einem Casting. Ein Augenpad-Hersteller sucht ein neues Gesicht für seine Werbung: "Eine von euch wird zur Markenbotschafterin 2023 unserer Kampagne 'Schönes Gesicht' mit ganz speziellen Produkten und einer ganz speziellen Aufgabe", erklärt der Augenpad-Hersteller.

Und wer sich an dieser Stelle gefragt hat: Nein, ein Markenbotschafter bekommt keinen Diplomaten-Pass und auch keine Immunität. Im Grunde ist ein Augenpad-Markenbotschafter einfach ein Model, das sich Augenpads ins Gesicht kleben lässt. Der Augenpad-Hersteller hat das nur ein bisschen anders ausgedrückt.

"Uns interessiert auch der Mensch dahinter" – wirklich?

Das ist aber nicht die einzige Unklarheit. Denn als die ersten Augenpads sitzen, stellt sich die Frage, ob man für Augenpads überhaupt ein Model braucht. Man sieht ja nun nicht mehr, wer darunter steckt. Das gilt übrigens auch für Halloween-Masken oder Taucheranzüge. Da kannst du dann eigentlich jeden nehmen. Die Uschi zum Beispiel. Oder den Kevin. Merkt keiner. Dass der Augenpad-Hersteller nicht die Uschi genommen hat und auch nicht den Kevin, hat aber einen besonderen Grund: Die Models sollen sich eines von vier Produkten aussuchen, dann werden Fotos gemacht "und anschließend hören wir eure eigene individuelle Geschichte dazu", erklärt der Hersteller.

Den Grund dafür erklärt er gleich mit: "Uns interessiert auch der Mensch dahinter." Ungewöhnlich, aber der Augenpad-Mann wird schon wissen, was er tut. Also werden Fotos gemacht und Geschichten erzählt, doch irgendwie hat man das Gefühl, dass den Hersteller die Geschichten doch nicht so interessieren, wie er behauptet. Am Ende nämlich erhält das Gesicht den Zuschlag, das am besten zu allen vier Produkten passt. Dieses Gesicht trägt Selma und die wird dann in einer für Diplomaten-Kreise eher schmucklosen Zeremonie zur Markenbotschafterin ernannt und zu Fotoaufnahmen geschickt.

Das Komische: Auf den Fotos sieht man Selmas Geschichte gar nicht! Was, wenn jetzt jemand das Werbeposter anguckt, der Selmas Geschichte gar nicht kennt? Für so jemanden ist die Kampagne dann ja gar nicht ausgelegt! Da hätte man ja doch die Uschi nehmen können! Oder den Kevin. Irgendwas stimmt mit dieser Geschichten-Geschichte nicht. Erst einmal durchschnaufen. So, besser. Aber wie kommen wir jetzt von dieser seltsamen Veranstaltung zum Entscheidungswalk? Keine Ahnung. Aber vielleicht ergibt sich ja unterwegs eine Gemeinsamkeit.

Anya muss nach dem Comic-Walk gehen

Fangen wir also einfach mit den Fakten an. Um herauszufinden, welches Model sie gerne nicht mehr dabei hätte, lässt die Klum die Damen einen "Comic-Walk" machen. Dazu werden die Models in Pop-Art-Kostüme gesteckt, müssen hin und her laufen, einen Zwischenstopp an Papp-Sprechblasen einlegen und zu den Inhalten der Blasen entsprechend posieren. Folgende Sprechblasen gibt es: "My Fault! Oops", "Damn! Hot!", "Crazy in Love" und "Ouch, it hurts!" Etwas merkwürdig, denken Sie? Weit gefehlt! Aber lassen Sie sich das lieber von Katherine erklären: "Ich fand es wieder so schön, weil es so pure Kunst war."

Sie lachen, aber natürlich ist das Kunst! Prado, Louvre, Eremitage, "Germanys Next Topmodel" – wer merkt schon den Unterschied? Man hört die Kunst-Sammler dieser Welt bei Ausstellungen tuscheln: "Und, haben Sie auch schon einen GNTM-Comic-Walk zu Hause? Die Preise gehen ja buchstäblich durch die Decke!" Und die Antwort wird sein: "Aber natürlich! Ein Must-have! Sieht auch toll aus neben dem Monet. Nur das Getrampel den ganzen Tag nervt ein wenig. Vielleicht hätte ich doch die Uschi mit den Augenpads nehmen sollen. Ist auch Kunst, irgendwie." Aber da wird es dann zu spät gewesen sein.

Apropos zu spät: Zu spät für weitere Planungen bei "Germany’s Next Topmodel ist es auch für Anya. Denn die Klum findet, dass die junge Frau nach dem Comic-Walk nicht mehr in die Show sollte. Ouch, it hurts!

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