- Urlauber kommen heim, Schulen starten wieder, Ansteckungen steigen: Im Kampf gegen Corona wollen sich Bund und Länder bei ihrem Treffen am Dienstag für schwierigere Wochen wappnen.
- Zweites großes Thema wird die Bewältigung der Flutkatastrophe im Westen Deutschlands.
- Was höchstwahrscheinlich beschlossen wird, geht aus dem Beschlussentwurf hervor, der Nachrichtenagenturen am Montagabend vorlag.
Wenn sich
Zweites Krisenthema ist ein geplanter milliardenschwerer Fonds, um den Aufbau nach der Hochwasserkatastrophe im Westen Deutschlands zu finanzieren.
Im Kampf gegen die Pandemie kommt nach längerer Pause nun also wieder die Runde der Ministerpräsidenten zusammen, die in puncto Corona-Beschränkungen zuletzt eher viel Streit und Frust verursachte. Gut sechs Wochen vor der Bundestagswahl geht es auch darum, welche Weichen jetzt mit Aussicht auf breite Akzeptanz gestellt werden können. Oder ob es doch noch einen heftigen Corona-Wahlkampf gibt.
Im Blick stehen mehrere Ansatzpunkte, wie sie auch aus einem der Deutschen Presse-Agentur (dpa) und der Nachrichtenagentur AFP vorliegenden Entwurf mit Stand von Montagabend hervorgehen. Wichtige Aspekte waren zwar noch offen, die Stoßrichtung schein hingegen klar – die zentralen Punkte im Überblick:
Impfen
Nach monatelangem Ärger um zu knappen Impfstoff und zu wenige Impftermine ist inzwischen beides reichlich da - wie vom Bund für den Sommer zugesagt. Nun gilt es, auch zum Schutz vor der ansteckenderen Delta-Virusvariante möglichst schnell möglichst viele noch zögernde Bürger für Impfungen zu gewinnen.
Noch im August soll laut der Beschlussvorlage eine sogenannte 3G-Regel greifen, die den Zutritt zu zahlreichen Orten nur noch für Geimpfte, Genesene oder getestete Menschen erlaubt.
Wer weder geimpft noch kürzlich von einer COVID-19-Erkrankung genesen ist, soll zu Krankenhäusern, Pflegeheimen, Veranstaltungen, Gottesdiensten, Fitnessstudios, Hotels sowie zur Innengastronomie und körpernahen Dienstleistungen nur bei Vorlage eines negativen Corona-Tests Zugang bekommen. Ein Antigen-Schnelltest darf dabei nicht älter als 24 Stunden, ein PCR-Test nicht älter als 48 Stunden sein.
"Jede Impfung zählt!", appellierte schon Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Vollständig geimpft sind bundesweit rund 45,6 Millionen Menschen - knapp 55 Prozent aller Einwohner. Manche Bundesländer haben aber besonderen Nachholbedarf.
Corona-Tests
Schon vorab auf breite Zustimmung trafen Vorschläge, das Angebot kostenloser Schnelltests für die meisten Bürger im Oktober auslaufen zu lassen – durchaus auch als Extra-Anstoß für mehr Impfungen, die ja gratis sind.
Begründet wird das Ende der kostenlosen Tests mit dem inzwischen für alle Erwachsenen geltenden Impfangebot. Ein konkretes Datum für das Ende wurde in dem Entwurf der Beschlussvorlage nicht genannt.
Bestehen bleiben sollen die kostenlosen Testmöglichkeiten laut der Beschlussvorlage hingegen für Menschen, die nicht geimpft werden können oder für die keine allgemeine Impfempfehlung vorliegt. Als Beispiele werden insbesondere Schwangere sowie Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren genannt.
Corona-Schutzmaßnahmen
Keine großen Diskussionen zeichneten sich dazu ab, den Basis-Schutz mit Abstand, Hygiene und Maskenpflicht in bestimmten Bereichen bestehen zu lassen: in Bussen und Bahnen oder Geschäften. Neu geregelt werden könnten einheitliche Vorgaben, die 3G-Regel für den Zugang zu bestimmten Einrichtungen zu verankern: also, dass nur hinein oder teilnehmen kann, wer geimpft, genesen oder frisch negativ getestet ist.
