Der Bund hatte das Bauprojekt einst als Vorzeige-Objekt geplant und mit zehn Milliarden Euro bezuschusst. Nun legte der US-Konzern einen Baustopp ein. Ob und wie es weitergeht, ist ungewiss.

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3.000 neue Arbeitsplätze sollten entstehen. Dafür hatte die Bundesregierung tief in die Tasche gegriffen und zehn Milliarden Euro Subventionen bereitgestellt, um den US-amerikanischen Chiphersteller Intel nach Magdeburg zu locken. Mit dem Projekt war mehr als nur die bloße Ansiedlung eines Unternehmens verbunden. Die neue Fabrik sollte für Sachsen-Anhalt das werden, was Tesla für Brandenburg ist: der Weg in die Zukunft und irgendwo auch die Lösung für die Probleme in den neuen Bundesländern.

Mit einem neuen Arbeitgeber und hohen Steuereinnahmen durch Zuzug und Gewerbesteuer würde es der Region wirtschaftlich besser gehen und vielleicht damit auch die politischen Probleme kleiner werden, so wohl die Hoffnung der Ampel-Regierung. Auch in Sachsen-Anhalt liegt die AfD in Umfragen gleichauf mit der CDU von Ministerpräsident Reiner Haseloff.

Der Traum ist vorerst geplatzt

Außerdem sollte die Halbleiterproduktion in Deutschland die hiesige Wirtschaft unabhängiger von Importen aus dem Ausland, insbesondere Fernost, machen. Ganze 30 Milliarden Euro sollte das Bauprojekt umfassen und wäre damit die größte Investition, die jemals ein ausländisches Unternehmen in Produktionsstätten auf deutschem Boden getätigt hat, wie "Der Spiegel" schreibt.

Nun ist der Traum vom Silicon Valley an der Elbe (vorerst) geplatzt. Intel hatte angekündigt, dass das Bauprojekt erst mal auf Eis gelegt wird. Wie es konkret weiter gehen soll, ist unklar, von einer Fortsetzung des Baus in zwei Jahren ist die Rede. Dabei war der Spatenstich für dieses Jahr angepeilt worden.

Es liegt nicht am Standort Deutschland

Intel-Chef Pat Gelsinger hat sich offenbar übernommen mit seiner Strategie. Die großen Investitionen waren offenbar zu viel des Guten, die Nachfrage nach Halbleitern hat sich nach dem Corona-Schock, während dessen viele Unternehmen auf Halde eingekauft haben, wieder eingependelt. Unter dem von vielen Firmen verordneten Sparkurs werden neben dem deutschen Standort auch solche in Polen und den USA leiden.

Auch setzen weiterhin andere Unternehmen darauf, in (Ost-)Deutschland Chips herzustellen. In Dresden will beispielsweise der taiwanesische Hersteller TSMC ab 2027 Halbleiter produzieren. An dem Standort Deutschland scheint es also nicht zu liegen, wie Ökonom Rüdiger Bachmann von der University of Notre Dame in Indiana gegenüber unserer Redaktion erklärt.

Gleichzeitig warnt er davor, sich zu sehr von Intel abhängig zu machen: "An solchen Beispielen sieht man die Nachteile einer auf einzelne Großunternehmen ausgerichteten Industrie- und Subventionspolitik." Hierbei könne immer wieder etwas passieren, auf das der Subventionsgeber keinen Einfluss habe, wie in diesem Fall gesehen.

Ökonom: Subventionen "hochproblematisch"

Auch Ökonom Stefan Kooths vom Kieler Institut für Weltwirtschaft kritisiert die Subventionen für Intel. "Ich halte schon die zehn Milliarden Euro für hochproblematisch", erklärte er in einem Interview der "Wirtschaftswoche". Intel werde ihm zufolge Fachkräfte brauchen, die anderswo abgeworben würden. "Der Staat zwingt somit letztlich Unternehmen, Subventionen zu finanzieren, mit denen der Empfänger ihnen die besten Leute abjagt. Marktwirtschaft geht anders."

Zudem sei Intel selbst "in schwerer See" und "kein starker Innovationsführer mehr". Kooths plädiert dafür, die Subventionen lieber in der Bildung oder der Infrastruktur zu investieren. Außerdem könnten damit Steuersenkungen ermöglicht werden. Er halte Investitionen überall dort für sinnvoll, "wo die Standortqualität insgesamt verbessert wird und alle Unternehmen davon profitieren können, vom Handwerksbetrieb bis zum großen Konzern."

