- Lange wurde über die bundesweite Corona-Notbremse diskutiert, jetzt ist es ganz schnell gegangen.
- Am Mittwoch stimmte der Bundestag ab, am Donnerstag billigte der Bundesrat das umstrittene Gesetz - sichtlich zähneknirschend.
- Die Länderchefs sparten bei der Aussprache nicht mit Kritik.
Der Bundesrat hat das geänderte Infektionsschutzgesetz mit der Corona-Notbremse trotz massiver Kritik passieren lassen. In einer Sondersitzung verzichtete die Länderkammer am Donnerstag darauf, den Vermittlungsausschuss zu dem Gesetz anzurufen, das der Bundestag am Vortag verabschiedet hatte. Es gab keine förmliche Abstimmung.
Bundespräsident
Ministerpräsidenten äußern erhebliche Kritik an Bundes-Notbremse
Alle sechs Ministerpräsidenten, die sich in der Aussprache im Bundesrat zu Wort meldeten, äußerten erhebliche Bedenken. Sie erkannten aber wegen der anhaltenden Corona-Pandemie den Handlungsbedarf an und wollten das Gesetz daher nicht aufhalten.
Die Ministerpräsidenten sahen durch die Bank verfassungsrechtliche Bedenken - insbesondere wegen der starren Notbremse - und Probleme bei der praktischen Umsetzung. Sie monierten, dass der Bund nicht die Erfahrungen der Länder in der Pandemiebekämpfung berücksichtigt habe.
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Bundesratspräsident
Der saarländische Regierungschef Tobias Hans (CDU) betonte: "Ob diese Kompetenzverlagerung auf die Bundesebene eine wirkungsvollere Art der Pandemiebekämpfung darstellt, dieser Beweis, der ist noch nicht erbracht. Und der muss erbracht werden."
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Bundesgesundheitsminister
"Seit Anfang März sind die Instrumente ja alle benannt, aufgeschrieben, eigentlich vereinbart und geeint, inklusive der Ausgangsbeschränkungen", sagte er. "Und da müssen wir uns ehrlich machen: Obwohl Bund und Länder dasselbe wollen, ist bei vielen der Eindruck entstanden, wir würden nicht am selben Strang ziehen in den letzten Wochen." Das einheitliche Handeln, so der Eindruck, sei verloren gegangen. Das Gesetz sei "das Ergebnis all dieser Entwicklungen".
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Bouffier bedauerte es, "dass der Bundestag die Chance hat verstreichen lassen, viele Erfahrungen der Länder, die wir aus einem Jahr praktischem Krisenmanagement gesammelt haben, mehr und intensiver aufzunehmen". Das hätte die Akzeptanz in der Bevölkerung deutlich erhöhen können.
Der niedersächsische Regierungschef
Zustimmung des Bundesrates war nicht nötig
Gezogen werden soll die Notbremse, wenn in einem Landkreis oder einer Stadt die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen an drei Tagen hintereinander über 100 liegt. Dann dürfen Menschen ab 22:00 Uhr die eigene Wohnung in der Regel nicht mehr verlassen. Alleine spazierengehen und joggen ist bis Mitternacht erlaubt.
Es darf sich höchstens noch ein Haushalt mit einer weiteren Person treffen, wobei Kinder bis 14 Jahre ausgenommen sind. Läden dürfen nur noch für Kunden öffnen, die einen negativen Corona-Test vorlegen und einen Termin gebucht haben. Präsenzunterricht an Schulen soll ab einer Inzidenz von 165 meist gestoppt werden.
Das vom Bundestag am Mittwoch beschlossene Gesetz ist ein Einspruchsgesetz. Das heißt, eine Zustimmung des Bundesrates war nicht nötig. Die Länderkammer hätte aber den Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag anrufen und das Gesetz damit zeitlich aufhalten können. (jwo/dpa)
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