• Verglichen mit Europa sind die Corona-Zahlen in Teilen Asiens - sieht man besonders von Indien ab - verhältnismäßig niedrig.
  • Wieso haben diese Länder die Pandemie so gut unter Kontrolle?
  • Unter anderem begünstigten kulturelle Faktoren die Pandemie-Bekämpfung.

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Das "Road to Ultra Festival" war das erste größere Festival seit vielen Monaten in Taiwan. Es zeigt, dass der ostasiatische Inselstaat die Pandemie voll im Griff hat.

Wie aber kann es sein, dass in Taiwan praktisch das "normale" Vor-Corona-Leben stattfindet und bei uns nicht? Das liegt vor allem an der frühen Reaktion von Taiwans Behörden.

Diese haben eine Ausbreitung des Coronavirus von Anfang an verhindert – und zwar schon lange bevor die Weltgesundheitsorganisation Ende Januar den Notstand ausgerufen hatte. Lediglich 639 Infizierte (Stand: 27. November) bei mehr als 23 Millionen Einwohnern wurden laut Johns Hopkins Universität offiziell gemeldet, sieben Menschen starben.

Strenge Quarantänebestimmungen und Kontrollen

Bereits Ende vergangenen Jahres wurden in Taiwan Passagiere aus Wuhan kontrolliert. Anfang Februar beschloss das taiwanische Außenministerium, die Einreise für Personen, die in den zurückliegenden 14 Tagen in China waren, zu verbieten.

Einreisende aus anderen Ländern mussten in eine zweiwöchige Quarantäne, ebenso wie Kontaktpersonen von Infizierten. Damit diese Personen während der Quarantäne auch tatsächlich keinen Fuß vor die Tür setzen konnten, wurde ihr Handy per GPS überwacht. Bei nicht beantworteten Kontrollanrufen stand außerdem sofort jemand parat, der überprüfte, ob die Person zu Hause war.

Taiwan hatte aufgrund seiner Erfahrungen mit der ersten SARS-Epidemie 2002/03 zudem Masken und medizinisches Material eingelagert. Darüber hinaus wurden bereits Ende Januar knapp zwei Millionen Masken am Tag produziert, im April waren es sogar fast 20 Millionen pro Tag.

Außerdem lagen Notfallpläne vor, sodass Taiwan mit klaren Managementstrukturen für die Reaktion des öffentlichen Gesundheitswesens sowie einer proaktiven Kommunikation auf die Coronavirus-Pandemie reagieren konnte. Durch die Erfahrung mit SARS war die Bevölkerung außerdem sehr kooperationsbereit.

Hongkong, Japan und Südkorea setzten auf umfangreiches Testen

Aber auch andere asiatische Staaten waren sich der Gefahr durch SARS-CoV-2 früher bewusst und reagierten deswegen deutlich schneller als beispielsweise Europa.

Eine der wichtigsten Strategien in Hongkong, Japan und Südkorea war dabei ein schnelles und umfangreiches Testen. Die Tests waren kostenlos, die Drive-in-Testzentren konnten einfach mit dem Auto angefahren werden und die Ergebnisse wurden innerhalb von 24 Stunden übermittelt. Dadurch wurde ein Ansturm auf die Krankenhäuser verhindert, in denen die Ansteckungsgefahr noch größer gewesen wäre. Fiel ein Test positiv aus, wurden die Infizierten direkt in Quarantäne geschickt.

Auch die Nachverfolgung von Kontaktpersonen lief anders ab als in Europa. So wurde neben der klassischen Nachverfolgung der Kontakte auch abgefragt, wo sich der Patient seiner Meinung nach infiziert habe. Besonderes Augenmerk legten die Behörden dabei auf "typische Sozialsituationen", in Japan etwa Karaoke-Bars.

Als Japan im Sommer kurz vor einem größeren Ausbruch stand, begrenzte das Land die Neuinfektionen schnell, indem es sich gezielt auf sogenannte Superspreader-Events konzentrierte.

