Am 26. November 2010 gewann Ralf Schnoor in der Quizsendung "Wer wird Millionär?" eine Million Euro. Obwohl er die Millionenfrage beantworten konnte, nahm er seinen Telefonjoker in Anspruch – und schrieb mit seinem Plausch TV-Geschichte.

Ein Interview

Anlässlich des 25-jährigen "WWM"-Jubiläums, das RTL am Donnerstagabend mit einem großen Special (ab 20.15 Uhr) würdigt, haben wir mit dem Hannoveraner über seinen damaligen Weg zur Million gesprochen. Zudem spricht der 63-jährige Café-Besitzer darüber, wie sich sein Leben nach dem Gewinn in der Jauch-Show verändert hat.

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Herr Schnoor, zunächst einmal: Ist Sabine noch im Laden?

Ralf Schnoor: Nein, leider nicht mehr. Sabine war nicht nur eine ganz fantastische Mitarbeiterin hier im Café K., sondern sie ist auch eine ausgesprochen sympathische Person. Mittlerweile hat sie einen super Job in Frankfurt bekommen und arbeitet im Bildarchiv der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Außerdem ist Sabine Mutter eines Sohnes geworden, ein süßer Fratz.

Genau diese Frage haben Sie vor 14 Jahren bei "Wer wird Millionär?" Ihrem Telefonjoker gestellt – und zwar bei der Millionenfrage, die Sie auch ohne Hilfe beantworten konnten. War Ihnen in diesem Moment bereits klar, dass dieser Plausch mit einem Ihrer Mitarbeiter TV-Geschichte schreiben würde?

Das war mir überhaupt nicht klar. Manchmal habe ich einen kleinen Schalk im Nacken, der dann einfach raus möchte. Dies war so ein Moment. Manchmal habe ich gute Ideen, manchmal habe ich schlechte Ideen. In diesem Fall hatte ich vielleicht eine ganz gute Idee (lacht).

Im Jubiläums-Interview hat Günther Jauch unserer Redaktion verraten, dass Ihre Millionenfrage bisher die einzige war, die auch er hätte richtig beantworten können. Schmälert das Ihren damaligen Erfolg?

In keinster Weise, da ich mir bewusst bin, dass mein Fragen-Potpourri damals nicht so dramatisch schwer zu lösen war. Ich konnte alle Fragen relativ gut beantworten. Bei "Wer wird Millionär?" und auch in anderen Quizsendungen gibt es ja manchmal richtige "Killer-Fragen", bei denen auch ich an meine Grenzen komme.

"Man muss auch mal Glück haben im Leben."

Ralf Schnoor

Haben Sie ein Beispiel?

Ich erinnere mich an eine Cappuccino-Frage. Obwohl ich zu diesem Zeitpunkt bereits locker 15 Jahre lang Cappuccino verkauft hatte, wusste ich nicht, wie man das Wort "Cappuccino" richtig schreibt. Damit war ich im Übrigen nicht alleine. Bei einer Jubiläumssendung wurde genau diese Frage noch einmal gestellt – und das Publikum konnte sie erneut nicht richtig beantworten. Meine Fragen auf dem Weg zur Million hingegen waren machbar. Man muss auch mal Glück haben im Leben (lacht).

Ihre Millionenfrage lautetet: Wie heißt die erste deutsche Briefmarke, die 1849 in Bayern herausgegeben wurde? Woher wussten Sie das? Für Jauch war es eine "Lulli-Frage", weil er als Kind leidenschaftlicher Briefmarkensammler war …

Das trifft auf mich nicht zu, denn ein leidenschaftlicher Sammler war ich nie. Ich wusste die Antwort, weil ich mich irgendwann einmal mit dem Thema auseinandergesetzt hatte. Wenn Sie sich mit Quiz beschäftigen, was ich hin und wieder sehr gerne mache, dann haben Sie einige Fragestellungen schonmal antizipiert. Fragen, in denen im weitesten Sinne Rekorde abgefragt werden, sind durchaus üblich – zum Beispiel "Was war die erste …?", "Was war die größte …?" oder "Was war der längste …?". Quizze haben zwar sehr viel mit Glück zu tun, aber man kann den Faktor Glück ein wenig reduzieren.

Auch wenn Sie kein Sammler sind: Hängt der "Schwarze Einser" an einer Wand in Ihrem Café?