Christian Lindner fordert Subventionen anderweitig zu verwenden

Finanzminister Christian Lindner plädiert ebenfalls dafür, die geplanten Subventionen anderweitig zu verwenden. Er möchte die rund zehn Milliarden lieber dafür verwenden, Haushaltslöcher zu stopfen. "Alles andere wäre keine verantwortungsbewusste Politik", so der FDP-Politiker am Dienstag auf X (vormals Twitter). Auch Kanzler Olaf Scholz zeigte sich bereit, zumindest einen Teil der Summe dafür zu verwenden.

Vize-Kanzler Robert Habeck erklärte hingegen, man werde gemeinsam beraten, wie mit nicht genutzten Mitteln sinnvoll und sorgsam umgegangen werde und diese zum Wohle des Landes einsetzen. Allerdings müssten die Gelder laut Auskünften des Bundeswirtschaftsministeriums im Klima- und Transformationsfonds bleiben. Das heißt, sie dürfen nicht für den Kernhaushalt verwendet werden.

Magdeburger OB hofft weiterhin auf Fortsetzung des Projekts

In Magdeburg selbst hofft man dagegen, dass die Investitionen am Standort erhalten bleiben. Gegenüber unserer Redaktion erklärte die Oberbürgermeisterin von Magdeburg, Simone Borris: "Es ist das gemeinsame Interesse aller Beteiligten, das Projekt weiterzuverfolgen und umzusetzen." Die Größe und Lage der von Intel erworbenen Fläche sei einzigartig und optimal für die Ansiedlung. Borris rechne daher damit, dass Intel in maximal zwei Jahren den Baustart vollziehen wird.

Man sei zwar wenig erfreut über den Baustopp, da bereits seit mehreren Jahren "mit Hochdruck" an der Umsetzung gearbeitet werde, trotzdem zeigt sich Borris optimistisch: "Gemeinsam mit dem Land Sachsen-Anhalt werden wir aber die für die Ansiedlung notwendigen und möglichen Planungen weiter fortsetzen und zeitnah die nächsten Schritte untereinander abstimmen."

Haseloff: An dem Projekt sollte festgehalten werden

Auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff sprach sich für eine Fortsetzung des Baus aus: "Ich weiß, was ich weiß. Und die Fakten, die dafür auch uns zugrunde liegen, einschließlich des Kanzleramts, einschließlich auch in Brüssel, sagen eins: An diesem Projekt sollte und muss aus logischen Gründen zum jetzigen Zeitpunkt festgehalten werden", erklärte er am Dienstag in Magdeburg.

Haseloff zufolge sei verabredet, dass eine Arbeitsgruppe einen Stand-by-Modus einrichten soll. Eine Gruppe mit Beteiligten aus Bundeskanzleramt, der sach­sen-an­hal­ti­nischen Staatskanzlei, Wirtschaftsministerium und Intel solle klären, was binnen des Zeitraums von zwei Jahren weiter aufrechterhalten werden soll, so der Ministerpräsident. Dabei gehe es beispielsweise um Antragstellungen.

Wirtschaft vor Ort setzt auf Umsetzung des Projekts

Auch die Wirtschaft in Magdeburg hofft, dass es eine Zukunft für Intel in Sachsen-Anhalt geben wird. Gegenüber unserer Redaktion erklärt die Industrie- und Handelskammer Magdeburg: "Die aktuelle Nachricht, dass Intel den Bau der Fabrik am Standort Magdeburg für die kommenden zwei Jahre auf Eis legt, ist sehr bedauerlich. Nichtsdestotrotz halten wir weiter an der Zusage fest, dass der Bau der Fabrik nur aufgeschoben und nicht vollständig abgesagt ist,"

Für die hiesige Wirtschaft sei daher nun wichtig, dass diese Zusage verbindlich untersetzt wird, damit Planungssicherheit für die Unternehmen entstehe. "Unabhängig davon dürfen wir jetzt nicht in Schockstarre verfallen, sondern die Rahmenbedingungen und die Attraktivität des Standortes für unsere ansässige Wirtschaft und Investoren weiter fördern und gestalten", so die IHK Magdeburg. Man gehe davon aus, dann in zwei Jahren das Projekt umsetzen zu können.

Über den Experten:

  • Rüdiger Bachmann ist ein deutsch-amerikanischer Wirtschaftswissenschaftler und Professor für Wirtschaftswissenschaften an der University of Notre Dame.

Quellen:

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

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