Im Gespräch war dies unter anderem für Kliniken und Pflegeheime, Sport und Veranstaltungen drinnen, Innengastronomie, körpernahe Dienstleistungen wie Friseure und Beherbergungen. Strittig war zuletzt, ob für manches auch 2G gelten solle: Zutritt nur für Geimpfte und Genesene, was private Anbieter ohnehin machen können.
Die Länder sollen die 3G-Regel laut der Beschlussvorlage aussetzen können, wenn die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz stabil niedrig "und ein Anstieg der Infektionszahlen durch Aussetzung der Regelungen nicht zu erwarten" ist.
Der Corona-Rahmen
Es zeichnete sich zudem ab, dass eine wichtige rechtliche Basis wohl bestehen bleiben soll. Einstimmig sprachen sich die Gesundheitsminister der Länder noch am Montag dafür aus, dass der Bundestag die vorerst bis 11. September festgestellte "epidemische Lage von nationaler Tragweite" erneut verlängert.
Das Parlament hatte dies zuletzt am 11. Juni bestätigt – ohne erneutes Votum würde die Sonderlage nach drei Monaten auslaufen. Sie gibt dem Bund das Recht, direkt Verordnungen etwa zu Tests und Impfungen zu erlassen. Auch Maßnahmen wie Maskenpflicht oder Kontaktbeschränkungen, die die Länder festlegen können, beziehen sich laut Infektionsschutzgesetz auf die Feststellung dieser "epidemischen Lage".
Pandemie-Indikatoren
Bislang ist die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz der zentrale Maßstab für die Bewertung der Notwendigkeit von Corona-Maßnahmen. Dabei handelt es sich um die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb dieses Zeitraums.
Neben der Inzidenz soll dem Papier zufolge künftig auch die sogenannte Hospitalisierung von Corona-Patienten eine wichtige Rolle bei der Entscheidung über neue Maßnahmen spielen. Gemeint ist damit die Zahl der coronabedingten Krankenhaus-Einlieferungen. So könne angesichts der zunehmenden Impfquote in der Bevölkerung besser abgeschätzt werden, inwiefern steigende Neuinfektionen noch zu einer Gefahr für Betroffene und das Gesundheitssystem werden können, heißt es in dem Entwurf.
Zahlreiche Politiker hatten zuvor eine Abkehr von der Inzidenz als zentralem Richtwert gefordert, weil durch steigende Impfungen der Anteil schwerer Fälle an allen COVID-Erkrankungen deutlich abnehme.
Fluthilfe
Bund und Länder wollen außerdem einen Fonds vereinbaren, um den Wiederaufbau nach dem Hochwasser im Westen Deutschlands zu finanzieren - im Gespräch war nach dpa-Informationen ein mögliches Volumen von etwa 30 Milliarden Euro.
Die Bauprojekte sollen je zur Hälfte von Bund und Ländern finanziert werden, heißt es im Entwurf von Montagabend. Vor allem in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz hatte es massive Schäden gegeben.
Forderungen und Reaktionen
Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock sagte der dpa: "Wichtig ist, dass neben der Debatte um Schnelltests und Impfbereitschaft die Kitas und Schulen im Fokus stehen." Es brauche ein "verbindliches Versprechen der Politik", dass ein Offenhalten Priorität habe. Zentral sei, dafür zu sorgen, dass sich Erwachsene impfen lassen, insbesondere auch im Umfeld von Kindern. "So kann eine Art 'Schutzkokon' gebildet werden." Alle Schulen und Kitas müssten Räume mit Luftfiltern oder mindestens CO2-Ampeln ausstatten können.
Der CDU-Wirtschaftspolitiker Friedrich Merz sagte der dpa: "Es darf keinen weiteren Lockdown geben." Eine Überlastung der Intensivstationen sei dank der Impfungen sehr unwahrscheinlich geworden. "Für Geimpfte, Genesene und Getestete muss deshalb auch im Herbst bei höheren Inzidenzen ein normales Leben möglich sein." (dpa/AFP/mf)
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