Ein Gründer "zwischen Genie und Wahnsinn" kostet in der ersten Folge von "Die Höhle der Löwen" die Jury Nerven. Aber seinem Charme können sie sich einfach nicht entziehen

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Felix Reek dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Es gibt viele Faktoren, die einen Pitch bei "Die Höhle der Löwen" erfolgreich machen. Die Idee muss stimmen. Eine gewisse Nachfrage für das neue Produkt besteht bereits. Das Konzept ist gut durchdacht, erste Vertriebswege sind aufgebaut. Die Präsentation ist perfekt inszeniert. Oder man stellt sich einfach vor die Löwen, grinst breit und wickelt sie mit Charme ein. Wie zum Beispiel Ehsan Allahyar Parsa aus Gießen, der in der ersten Folge der neuen Staffel von "Die Höhle der Löwen" die Investoren mühelos schwindlig redete.

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Das Talent des 23-Jährigen aus Gießen sind Sprachen. Zehn davon spricht er mittlerweile, erlernt durch eine Methode, die er selbst entwickelt hat. Er konzentriert sich auf die Wörter, die in Sprachen ähnlich sind, auf dieselbe Wurzel zurückgehen. So lassen sich schnell erste Erfolge erzielen. Der Name der App: Rootify, wie die Wurzel. Das Problem: Es gibt sie noch nicht.

Dümmel bei DHDL: "Du bist ein Grund zu investieren"

Die Löwen hält das in ihrer Begeisterung nicht ab - vor allem für den jungen Gründer. "Du bist ein Grund zu investieren", schwärmt Ralf Dümmel. "Wenn Sie irgendeinen Job wollen - ich nehm' Sie!", lockt Carsten Maschmeyer. Georg Kofler jauchzt: "Ich bin begeistert! Du hast Charisma!" Raus sind sie trotzdem alle.

Am Ende ist es Frank Thelen, der ein Angebot unterbreitet. 175.000 Euro für eine Beteiligung von 20 Prozent. Unter der Bedingung, dass noch einer der anderen Gründer von Parsa mit zehn Prozent einsteigt. Ein Novum in "Die Höhle der Löwen", hat bisher doch noch nie jemand einen so guten Deal angeboten bekommen, für ein Produkt, das noch nicht einmal existiert.

Sehr zur Irritation von Thelen telefoniert Parsa aber erst einmal in aller Ruhe mit seinem Programmierer. Nach Absprache nimmt er das Angebot an. Maschmeyer stöhnt auf: "Zwischen Genie und Wahnsinn ist der auf Kante."

Endlich "smart" grillen - aber die Löwen wollen ausgerechnet das nicht

Aber das ist offensichtlich die richtige Konstitution, um in der neuen Folge von "Die Höhle der Löwen" erfolgreich zu sein. Fehlt der Enthusiasmus, kippt schnell die Stimmung. Das bekommen Michael Schunke und Mathias Dögel zu spüren. Sie haben sich den liebsten Sommerzeitvertreib der Deutschen vorgenommen: grillen. Der Vorgang an sich ist seit Jahrtausenden unverändert. Feuer, Fleisch, fertig.

Ihr "Wilhelm Grill" soll allerdings die "smarte" Antwort auf dieses archaische Hobby sein. Per App lässt sich unter anderem die Temperatur und die Belüftung ihres Grills steuern. Vor allem die Männer in der Jury schauen mit offenen Mündern zu, futtern sich durch die Test-Steaks und konstatieren: "Sehr lecker." Nur investieren wollen sie in den "Wilhelm Grill" nicht. Die einhellige Meinung: "Ich bin an einer Automatisierung des Grillens nicht interessiert." Heißt: Die Löwen wollen lieber Neandertaler bleiben und auf herkömmliche Weise Fleisch braten.

Noch unangenehmer wird es für Schunke und Dögel, als herauskommt, dass der Grill 5000 Euro kostet und einer der beiden Gründer eine erfolgreiche Software-Firma besitzt, also das Geld der Löwen gar nicht braucht. Dagmar Wöhrl nimmt sie so lange in die Mangel, bis die beiden sprachlos dastehen. Der Vorwurf: "Sie sind hier, weil Sie Werbezeit wollen." Der Trost: Das dürfte für so ziemlich jeden Teilnehmer von "Die Höhle der Löwen" gelten. Die beiden gehen leer aus.

