• Über die Hälfte der französischen Atomkraftwerke sind derzeit nicht in Betrieb.
  • Deutschland muss dem französischen Nachbarn mit Stromlieferungen aushelfen.
  • Welche Folgen ergeben sich daraus für uns?
Ein Interview

Nun sollen zwei Atomkraftwerke doch länger laufen als geplant. Dies verkündete kürzlich Wirtschaftsminister Robert Habeck. Grund hierfür seien die Probleme in der Stromversorgung in Frankreich. Warum dies so ist und welche Folgen hieraus für Deutschland entstehen, erklärt der Energieexperte Malte Küper vom Institut der Deutschen Wirtschaft Köln.

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Herr Küper, warum sind derzeit so viele Atomkraftwerke in Frankreich abgeschaltet?

Malte Küper: Ende August waren in Frankreich 32 der 56 Atomkraftwerke außer Betrieb. In dieser Woche sind es noch 27 Kraftwerke. Beim Großteil liegt dies an regulären Wartungsarbeiten. Andere stehen für Untersuchungen oder Reparaturen still: Ende 2021 wurden im Rahmen der alle zehn Jahre stattfindenden Sicherheitsüberprüfung am Reaktor Civaux-1 Risse an Schweißnähten in einem Sicherheits-Einspeisesystem für Kühlwasser entdeckt.

Da eine einwandfreie Funktion dieses Reservesystems zu jeder Zeit sichergestellt sein muss, wurde der Reaktor folgerichtig heruntergefahren. 12 weitere Reaktoren wurden daraufhin ebenfalls überprüft und teilweise repariert. Bis Ende des Jahres sollen nach Plänen des Betreibers die meisten dieser Kraftwerke wieder ans Netz gehen. Ob dieser Zeitplan einzuhalten ist, bleibt allerdings abzuwarten.

Experte: Probleme in französischen Atomkraftwerken haben "keine zusätzlichen Sicherheitsrisiken" für Deutschland zur Folge

Bestehen durch diese Probleme in französischen Kraftwerken Sicherheitsrisiken, die bis nach Deutschland reichen können?

Es bestehen keine zusätzlichen Sicherheitsrisiken für Deutschland. Generell bleibt die Atomkraft allerdings eine Hochrisikotechnologie.

Warum haben ausgerechnet nicht regelmäßig laufende Atomkraftwerke solch weitreichende Folgen für die Energieversorgung eines Landes?

Atomkraftwerke haben meist eine sehr große Leistung von 1.000 bis 1.500 Megawatt. Dies ist zwar vorteilhaft, um möglichst viel Strom zu erzeugen, gleichzeitig besteht ein erhebliches "Klumpenrisiko", wenn wie derzeit in Frankreich mehrere dieser Blöcke ausfallen.

Bundesnetzagentur: Privater Gasverbrauch steigt zu stark

In den Vergleichswochen der Vorjahre war der private Gasverbrauch in Deutschland deutlich geringer als aktuell. Für die Bundesnetzagentur ein Grund zur Sorge: "Da wird es auf jeden Einzelnen ankommen." (Bildcredit: imago/Rene Traut)

Energiekrise in Frankreich: Das sind die Folgen für Deutschland

Was sind die Gründe dafür, dass die aktuelle Energiekrise in Frankreich auch Auswirkungen bis nach Deutschland hat?

Um die in Frankreich fehlenden Mengen auszugleichen, exportiert Deutschland seit Anfang des Jahres mehr Strom als üblich. Gleichzeitig kommt bei uns auch weniger Strom aus Frankreich an. Im Saldo wurde zwischen Januar und August 2022 bereits mehr Strom nach Frankreich geliefert, als in den gesamten Jahren 2018 bis 2021. Durch die gestiegene Stromnachfrage aus Frankreich muss in Deutschland nun mehr Strom produziert werden – auch aus Gas, das wir ja eigentlich in der jetzigen Situation einsparen müssen.

Welche energiepolitischen Folgen entstehen dadurch in Deutschland?

Die Situation in Frankreich hat einen großen Einfluss auf den geplanten Atomausstieg in Deutschland Ende des Jahres, der nach den jüngsten Äußerungen von Robert Habeck wohl bei zwei der drei AKW um einige Monate verschoben wird. Generell ist das europäische Stromsystem allerdings auch für Deutschland sehr vorteilhaft und auch die Bundesrepublik profitierte in den vergangenen Jahren von Importen aus dem Ausland. Die jetzige Krise kann ohnehin nur gemeinsam europäisch bewältigt werden.

Über den Experten:

Malte Küper ist Referent für Energie am Institut der Deutschen Wirtschaft Köln mit dem Kompetenzfeld Umwelt, Energie, Infrastruktur. Er studierte Energietechnik an der TH Köln und der University of Victoria (Kanada).

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