Die Corona-Pandemie hat auch die deutschen Planungen für die EU-Ratspräsidentschaft durcheinander gebracht. Anfang Juli geht es los. Nun hat Kanzlerin Angela Merkel einen Einblick in die Ziele geben.
Bundeskanzlerin
Europa muss die Corona-Pandemie nach ihren Worten auch dazu nutzen, wichtige Reformen voranzubringen. Wie Europa die Krise bewältige, werde über seinen Wohlstand und seine Rolle in der Welt entscheiden, bemerkte die CDU-Politikerin. Zugleich befinde sich Europa in einem tiefengreifenden Umbruch, sagte sie und verwies auf den Klimawandel und die Digitalisierung, die das Zusammenleben fundamental verändere.
Daher müsse aus der Pandemie heraus der Wandel gestärkt und beschleunigt werden. Davon hänge auch ab, ob Europa nach der Pandemie kreative und stabile Unternehmen habe. Andere Staaten schliefen nicht. Denn die Pandemie habe gezeigt, wie abhängig Europa von Drittstaaten sei. Europa sei verwundbar. Die Krise lasse sich entsprechend nur in dem Sinne überwinden, wenn in Europa zusammengearbeitet werde.
Solidarität und Zusammenhalt in Europa
"Kein Land kann die Krise isoliert und allein bestehen", sagte Merkel in der Regierungserklärung. Noch nie seien Solidarität und Zusammenhalt in Europa so wichtig gewesen. Die Pandemie habe offengelegt, wie fragil das europäische Projekt noch sei. Erste Reflexe, auch in Deutschland, seien eher national und nicht durchgehend europäisch gewesen. Dies sei unvernünftig gewesen.
Die Corona-Pandemie hat die Planungen der Bundesregierung für die EU-Ratspräsidentschaft spürbar durcheinander gebracht. So wurde ein für den 14. September in Leipzig geplanter EU-China-Gipfel wegen der Krise verschoben. Er soll jedoch nachgeholt werden.
Europa muss nach Auffassung Merkels auch angesichts der Corona-Pandemie mehr Verantwortung in der Welt übernehmen. "Und das in einer Zeit, in der das politische Klima nicht nur in Europa, sondern auch weltweit rauer geworden ist", sagte Merkel. "Die Welt braucht gerade in dieser Zeit Europas starke Stimme für den Schutz der Menschenwürde, der Demokratie und der Freiheit."
In ihrer Rede verteidigte Merkel erneut die weitreichenden Einschränkungen von Freiheitsrechten zur Virus-Eindämmung, auch wenn dies ein sehr hoher Preis gewesen sei und kritische Diskussionen ausgelöst habe. Die Maßnahmen seien aber unverzichtbar gewesen, manche, wie der Mindestabstand, seien es weiterhin.
Merkel verteidigt milliardenschweren EU-Wiederaufbaufonds
Bei einem EU-Gipfel an diesem Freitag wird es um den EU-Haushalt und das Wiederaufbauprogramm gehen, das die europäische Wirtschaft nach der Corona-Krise wieder stark machen soll. Beide Themen werden auch die am 1. Juli beginnende und bis zum Jahresende dauernde deutsche EU-Ratspräsidentschaft bestimmen.
In ihrer Rede verteidigte Merkel den geplanten milliardenschweren EU-Wiederaufbaufonds als Mittel gegen Radikale und die Spaltung in Europa. "Wir dürfen nicht naiv sein: Die antidemokratischen Kräfte, die radikalen, autoritären Bewegungen, warten ja nur auf ökonomische Krisen, um sie dann politisch zu missbrauchen", sagte sie. "Wir werden entschlossen der Gefahr entgegenarbeiten, dass sich dauerhaft ein tiefer Spalt durch Europa zieht."
Unter lautem Applaus rief sie nach Reaktionen aus der AfD-Fraktion, da scheine "sich jemand angesprochen zu fühlen". Die Radikalen "warten nur darauf, soziale Ängste zu schüren und Unsicherheiten zu verbreiten", bemerkte Merkel weiter. Sich für eine nachhaltige Entwicklung in allen Regionen Europas einzusetzen, "ist auch ein politisches Instrument gegen Populisten und Radikale".
Merkel und Macron schlagen Hilfsfonds vor
Merkel und der französische Präsident Emmanuel Macron hatten einen Hilfsfonds in Höhe von 500 Milliarden Euro vorgeschlagen. Kritiker in der EU wie Österreich und Dänemark lehnen einen solchen Fonds ab, weil das Geld in Form von nicht zurückzuzahlenden Zuschüssen vergeben werden soll. Die EU-Kommission präsentierte anschließend einen Wiederaufbauplan im Wert von 750 Milliarden Euro. Dieser soll auf Kredit finanziert und bis 2058 abbezahlt werden.
Merkel sagte, sie werde sich für eine möglichst schnelle Einigung zum mehrjährigen Finanzrahmen der EU als auch für den EU-Wiederaufbaufonds einsetzen. Beim EU-Gipfel an diesem Freitag sei aber nur ein erster Austausch geplant, anschließend werde es intensive Konsultationen geben. Entscheidungen werde es erst bei einem physischen Zusammentreffen geben können. (dpa/mf) © dpa
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.