• Die Luftbrücke nach Afghanistan ist beendet, alle deutschen Soldaten, Diplomaten und Polizisten haben das Land verlassen.
  • Die Bundesregierung bekräftigt aber, dass die Hilfsaktion für Schutzsuchende in Afghanistan damit nicht beendet ist.
  • Dafür allerdings sind Verhandlungen mit den Taliban nötig.

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Unter dramatischen Umständen hat die Bundeswehr ihre Luftbrücke aus der afghanischen Hauptstadt Kabul am Donnerstag nach elf Tagen beendet. Der Start der letzten Maschinen ins Nachbarland Usbekistan wurde von seit Tagen befürchteten Terroranschlägen vor den Toren des Flughafens überschattet. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nannte die Attacken "absolut niederträchtig", Außenminister Heiko Maas (SPD) bezeichnete sie als "ekelhaft".

Auch nach dem Abzug der Bundeswehr will die Bundesregierung deutschen Staatsbürgern und schutzsuchenden Afghanen bei der Ausreise helfen. "Unsere Sorge um diejenigen, die sich mit uns zusammen in Afghanistan für Sicherheit und Freiheit eingesetzt haben, die endet nicht", erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert. "Wir werden auch nach dem Ende der Luftbrücke, auch unter den neuen Realitäten alles in unseren Kräften tun, um diesen Menschen zu helfen."

Kramp-Karrenbauer: "So viele Menschen wie möglich außer Landes" gebracht

Die Bundesregierung hatte den größten Evakuierungseinsatz in der Geschichte der Bundeswehr vergangenen Montag kurz nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan gestartet. "Die Bundeswehr hat nachgewiesen, dass sie in einer hochkomplexen, hochsensiblen und hochgefährlichen Lage handeln kann", sagte Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU). Bis zum letzten Moment habe sie dafür gesorgt, "dass wir so viele Menschen wie möglich außer Landes bringen konnten".

Nach Angaben der Ministerin wurden 5.347 Menschen aus mindestens 45 Ländern evakuiert, darunter rund 500 Deutsche und mehr als 4.000 Afghaninnen und Afghanen. Nun haben alle deutschen Soldaten, Diplomaten und Polizisten das Land verlassen.

Merkel, Maas und Kramp-Karrenbauer betonten aber, dass die Bundesregierung weiter versuchen wird, schutzbedürftigen Menschen die Ausreise zu ermöglichen. "Wir beenden die Luftbrücke mit dem heutigen Tag", sagte die Kanzlerin, fügte aber hinzu: "Wir sind mit Hochdruck und Nachdruck dabei, eben Bedingungen auszuhandeln mit den Taliban darüber, wie weitere Ausreisen auch möglich sein werden."

Auch Innenminister Horst Seehofer (CSU) hatte sich bereits für die rasche Aufnahme von ehemaligen Ortskräften und anderen besonders schutzbedürftigen Menschen aus Afghanistan stark gemacht. "Das Wichtigste sind die Gespräche mit den Taliban, dass die Menschen sicher ausfliegen können", sagte Seehofer.

Mit Blick auf einzelne abgeschobene Straftäter, denen es gelungen war, über die Evakuierungsflüge nach Deutschland zu gelangen, sagte Seehofer, diese hätten ihre Unterlagen gefälscht. "Wenn man eine unbürokratische Lösung will, bekommt man auch ein gewisses Risiko, aber in einer Notsituation nehmen wir das Risiko in Kauf", fügte er hinzu.

Verhandlungen mit den Taliban über weiteres Vorgehen

Der deutsche Gesandte Markus Potzel verhandelt seit Tagen in Katar mit dem politischen Arm der Taliban. Dabei geht es um den Weiterbetrieb des Flughafens in Kabul, aber auch um die Ausreise auf dem Landweg. "Die militärische Evakuierung ist nun beendet. Aber unsere Arbeit geht weiter und zwar so lange, bis alle in Sicherheit sind, für die wir in Afghanistan Verantwortung tragen", sagte Maas. "Deshalb geht unsere Hilfsaktion heute in eine neue Phase."

Mit den noch in Afghanistan verbliebenen Deutschen bleibe man weiter in Kontakt und arbeite daran, "sie mit einer organisierten Ausreise zu unterstützen". Maas machte aber auch klar, dass man sich weiter darum kümmern wird, dass Afghanen das Land verlassen können. "Wir werden auch alles daran setzen, den Ortskräften, die jetzt noch in Afghanistan sind, die Ausreise zu ermöglichen. Und das gilt für die gesamte Bundesregierung."

Die Botschaften in den Nachbarstaaten hätten die Anweisung, allen ehemaligen Mitarbeitern von Bundeswehr und Bundesministerien, die bereits eine Aufnahmegenehmigung haben, Einreisepapiere zu erteilen.

Auch für andere besonders gefährdete Afghanen werde eine "Ausreiseperspektive" geschaffen. "Sie werden von uns eine Aufnahmezusage bekommen, mit der sie bei unseren Botschaften in den Nachbarstaaten schnell und unkompliziert Visa für Deutschland erhalten können."

Für Sonntag kündigte Maas eine Reise in drei Nachbarländer Afghanistans an: Usbekistan, Pakistan und Tadschikistan. (dpa/mko)

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