Ende April will sich die AfD ein Programm geben. Der Leitantrag verrät, wohin der Weg gehen soll: Weniger EU, weniger Steuern, weniger Asyl. Einige pikante Stellen aus einem ersten Entwurf wurden entschärft.

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Was die Alternative für Deutschland schon hat, ist Erfolg: Sie sitzt bereits in acht Landesparlamenten, obwohl die Partei erst vor etwas mehr als drei Jahren gegründet wurde. Ihr Aufstieg beruht auf wenigen Themen. Erst war es die Eurokrise, nun das Flüchtlingsthema.


Was die AfD noch nicht hat, ist ein übergreifendes Programm - dafür aber regelmäßig heftige Richtungsstreits, in deren Folge die Gruppe um Parteigründer Bernd Lucke austrat. Jetzt will die Alternative für Deutschland in eine neue Phase eintreten: Ende April soll ein Parteitag das erste Grundsatzprogramm verabschieden.

Nun liegt der noch unredigierte Leitantrag der zuständigen Parteikommission vor, der einen guten Einblick in die künftige Ausrichtung der AfD erlaubt.

Die Partei präsentiert sich in der Präambel als eine Vereinigung aus Konservativen und Liberalen, die sich "gegen neuen und alten Totalitarismus stellt" und sich dem "Weg in die Knechtschaft" verweigert, auf den die politische Elite die Bürger in "selbstherrlicher Willkür" führen will.

Dementsprechend liest sich der Text: teils wild durcheinander und mit einem Hauch Verschwörungstheorie versehen. Trotzdem lassen sich deutliche Schwerpunkte feststellen. Wir haben uns die wichtigsten Aussagen angeschaut - und analysiert, welche Stellen aus dem vor zwei Wochen geleakten vorherigen Entwurf wieder herausgestrichen wurden.

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Weniger Macht für die Parteien, mehr direkte Demokratie

Die AfD macht die Parteien verantwortlich für die Politikmüdigkeit der Bürger. "Es hat sich eine politische Klasse von Berufspolitikern herausgebildet, deren vordringliches Interesse ihrer Macht, ihrem Status und ihrem materiellen Wohlergehen gilt."

Dagegen richten sich gleich mehrere Vorschläge, die teils auch von anderen Parteien schon eingebracht wurden: Verkleinerung der Parlamente, weniger Geld für die Parteien, Verbot von Nebentätigkeiten, Trennung von Amt und Mandat, Amtszeitbegrenzung selbst für den Bundeskanzler.


Noch wichtiger ist der Partei allerdings die Schaffung einer direkten Demokratie durch Volksabstimmungen nach Schweizer Vorbild. Ohne ein solches Plebiszit soll weder die Verfassung geändert noch ein "bedeutsamer völkerrechtlicher Vertrag" geschlossen werden.

Diese Forderung ist laut Programm unumstößlich: Eine Regierung mit der AfD wird es nur geben, wenn Volksabstimmungen eingeführt werden.

Alles Schlechte kommt aus Brüssel

Ein Kernstück des Programms findet sich unter Punkt 2: "Euro und Europa". Es ist das Paradethema der AfD, dementsprechend liest sich dieser Teil detaillierter und konkreter als der Rest des Entwurfs.

Die wichtigste Forderung hat es in sich: "Ein Austritt Deutschlands aus der Währungsunion ist aus nationalem und auch europäischem Interesse unausweichlich."

Wenn die AfD an der Regierung sei, behalte sie sich den Austritt vor. Zum jetzigen Zeitpunkt fordert sie eine Volksabstimmung über den Verbleib in der Eurozone. Die Europäische Union will die AfD entmachten und in eine wie auch immer geartete lose Wirtschafts- und Interessengemeinschaft verwandeln.

Eine Obergrenze für Asyl

"Die AfD will das individuelle Asylgrundrecht abschaffen" und einen Aufnahmestopp verhängen, das stand im vor einigen Wochen geleakten Programmentwurf.