Nein, es gibt hier keinen "Schwarzen Einser". Dafür habe ich meinen Gewinn nicht ausgegeben. Tatsächlich habe ich aber mal ein Angebot bekommen, der "Schwarze Einser" sollte 1.500 Euro kosten. Mittlerweile soll er deutlich teurer sein. Sammlerobjekte haben für mich keinen reellen Wert. Wenn hingegen etwas einen Gebrauchtwert hat, dann finde ich es interessant. Aber nur weil ein bestimmter Name draufsteht, gebe ich dafür noch lange kein Geld aus.

Sind Sie grundsätzlich eher der bescheidenere Typ?

Ich glaube nicht, dass ich bescheiden bin. Das mag vielleicht so wirken, doch wenn man – so wie ich – in Deutschland groß geworden ist, dann hat man per se gewisse Ansprüche. Ist es noch bescheiden oder schon maßlos, wenn man zum Beispiel etwas macht, was man schon immer machen wollte? Oder wenn man sich etwas kauft, das man unbedingt braucht? Das ist schon fast eine philosophische Frage. Jedenfalls halte ich mich nicht für besonders bescheiden. Ich habe viele Wünsche, die ich mir zum Glück meistens erfüllen konnte – sowohl vor als auch nach "Wer wird Millionär?".

Welche Wünsche konnten Sie sich erfüllen?

Meine Wünsche sind nicht deckungsgleich mit denen vieler anderer Menschen. Mir ein großes Auto zuzulegen, war nie mein Wunsch. Ich brauche auch keine Zehntausend-Euro-Gitarre. Ich habe eine Gitarre – und die ist sehr gut und schnarrt auch nicht. Und wenn sie das mal tun sollte, dann kann ich sie zur Werkstatt bringen. Dass ich mir so etwas erlauben darf, ist meiner Ansicht nach nicht bescheiden.

Fahren Sie nach wie vor Ihren alten Opel?

Also ich fahre immer noch einen Opel Astra, ja. Es handelt sich um ein Nachfolgemodell. Das Auto müsste mittlerweile auch schon wieder 13 oder 14 Jahre alt sein. Der Wagen ist locker durch den TÜV gegangen. Mein Anspruch an ein Auto ist, dass es eine Klimaanlage, elektrische Fensterheber und eine Servolenkung hat. Mir reicht das. Und ich möchte keinen Kummer haben, weil der Wagen vielleicht mal einen Kratzer oder eine Beule abbekommen hat. Bei einem richtig teuren Auto ist so etwas um einiges ärgerlicher.

Ralf Schnoor im Gespräch mit unserer Redaktion. © Ebbecke

"Wenn es Günther Jauch nicht mehr machen würde, müsste ich es machen."

Ralf Schnoor

Veränderungen sind nicht so Ihr Ding, oder täuscht der Eindruck?

Es kommt immer darauf an. In meinem Café hat sich über die Jahre hier und da zwangsläufig etwas verändert. Früher hatten wir hier Fenster mit Einfachverglasung, mit regelrechten Lücken in den Rahmen. Dank "Wer wird Millionär?" konnte ich die Fenster austauschen und das Café K. auf gesündere Beine stellen. Investitionen wie diese, ich spreche hier von Zigtausenden, hätte ich andernfalls gar nicht wuppen können. Mein Leben ist aber nicht die halbe Stunde "Wer wird Millionär?". Das hier ist mein Leben. Ich verdiene mein Geld damit, dass Menschen mein Café betreten und sich hier wohlfühlen. Von einer Million Euro hätten meine Frau und ich nicht lange leben können.

"Wer wird Millionär?" lebt im deutschen Fernsehen seit nunmehr 25 Jahren. Laut Jauch sei die Sendung nicht zwangsläufig erledigt, wenn er diese eines Tages nicht mehr moderieren wolle. Glauben Sie das auch?

Wenn er gesagt hätte, dass die Sendung ohne ihn den Bach runtergehen würde, hätte ich mich sehr gewundert. Schließlich hat auch Günther Jauch den Auftritt eines durchaus geerdeten und sich selbst nicht zu ernst nehmenden Menschen. Das macht ihn ja so sympathisch. Leute, die sich selbst zu wichtig nehmen, mag ich nicht. Jauch hat es ganz richtig ausgedrückt: Die Sendung wäre "nicht zwangsläufig" erledigt. Die Frage ist, wie das Publikum reagieren würde. Und die Frage ist, ob ein anderer Moderator der Sendung vielleicht neue Impulse geben könnte. Das Konzept von "Wer wird Millionär?" ist super, doch in manch anderen Ländern wurde das Format in den vergangenen Jahren abgesetzt. Und auch in Deutschland sind die Marktwerte teils erheblich zurückgegangen, was aber auch mit anderen Sehgewohnheiten und neuen Medienangeboten zu tun haben mag. Um das beurteilen zu können, bin ich aber nicht Fachmann genug. Aus dem Bauch heraus würde ich sagen: Wenn es Günther Jauch nicht mehr machen würde, müsste ich es machen (lacht).

