Es steht nicht gut um den Standort Deutschland. Das Land befindet sich in einer Rezession. In der EU ist nur ein Land schlechter. Ein Experte hat Gründe dafür ausgemacht.

Mehr News zum Thema Wirtschaft

Deutschland kommt nicht vom Fleck. Die Wirtschaft schrumpft auch in diesem Jahr - es ist das zweite Mal in Folge. Konjunktur-Experten gehen von einem Minus von 0,2 Prozent in diesem Jahr aus. Besonders bitter: In der EU ist nur ein Land schlechter als Deutschland. In Estland schrumpft die Wirtschaft um ein halbes Prozent.

"Früher waren wir Wachstumslokomotive, jetzt sind wir fast Schlusslicht, ziehen unsere Nachbarn sogar mit runter", sagt der Ökonom Gunther Schnabl in der "Bild"-Zeitung. Der Wirtschaftsprofessor macht eine Reihe von Gründen aus, die für den wirtschaftlichen Niedergang verantwortlich sind.

Problem eins: Energiepreise

Aus der Industrie kommt immer wieder die Klage: Die Energiepreise sind zu hoch. Im internationalen Vergleich müssen deutsche Verbraucher und Firmen besonders viel zahlen. Ein Grund: Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine mussten die Gaslieferungen aus Moskau schnell ersetzt werden. Das hat geklappt - war aber teuer.

Und: Die Ampel-Koalition hat sich entschieden, die letzten noch laufenden Atomkraftwerke vom Netz zu nehmen. Damit hat sie das Stromangebot weiter verknappt. Ökonom Schnabl über die Folge: "Noch höhere Preise, die unserer Industrie schwer zu schaffen machen. Im Ausland ist Energie einfach billiger".

Problem zwei: hohe Lohnkosten

Die Lohnentwicklung in Deutschland ist positiv. Das ist auch ein Verdienst der Gewerkschaften, die hohe Lohnabschlüsse für die Beschäftigten durchsetzen konnten. Andererseits: Die Inflation war lange hoch. Erst jetzt nähert sie sich wieder dem Zwei-Prozent-Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB). Nur: Den Unternehmen setzt das zu. Zumal auch die Suche nach Fachkräften immer schwieriger wird.

Lesen Sie auch: SPD-Chef macht Bürgergeld-Ansage: "Es gibt kein Recht auf Faulheit"

Wirtschaftsexperte Schnabl sagte der "Bild", dass auch das Bürgergeld dazu beiträgt, dass weniger Menschen arbeiten. Die Ampel hatte es in der Vergangenheit stark erhöht, immer wieder gab es die Kritik, dass das Lohnabstandsgebot dadurch verletzt werde. Die Koalition hat für das nächste Jahr eine Nullrunde angekündigt. Die FDP wäre sogar noch einen Schritt weitergegangen. Parteichef und Finanzminister Christian Lindner hat sich für eine Kürzung ausgesprochen. Das ist mit SPD und Grünen allerdings nicht zu machen.

Problem drei: unsichere politische Entwicklung

Auch einige Ampel-Entscheidungen haben für Unruhe bei Verbrauchern und Wirtschaft gesorgt. Das Heizungsgesetz musste Wirtschaftsminister Robert Habeck vom Kopf auf die Füße stellen, auch die Prämie für E-Autos wurde erst gestrichen. Nun gibt es Überlegungen, sie wieder einzuführen. Auch beim Thema Bürgergeld ist unklar, wohin die Reise geht. Die CDU möchte es am liebsten wieder ganz abschaffen, die FDP zumindest reduzieren, SPD und Grüne halten weiter daran fest.

Ökonom Schnabl attestiert via "Bild": "Mangelnde Verlässlichkeit der Rahmenbedingungen. Ein Klima, in dem Unternehmen lieber im stabileren Ausland investieren, etwa in Polen, Ungarn oder USA."

Die Ampel steht vor dem "Herbst der Entscheidungen"

Gelingt der Ampel noch eine Trendwende? Es dürfte politisch ein spannender Herbst werden. Die FDP pocht darauf, dass ihre Wirtschaftswende umgesetzt wird. Und die Liberalen fordern nichts weniger als einen "Herbst der Entscheidungen". Dabei soll es auch und gerade um die wirtschaftliche Entwicklung gehen. Ein Bruch der Ampel ist längst nicht mehr ausgeschlossen. (fah)

Verwendete Quellen

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.