Noch ist unklar, ob Syrien für seine Bürger nach dem Umsturz in Damaskus sicherer wird oder ob das Gegenteil eintritt. Beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wartet man vorerst ab.

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Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) stoppt wegen der unklaren Lage in Syrien vorerst alle Entscheidungen über Asylanträge aus dem arabischen Land. Das sagte ein Behördensprecher auf Anfrage. Zuvor hatte der "Spiegel" berichtet. Die Regelung gelte nicht für sogenannte Dublin-Verfahren, bei denen ein anderes EU-Land für das Asylverfahren zuständig ist, sagte der Behördensprecher, sondern für alle Anträge, für die die Situation in Syrien ausschlaggebend sei.

Derzeit seien mehr als 47.000 Asylanträge von Syrern anhängig, davon 46.081 Erstanträge. Syrien zählt seit Jahren zu den Hauptherkunftsländern von Asylbewerbern in Deutschland.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser warnte davor, jetzt schon eine Debatte über den künftigen Umgang mit syrischen Schutzsuchenden in Deutschland zu führen. Wegen der unklaren Lage in Syrien seien "konkrete Rückkehrmöglichkeiten im Moment noch nicht vorhersehbar, und es wäre unseriös, in einer so volatilen Lage darüber zu spekulieren", erklärte sie.

"Ebenso hängt die weitere Bewertung des Schutzstatus der in Deutschland lebenden anerkannten syrischen Flüchtlinge von der weiteren Entwicklung in Syrien ab", fügte Faeser hinzu.

Lage in Syrien unklar

"Das Bamf schaut sich sehr genau an, wie der Einzelfall gelagert ist, dazu gehört auch eine Bewertung der Lage vor Ort im Herkunftsland", sagte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums vor Journalisten in Berlin. Das Bundesamt habe die Möglichkeit, Asylentscheidungen zurückzustellen bei einer unklaren Lage. Und dass die Lage derzeit in Syrien unklar ist, sei ja offensichtlich. Praktisch bedeutete das, die Anträge von Syrerinnen und Syrern "werden im Stapel nach unten sortiert und andere Asylentscheidungen vorgezogen".

Rebellen unter der Führung der islamistischen Gruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) hatten in der Nacht zum Sonntag die Kontrolle über die syrische Hauptstadt Damaskus übernommen und damit das Ende der mehr als zwei Jahrzehnte andauernden Herrschaft der Familie von Präsident Baschar al-Assad eingeläutet. Der entmachtete Präsident floh mit seiner Familie nach Russland. Tausende Syrer feierten auf deutschen Straßen den Umsturz in der alten Heimat.

Grafik: "Zahl der syrischen Flüchtlinge nach Ländern"
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Syrische Geflüchtete in Deutschland

Wie viele von den rund 975.000 Syrern, die sich aktuell in Deutschland aufhalten, perspektivisch in die Heimat zurückkehren wollen, ist derzeit nicht absehbar. Zumal unter ihnen einige sind, die schon vor der großen Flüchtlingszuwanderung der Jahre 2015 und 2016 in Deutschland lebten und Menschen, die inzwischen die Voraussetzungen für eine Einbürgerung erfüllen und diese teils auch bereits beantragt haben. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts wurden im Jahr 2023 rund 75.500 Syrerinnen und Syrer deutsche Staatsbürger.

Aus der Türkei, dem Libanon und Jordanien haben sich am Wochenende zwar schon etliche Flüchtlinge auf den Weg zurück in die Heimat gemacht. Doch die Mehrheit wartet erst einmal ab, weil die Lage noch unübersichtlich ist. Aus Oppositionskreisen heißt es, bislang gebe es keine Berichte über Gräueltaten beim Vorrücken der Rebellen und Milizen nach Damaskus. Ob den Zusicherungen der islamistischen Gruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) bezüglich des Schutzes religiöser Minderheiten zu trauen sei, müsse aber erst einmal abgewartet werden. (dpa/bearbeitet von ng)

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