Im Leitantrag fehlen diese Passagen. Dafür unterscheidet die AfD zwischen Wirtschaftsflüchtlingen, die konsequent abgeschoben werden müssten, und "echten" Flüchtlingen, denen zumindest auf Zeit Schutz zu gewähren sei.


Wenn Staat und Gesellschaft damit jedoch überfordert seien - und das ist, wenn man die Wahlkampfrhetorik der vergangenen Wochen und Monate betrachtet, laut AfD schon jetzt der Fall - soll eine Obergrenze eingeführt werden.

Ein interessanter, weil recht progressiver und in der Sache sinnvoller Passus findet sich etwas versteckt im Abschnitt über Rückführungen von abgelehnten Asylbewerbern:

"Die Fluchtursachen in den Herkunftsländern müssen bekämpft werden, auch wenn dies für die westliche Wirtschaft nachteilig ist."

Konkret fordert die AfD unter anderem: Kein Elektroschrott mehr nach Afrika, kein Waffenexport, Exportstopp für subventionierte Lebensmitteln, Abzug der Fischereiflotten aus fremden Gewässern.

Pegida schreibt mit

Die Ansage zum Umgang mit dem Islam könnte klarer nicht sein: "Der Islam gehört nicht zu Deutschland". Laut einer internen Mail von Beatrix von Storch, aus der "Correctiv!" zitiert, hält die AfD-Vizechefin dieses Thema für das "brisanteste" im Programm.

Tatsächlich sind die Forderungen weitreichend und laufen auf eine Konfrontation mit den Muslimen in Deutschland hinaus:

Keine Auslandsfinanzierung für Moscheen, Verschleierungsverbot in der Öffentlichkeit, Schließung von Koranschulen. Selbst Minarette und Muezzin-Rufe sollen verboten werden.

Interessant: Das Kapitel zum Verbot der rituellen Beschneidung, das in der Vorabversion zu finden war, steht zwar noch im Inhaltsverzeichnis, aber nicht mehr im Text.

Umweltschutz ja, Klimaschutz nein

Der menschengemachte Klimawandel ist für die AfD nur ein Mythos, oder schlimmer noch: Eine Verschwörung, die der Einschränkung der persönlichen und wirtschaftlichen Freiheit dient. Zwar bekennt sich die Partei zum Umweltschutz, den CO2-Ausstoß will sie aber nicht reduzieren und schon gar nicht mit Abgaben belegen. Die Antwort auf die Energiefrage: Die Laufzeit der Atomkraftwerke wird verlängert.

Steuern nicht nur runter, sondern weg


Vermögens- und Erbschaftssteuer leisteten nur einen marginalen Beitrag zum Staatshaushalt, konstatiert die AfD. Die Antwort heißt für die Partei nicht etwa Anhebung, sondern Abschaffung dieser Steuern, zusammen mit der Gewerbesteuer.

Wie das finanziert werden soll, wird nicht klar. Aus neuen Steuern eher nicht, stattdessen schwebt der AfD zusätzlich zur Ausgabenbremse eine Steuer- und Abgabenbremse vor.


Ein traditionelles Familien- und Frauenbild

Die AfD ist nicht nur konservativ, sie will auch die Uhren zurückdrehen. Nirgendwo wird das so deutlich wie in den Programmpunkten zu Familie und Sexualität.

So sehr die Partei auch in der Präambel betont, sie sei liberal und stehe für individuelle Lebensentwürfe ohne staatliche Bevormundung: Hier endet die Liberalität.

Heterosexuelle, verheiratete Paare mit möglichst vielen Kindern, die so lange wie möglich von der Frau betreut werden - so sieht eine deutsche Familie für die AfD aus.

Dieses Modell soll der Staat bestmöglich fördern, alle anderen nur nachrangig. Einige umstrittene Forderungen der ersten Version wurden allerdings kassiert:

Bei Scheidungen soll nicht mehr die "Schuldfrage" berücksichtigt werden, und Alleinerziehenden nicht jegliche Zuwendung verweigert werden.

Der Ruf nach schärferen Bestimmungen für Abtreibungen ist geblieben: "Abtreibung ist kein Menschenrecht."

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