Das war zwar als Scherz gemeint, aber ich bin trotzdem überrascht: Im Gegensatz zum ersten "WWM"-Millionär Eckhard Freise hatte man bei Ihnen bisher nicht den Eindruck, dass Sie eine TV-Karriere anstreben würden …

Beworben habe ich mich nie, aber tatsächlich war auch ich in der Vergangenheit bereits bei zwei Sendungen Teil des Konzepts. Ich hätte das auch gerne weitergemacht, doch beide Shows sind aufgrund des zu geringen Publikumszuspruchs wieder eingestellt worden (lacht). Sowohl mit Blick auf "500 – Die Quiz-Arena" als auch mit Blick auf "5 Gold Rings" hatten sich die Produzenten wohl höhere Einschaltquoten erhofft. Ich gehe aber einfach mal davon aus, dass es nicht an mir gelegen hat. Jedenfalls haben mich beide Sendungen vor düsteren Zeiten bewahrt.

Was war passiert?

Das eine Mal waren meine TV-Auftritte ein schönes Zubrot. Das andere Mal, in Zeiten der Pandemie, war ich einfach froh, dass ich etwas zu tun hatte. Ich saß damals praktisch nur zu Hause und habe Trübsal geblasen. Der Laden war bereits zuvor renoviert worden – ich hatte also rein gar nichts zu tun. Für mich war es eine willkommene Abwechslung, dass ich morgens mit dem Aktenkoffer in der Hand nach Hamburg fahren durfte, um "5 Gold Rings" zu produzieren. Diese "Schichtarbeit im Fernsehen" habe ich als tolle Erfahrung im Hinterkopf behalten. Obendrein gab es eine nette Gage.

Das klingt, als hätten Sie Blut geleckt. Sind Sie bereit für ein TV-Comeback?

Wenn noch einmal jemand auf mich zukäme, würde ich nicht Nein sagen – sofern das Konzept interessant ist. Im Quizbereich gibt es im Fernsehen ja so einiges. Grundsätzlich gehe ich gerne auf Quizveranstaltungen, weil es bei diesen Events sehr kommunikativ zugeht. Das Gewinnen steht übrigens nicht im Vordergrund, ich bin da nicht besonders ehrgeizig. Es geht um den gesellschaftlichen Austausch. Auch im Café K. veranstalten wir nach wie vor alle zwei Wochen Quizabende, in Zeiten der Weihnachtsfeiern gerne auch mehrmals in der Woche.

Wären Sie als ausgebildeter Konditor nicht auch ein Kandidat für "Das große Promibacken"?

Für dieses Format bin ich noch nicht angefragt worden. Ich gehe auch davon aus, dass sich meine Popularität mittlerweile so langsam im Sinkflug befindet. Über mich ist doch alles schon erzählt worden. Das Café K. sieht im Prinzip noch genauso aus wie damals. Und ich sehe auch noch so aus – nur vielleicht ein bisschen älter. Aber, was "Das große Promibacken" angeht: Ich glaube, dass ich das in der Tat besser könnte als die anderen Promis. Was da zum Teil angeboten wird, ist nicht unbedingt "state of the art".

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Vervollständigen Sie abschließend doch bitte folgenden Satzanfang: Ohne "Wer wird Millionär?"

… hätten wir beide uns heute nicht unterhalten.

Über den Gesprächspartner

  • Ralf Schnoor ist ein deutscher Gastronom und eine TV-Persönlichkeit. Im November 2010 ging er als siebter Kandidat in die Geschichte ein, der in der Quizsendung "Wer wird Millionär?" die Millionenfrage richtig beantworten konnte. Später trat Schnoor für Sondersendungen der RTL-Show hin und wieder erneut vor die Kamera. Auch in anderen Quizformaten, etwa "500 – Die Quiz-Arena" oder "5 Gold Rings", war er zeitweise zu sehen. Seit 1985 betreibt der 63-Jährige in Hannover-Linden das Café K.
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