Asylsuchende werden auf ihrer Flucht nach Europa in Nordafrika wohl gezielt aufgegriffen und in entlegene Gebiete ausgesetzt. Das legt zumindest ein Bericht nahe. Die EU-Kommission reagiert ausweichend.

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Sicherheitskräfte in EU-Partnerländern im Norden Afrikas gehen einem Medienbericht zufolge rücksichtslos gegen Asylsuchende vor: Die Sicherheitskräfte würden systematisch die Schutzsuchenden aufgreifen und anschließend mit Wissen der Europäer in entlegenen Gebieten aussetzen, hieß es in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht des "Spiegel" und des Bayerischen Rundfunks unter Berufung auf gemeinsame Recherchen mit der Plattform Lighthouse Reports und weiteren internationalen Medien.

Die Migranten würden auf ihrer Flucht nach Europa aufgegriffen und bisweilen mitten in der Wüste zurückgelassen. Die EU-Staaten rüsten demnach in Marokko, Tunesien und Mauretanien jene Einheiten aus, die für diese Aktionen verantwortlich sein sollen. "Sie trainieren Beamte, liefern Busse und Pick-ups. Dieselben Fahrzeugmodelle sind zum Teil in Videos der Festnahmen zu sehen", heißt es in dem "Spiegel"-Bericht.

EU strebt Aufbau strategischer Partnerschaften mit Herkunfts- und Transitländern an

Im Bemühen, die illegale Migration einzudämmen, strebt die EU den Aufbau strategischer Partnerschaften mit den Herkunfts- und Transitländern von Flüchtlingen an. Im Februar sagte die EU Mauretanien Finanzmittel in Höhe von 210 Millionen Euro für die Steuerung der Migration im Rahmen einer verstärkten Zusammenarbeit zu. Im Juli vergangenen Jahres war bereits ein Abkommen mit Tunesien unterzeichnet worden.

Für ihre Recherche reisten die Reporterinnen und Reporter dem Bericht zufolge nach Tunesien, Marokko und Mauretanien. Sie verifizierten demnach Videos, filmten einige der kritisierten Aktionen selbst und werteten Satellitenbilder sowie vertrauliche Dokumente aus. Zudem führten die Journalisten nach eigenen Angaben Gespräche mit dutzenden Migranten, Diplomaten, EU-Beamten und Polizisten.

Asylsuchende schildern Aussetzen in entlegene Gebiete

Mehr als 50 Asylsuchende schilderten den Reportern laut dem "Spiegel"-Bericht, wie sie von Sicherheitskräften in entlegenen Gebieten ausgesetzt wurden. Die Regierungen Mauretaniens, Tunesiens und Marokkos bestritten demnach jegliche Menschenrechtsverletzungen. Die EU-Kommission betonte laut "Spiegel", sie erwarte von ihren Partnern, dass diese internationale Verpflichtungen erfüllten, letztendlich seien die Länder aber selbst für ihre Sicherheitskräfte verantwortlich.

Die Bundespolizei trainiert und rüstet seit 2015 die tunesische Nationalgarde aus, die in dem Bericht für die Verschleppung von Asylsuchenden verantwortlich gemacht wird. Das Bundesinnenministerium erklärte den Angaben zufolge, dass es großen Wert darauf lege, dass humanitäre Standards und die Menschenrechte von Geflüchteten und Migranten respektiert würden. "Dies ist auch regelmäßig Gegenstand unserer Gespräche mit der tunesischen Seite." Die Zusammenarbeit mit tunesischen Sicherheitsbehörden werde fortgeführt. (AFP/tas)

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