"Höhle der Löwen": Rost entfernen ganz ohne Chemie

Mit ganz anderen Problemen kämpft der Automechaniker Robert Lehmkuhl. Er restauriert seit Jahrzehnten Oldtimer und hat eine eigene Mixtur entwickelt, um Rost zu entfernen: "ROSTdelete". Nach ein paar Berichten in Lokalzeitungen kam er mit der Produktion nicht mehr hinterher, er klappte zusammen.

Die Löwen sind von dem sympathischen älteren Herrn angetan - bis er seine Zahlen offenlegt. 2013 entwickelte er seine Formel aus Holz und Obstsäuren, in den ersten drei Monaten verdiente er bereits 41.000 Euro damit. Nur hat sich seitdem nicht viel getan. Jetzt sind es 37.000 Euro - pro Jahr. Die Löwen sind entsetzt: "Diese Zahlen sind für mich grausam", schallt es ihm entgegen und "Ihr Produkt ist im Eimer."

Nur Ralf Dümmel hat ein Herz für den älteren Herrn: "Ich glaube, dass Sie da was ganz großes haben", prophezeit er Lehmkuhl. Denn Rost gebe es schließlich nicht nur an Autos. 100.000 Euro für eine Beteiligung von 30 Prozent ist ihm das wert. Robert Lehmkuhl ist erleichtert: "Herrlich, wunderschön", ruft er.

Etwas, was Maja Bach und Patrick Kessel nach ihrem Pitch nicht sagen können. "Parkama" heißt ihr Produkt, eine Art Notfall-Rucksack für alle, die nicht genug Zeit haben, ins Fitnessstudio zu gehen. Darin ein Springseil, eine Art Kabelzug, Gummibänder, eine Matte und so weiter. Eine App gibt es auch noch, die Übungen vormacht. Die Begeisterung der Löwen hält sich in Grenzen. Frank Thelen, der zugibt, 50 Rucksäcke zu besitzen, rutscht nur ein "Is' okay" heraus, Carsten Maschmeyer fasst zusammen: "Sie haben nichts in Ihrer Tasche, was es nicht schon gibt." Die beiden Gründer ziehen unverrichteter Dinge davon.

Frank Thelen: "Das ärgert mich"

Bleiben Andreas Winkler und sein Sohn Max. Sie haben MIMIK Skincare entwickelt, eine personalisierte Gesichtscreme, die sich aus vier Cremes und acht weiteren Komponenten zusammensetzen lässt. Die Präsentation läuft zunächst gut, Judith Williams, die viele Kosmetikprodukte in ihrem Portfolio hat, kommt nach vorne zum Creme mischen - bis herauskommt, dass der Hersteller, der MIMIK für Vater und Sohn produziert, zu 30 Prozent am Unternehmen beteiligt ist. Etwas, was bei den Löwen in der Vergangenheit immer schlecht ankam, weil das Start-up so von Anfang an in einer Abhängigkeit steckt.

"Das ist richtig katastrophal, was Ihr hier präsentiert und das ärgert mich", schimpft Frank Thelen. Winkler, sein Sohn und die zwei weiteren Mitarbeiter erstarren. Werden Sie etwa auch abgelehnt? Ein Löwe nach dem anderen steigt aus.

Bis sie Judith Williams rettet: "Es ist nicht vernünftig, was ich mache", sagt sie. Und investiert trotzdem 125.000 Euro gegen 30 Prozent Firmenbeteiligung. Sie hat mal wieder auf ihr Herz gehört, statt auf den Kopf. "Völlig unvernünftige Frau, aber ich komm' durch", lacht sie. Das hat in der Vergangenheit schließlich auch immer gut geklappt. Vor allem in "Die Höhle der Löwen". Denn die Show funktioniert seit vielen Jahren nicht nur so gut, weil alles vom Kopf her entschieden wird. Sondern eben auch vieles aus dem Bauch heraus.

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