Deutschland bekommt eine neue Partei: Am Wochenende geht das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) an den Start. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert kritisiert die programmatische Unschärfe – und warnt vor rechter Rhetorik.
Es ist alles genau geplant, nichts soll dem Zufall überlassen sein. 400 Delegierte, sorgsam ausgewählt, kommen am Samstag (27.01.) im früheren DDR-Kino "Kosmos" in Berlin zum Gründungsparteitag des Bündnis
Sie wählen Parteivorstand, Präsidium und stimmen über die Satzung ab – und natürlich redet auch Sahra Wagenknecht, die Namensgeberin, aber nicht als Erste. Der Eindruck einer One-Woman-Show soll offenbar vermieden werden.
Kühnert kritisiert Wagenknecht
Doch wofür steht die neue Partei? Das ist bislang nur in Grundzügen bekannt: wirtschaftspolitisch eher links, gesellschaftspolitisch eher konservativ. Was das genau heißt: unklar. Eben jene Unschärfe kritisiert auch die politische Konkurrenz. "Es wird schon ein halbes Jahr lang über die Rolle von Sahra Wagenknecht gesprochen. Aber zum Programm hört man erstaunlich wenig", sagte SPD-Generalsekretär
Auch für viele politische Beobachter ist noch nicht ausgemacht, wo das BSW zu verorten ist. Eine progressive Kraft? Das zumindest bezweifelt Kühnert. "Ich glaube, es ist der Versuch, ein 'Best-of' herzustellen. Die meisten Menschen wissen aber, dass die Realität etwas komplizierter ist", sagt er. "Einfach nur in unterschiedlichen Bereichen vermeintlich populäre Positionen zu besetzen und das dann als Programm zu verkaufen, das ist mir zu wenig", sagt der SPD-Generalsekretär.
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Zur Europawahl am 9. Juni will die Wagenknecht-Truppe erstmals antreten. Das BSW plädiert für einen Rückbau der Europäischen Union. Im Entwurf des Wahlprogramms heißt es: "Die EU in ihrer aktuellen Verfassung schadet der europäischen Idee." Darauf angesprochen, sagte SPD-General Kühnert: "So werden Horoskope geschrieben: nichtssagend".
Auch er findet, dass die EU und ihre Institutionen verbesserungswürdig sind. "Aber welchen Schluss zieht Sahra Wagenknecht daraus? Welche EU will sie? Wo soll die EU weniger Kompetenz haben – beim Verbraucherschutz, bei der Preisregulierung, bei Agrarsubventionen? Da wird sie schon ein bisschen mehr liefern müssen, um etwas zur politischen Debatte beizutragen", fordert Kühnert.
Kühnert warnt Wagenknecht vor rechten Positionen
Mit Blick auf die Landtagswahlen im Osten im Herbst rechnet Kühnert nicht damit, dass die Wagenknecht-Partei die AfD kleiner machen kann. Vor allem nicht, in dem aus seiner Sicht reaktionäre Positionen übernommen werden.
"Man macht Rechte nicht kleiner, indem man ihre Politik imitiert und ihre Rhetorik übernimmt – das wäre ein viel zu hoher Preis", sagt Kühnert unserer Redaktion. Zumal es genug Wähler gäbe, die die AfD genau aus dem Grund wählen; weil sie ist, wie sie ist.
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