Südkorea wertete GPS-Daten und Kreditkarten-Transaktionen aus

In Südkorea wurden medizinische Aufzeichnungen, GPS-Daten, Kreditkarten-Transaktionen und Aufnahmen von Überwachungskameras herangezogen, um das Ansteckungsrisiko von Patienten zu bewerten.

Auf Grundlage dieser Daten wurden deren Kontaktpersonen unter Umständen in die häusliche Quarantäne geschickt. Betroffene mussten die Behörden morgens und abends per App über Krankheitssymptome wie Fieber oder Husten informieren. Blieb die Meldung aus, rief ein Beamter an. Außerdem wurden ihre Bewegung per GPS überwacht.

In China wurde Wuhan, die Stadt mit den ersten COVID-19-Fällen, nach anfänglichem Zögern der chinesischen Regierung rigoros abgeriegelt.

Krankenhäuser wurden innerhalb weniger Tage neu gebaut, eigene COVID-19-Stationen geschaffen und eine nicht dringende medizinische Versorgung verzögert. An den meisten wichtigen Verkehrsknotenpunkten im ganzen Land wurden Gesundheits- und Temperaturkontrollstellen eingerichtet. Darüber hinaus führten die Chinesen eine groß angelegte Kontaktverfolgung ein.

Kulturelle Faktoren begünstigen die Pandemie-Bekämpfung

Neben all diesen Maßnahmen profitierten die asiatischen Länder zum Teil auch von ihrer Insellage sowie der konsequenten Schließung ihrer Grenzen. Japan und Taiwan sind Inseln, Südkorea befindet sich durch den Konflikt mit Nordkorea gewissermaßen auch in einer Insellage.

Schon vor der Abriegelung wurde an den meisten asiatischen Flughäfen Fieber gemessen, ebenso wie beispielsweise vor Supermärkten. Durch ihre bisherigen Pandemie-Erfahrungen hatten viele Länder bereits ausgearbeitete Krisenpläne. Es gab außerdem mehr Schutzmaterial und Masken. Darüber hinaus war das Public-Health-System für den Fall der Fälle bereits aufgebaut.

Aber auch kulturelle Aspekte haben in der Pandemie-Bekämpfung sicherlich eine Rolle gespielt. Denn Asiaten sind das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes gewohnt ­­– einerseits, um andere Menschen vor einer Ansteckung mit Viren oder Keimen zu bewahren, andererseits, um sich selbst vor der hohen Luftverschmutzung in den Metropolen zu schützen.

Insbesondere in öffentlichen Verkehrsmitteln tragen viele Menschen in China, Hongkong, Japan und Südkorea schon lange eine Atemschutzmaske. In Zügen sind die Fenster in der Regel geöffnet und es wird geschwiegen, denn lautes Reden und Telefonieren gilt hier als unhöflich.

Händeschütteln ist in Asien ebenfalls nicht üblich. Stattdessen verbeugt man sich in einigem Abstand voreinander. Auch ein körperlicher Kontakt zu Fremden ist in vielen ostasiatischen Ländern eher ungebräuchlich.

Verwendete Quellen:

  • Johns Hopkins University: COVID-19 Dashboard
  • Businessinsider.de: Warum Asien keinen generellen Lockdown braucht, um die Corona-Pandemie unter Kontrolle zu halten

Zusätzliche Messungen zu Corona-Lage in Bussen und Bahnen

Das Bundesverkehrsministerium will mögliche Ausbreitungswege des Coronavirus im Öffentlichen Personenverkehr noch tiefgehender untersuchen lassen. Ein Forscherteam, das vom Fraunhofer-Institut für Bauphysik geleitet wird, soll in Kürze mit Messungen in Bussen und Bahnen, an Bahnhöfen und an Haltestellen beginnen.
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