Mit fünf Produktionsländern, zehn Millionen Euro Budget, acht Stunden Lauflänge und mehreren namhaften Darstellern war der TV-Vierteiler "The Team" eine höchst ambitionierte Krimireihe. Und doch kann das Ergebnis nicht mal ansatzweise überzeugen.

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Nach vier Fernsehfolgen und insgesamt acht Stunden Laufzeit sind die Ermittlungen von "The Team" nun zu Ende. Die Miniserie war ein ambitioniertes, länderübergreifendes Unterfangen: Deutschland, Belgien, Dänemark, Österreich und die Schweiz arbeiteten zusammen, um einen zehn Millionen Euro teuren Krimi zu stemmen, der namhafte Darsteller wie Lars Mikkelsen, Jasmit Gerat und Nicholas Ofczarek quer durch Europa schicken sollte.


Der Plot dreht sich um einen Milliardär aus Litauen, Marius Loukauskis, der ein kriminelles Netzwerk aus Menschenhandel, Prostitution, Zwangsarbeit und anderen unsympathischen Geschäften betreibt. Weil mehrere seiner Prostituierten in verschiedenen Städten tot aufgefunden werden – alle nach demselben Muster umgebracht – wird ein internationales Ermittlerteam zusammengestellt, das Loukauskis' Spuren quer durch Politik, High Society und niedere Gefilde verfolgt.

Spitzenkräfte arbeiten anders

Das klingt in der Theorie nach einem spannenden Fernseherlebnis, aber die Realität sieht anders aus: "The Team" bietet müden Dienst nach Vorschrift, die geschwätzigen Ermittlungen gehen im Schneckentempo voran, die Figuren bleiben blass, die Dialoge riechen nach Holz. Die Serie wirkt, als wäre jemand zu dem Ergebnis gekommen, dass die US-Terroristenhatz "24" deswegen so aufregend war, weil Kiefer Sutherland da andauernd telefoniert hat.

Es hilft schon mal nicht, dass Gesetzeshüter wohl nicht zu den fähigsten ihrer Zunft gehören. Da wird ein Undercover-Agent als Chauffeur bei Loukauskis eingeschleust, der die Ermittler beständig auf dem Laufenden über seine Aktivitäten halten soll. Das macht er auch: Er stellt sich ganze fünf Meter neben Loukauskis' Leibwächter, um seine Vorgesetzten anzurufen – die dann ganz überrascht sind, dass ihm jemand zum vereinbarten Treffpunkt gefolgt ist! Auch sonst fällt der V-Mann hauptsächlich dadurch auf, dass er permanent neugierige Fragen stellt.

Auch anderswo bekleckert sich die Polizei nicht mit Ruhm: Gegen Ende rücken die Einsatzkräfte bei der Villa von Loukauskis' Frau an, können sie aber nicht finden. Kommissarin Jackie Müller geht am nächsten Morgen nochmal alleine hin – und findet die Leiche der Frau in einem See in der Nähe des Hauses! Man möchte doch meinen, dass so ein Sonderkommando es schafft, auf der Suche nach einer Person auch die nähere Umgebung abzusuchen. Gut, die bösen Buben sind hier ebenfalls nicht die hellsten Leuchten im Geschäft: Als ein Finsterling ein Haus mitsamt darin gefangener Zwangsarbeiter per Benzinkanister abfackeln will, setzt er sich ungeschickterweise gleich selber mit in Brand.

Konstruierte Story mit Seifenoper-Flair

Aufgrund solcher Begebenheiten möchte man meinen, dass wenigstens viel passiert in "The Team" – aber mit seinen acht Stunden Lauflänge zieht sich die Story auf Kaugummilänge, ohne je wirklich Thrill oder spannendes Krimi-Geheimnis zu bieten. Damit überhaupt mal etwas geschieht, müssen die Autoren mitunter schon richtig mühsam konstruieren: Da wird nach dem Passwort eines Journalisten gesucht, und die Lösung liegt in den fehlenden zwei Zeilen eines Liebesgedichts, bei denen die Anzahl der darin vorkommenden Buchstaben des Vornamens des Schreiberlings zu einem Code umgerechnet werden können. Klar soweit? Wenn dann noch ein Ermittler einer Assistentin die Zeilen dieses Gedichts per Handy schickt und deren Ehemann aufgrund der Liebeslyrik eifersüchtig wird, könnte man auch gleich "Gossip Girl" oder GZSZ schauen.

Überhaupt wird nach traditionellster Fernsehkrimi-Art gerne das persönliche Drama bemüht, um etwas Aufregung aufkommen zu lassen. Die Frau von Ermittler Harald Björn sitzt hochschwanger zuhause und fühlt sich vernachlässigt, während er erfährt, dass die siebenjährige Tochter seiner Kollegin Müller eigentlich von ihm ist, weil die beiden eine Affäre hatten. Kommissarin Verbeek kämpft derweil mit ihrer alkoholabhängigen Mutter und der Schwester, die auf den Strich geht, und Assistentin Kit Ekdal wird von ihrem Ehemann verprügelt und erscheint jeden Tag mit einer neuen Wunde im Gesicht. Da kann die Musik noch so modern dahintuckern: Im Herzen ist das Seifenoper-Kost.

So flach wie die Hauptfiguren ist auch Bösewicht Loukauskis skizziert. Es gibt eine Stelle, wo er betend für das, was er Böses getan hat, um Verzeihung bittet – da blitzt einen Moment lang die Hoffnung auf, dass aus Loukauskis eine komplexe, spannende Figur werden könnte. Die restlichen 7 Stunden und 59 Minuten aber verbringt der Mann damit, düster dreinzublicken und herrisch herumzubellen. Damit ja kein Missverständnis aufkommt, dass dieser Kriminelle wirklich ein ganz übles Stück Dreck ist, macht sich der Mann nebenher gerne an Minderjährigen zu schaffen.

Europa als enttäuschendes Marketingkonzept

Nicht mal der interessante Produktionshintergrund gibt der Serie einen Mehrwert: Es wird zwischen europäischen Schauplätzen hin- und hergesprungen, auch die Sprache wird immer wieder gewechselt (zumindest in der Online-Originalversion, die Fernsehfassung ist durch die Bank deutsch synchronisiert). Aber weil die Bilder so austauschbar sind und das Länderübergreifende nie Teil der Dramaturgie ist, ist das Ergebnis etwas, das ebenso gut in nur einer einzigen Stadt hätte spielen können. Hier prallen keine Kulturen aufeinander, hier versuchen sich nur verschiedene europäische Fernsehanstalten im flächendeckenden Marketing, ohne irgendetwas allzu spezifisch zu verankern.

Kurzum: "The Team" enttäuscht auf ganzer Linie. Budget, Aufwand und viel Getrommel können eben doch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es hier einfach nichts Spannendes zu erzählen gibt.

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