Intel versprach ein Werk in Magdeburg mit der modernsten Chipfertigung der Welt. Jetzt liegt das Projekt auf Eis. Aufgrund einer Finanzierungslücke im Haushalt diskutiert die Regierung nun, was mit dem Geld passieren soll.
Rückschlag für den Hightech-Standort Deutschland: Der US-Chiphersteller Intel verschiebt den Bau eines 30 Milliarden Euro teuren Werks in Magdeburg. 3.000 Arbeitsplätze sollten entstehen. Konzernchef Pat Gelsinger schätzt die Verzögerung auf zwei Jahre.
In der Ampelregierung streiten nun Wirtschaftsminister
Scholz: Keine voreiligen Entscheidungen
Die Bundesregierung wolle zugleich die Halbleiterentwicklung in Deutschland voranbringen und dafür Sorge tragen, "dass wir mit unseren Finanzen gut auskommen", sagte
Die Bundesregierung muss eine 12 Milliarden große Finanzierungslücke im Haushalt stopfen.
Lindner: Intel-Mittel für Haushalt reservieren - Habeck sieht das anders
"Alle nicht für Intel benötigten Mittel müssen zur Reduzierung offener Finanzfragen im Bundeshaushalt reserviert werden", schrieb Lindner auf der Online-Plattform X. "Alles andere wäre keine verantwortungsbewusste Politik."
Habeck sieht in dem verschobenen Baustart eine rein unternehmerische Entscheidung. Diese habe mit der Konzernpolitik und "Geldbedarfen" zu tun, sagte Habeck am Rande eines Start-up-Gipfels in Berlin. "Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht." Die beihilferechtliche Genehmigung der EU-Kommission stehe kurz bevor. "Wie jetzt konkret mit den reservierten Geldern zu verfahren ist, das werden wir hinter den Kulissen in der Regierung besprechen."
Habeck: Halten an unserer Strategie fest
Es ändere sich nichts am Ziel, die Halbleiterproduktion in Europa zu halten beziehungsweise aufbauen zu wollen. "Denn die Strategie ist ja nicht auf ein einziges Unternehmen ausgerichtet, sondern darauf, dass wir Wirtschaftssicherheit bekommen, dass wir in diesem kritischen Industriebereich eine gewisse Kompetenz auch in Europa haben und nicht zu 100 Prozent abhängig sind von südostasiatischen Märkten", sagte Habeck.
Die Fördermittel für Intel sollen aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) kommen - einem Sondertopf, über den der Bund Klimaprojekte, aber auch Ansiedlungen von wichtigen Technologien fördert. Für dieses Jahr sind im KTF für die Intel-Ansiedlung rund 4 Milliarden Euro vorgesehen. Aus dem Wirtschaftsministerium hieß es, die Intel-Gelder stünden nicht dem Kernhaushalt zur Verfügung.
Intel muss sparen und investiert in den USA
Intel hatte in Sachsen-Anhalt den Bau von zunächst zwei Chip-Fabriken angekündigt. Der erste Spatenstich war in diesem Jahr geplant. Doch allein im vergangenen Quartal fuhr der Konzern einen Milliardenverlust ein - und Analysten rechnen weiter mit roten Zahlen. Gelsinger kündigte im August den Abbau von rund 15.000 Arbeitsplätzen an - etwa 15 Prozent der Belegschaft. Insgesamt will er zum kommenden Jahr mehr als zehn Milliarden Dollar einsparen.
Noch vor wenigen Monaten hatte Gelsinger gesagt, dass in Magdeburg die modernsten Produktionsverfahren zum Einsatz kommen sollten, mit denen Intel zur erfolgreicheren Konkurrenz aufschließen will. Letztlich gewann bei der Abwägung von Standorten der Heimatmarkt. Gelsinger bekräftigte Investitionen in den US-Bundesstaaten Ohio, Arizona, Oregon und New Mexico - und kündigte einen zweijährigen Stopp auch für die Pläne in Polen an.
Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Sven Schulze (CDU) setzt weiter auf eine Ansiedlung. "Intel hält, wenn auch mit einer Verzögerung, weiter an dem Projekt fest", sagte er der Deutschen Presse-Agentur.
Magdeburg ist Teil eines teuren Intel-Rettungsplans
Gelsinger, der Anfang 2021 als Sanierer zu Intel zurückkam, hat einen ambitionierten - und teuren - Rettungsplan. Er will nicht nur erfolgreich eigene Chips entwickeln, sondern auch so gut in der Fertigung werden, dass sich andere Firmen für Intel als Auftragsproduzenten entscheiden.
Dafür werden Fabriken in eine eigenständige Einheit innerhalb des Konzerns ausgelagert. Und es sollen mehrere neue Werke gebaut werden - mit hohen staatlichen Subventionen. Dabei setzt Gelsinger auf die Angst vor Chip-Engpässen durch einen Konflikt zwischen China und Taiwan.
Ohne die Lieferungen des taiwanesischen Herstellers TSMC ginge im Westen sehr schnell kaum etwas, warnen Experten. Die Halbleiter-Knappheit in der Corona-Krise wäre dagegen vergleichsweise harmlos. (dpa/bearbeitet von lla)
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