• Auf die kontrollierte Abgabe von Cannabis in Geschäften haben sich die Ampel-Koalitionäre geeinigt.
  • Doch welche Voraussetzungen für eine Verkaufslizenz gelten sollen, ist noch offen.

Mehr aktuelle News finden Sie hier

Wer Cannabis zu Genusszwecken verkaufen will, muss nach den Vorstellungen von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) Kenntnisse über die Droge und damit verbundene Risiken nachweisen.

Das von SPD, Grünen und FDP im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel sei klar: "Für erwachsene Menschen soll es legal möglich sein, in lizenzierten Geschäften Cannabis zu kaufen", sagte der Minister der Deutschen Presse-Agentur. Das könnten beispielsweise Apotheken sein, "aber wir werden den Kreis möglicherweise auch weiter ziehen".

Vor Legalisierung: Cannabis-Verkäufer sollten geschult werden

Eine Voraussetzung könnte eine "erforderliche Sachkunde des Verkaufspersonals sein". Dadurch würden die Verkäufer und Verkäuferinnen in die Lage versetzt, "Auskünfte über die Produkte zu erteilen und riskantem Cannabiskonsum, insbesondere bei erkennbar Suchtkranken, entgegenzuwirken".

Für eine Schulung des Personals als Voraussetzung für eine Verkaufslizenz sprach sich auch der Geschäftsführer des noch jungen Branchenverbandes Cannabiswirtschaft, Jürgen Neumeyer, aus. Er sagte, wer den Schwarzmarkt nicht wolle, müsse dafür sorgen, dass der Weg bis zur nächsten lizenzierten Verkaufsstelle auch in ländlichen Gebieten nicht zu weit sei.

Auf die Frage, wann mit dem Beginn der kontrollierten Abgabe als Genussmittel zu rechnen sei, antwortete Buschmann: "Bei Änderungen im Betäubungsmittelgesetz ist das Bundesgesundheitsministerium federführend. Und für jeden ist im Moment erkennbar, dass das Ministerium und der neue Minister, Karl Lauterbach, jetzt mit der Pandemie-Bekämpfung alle Hände zu tun hat."

Buschmann: Schwarzmarkt für Cannabis wird es weiterhin geben

Für ihn als Justizminister sei klar: "Wenn es Shops gibt, die Cannabis legal verkaufen dürfen, dann muss es auch Produzenten geben, die das legal anbauen und vertreiben dürfen". Bis zu einer im Gesetz festzulegenden Höchstgrenze müsse dann für Erwachsene auch der Besitz legal sein. Und Cannabis werde "irgendeiner Form der Besteuerung unterliegen, wie andere Konsumprodukte auch".

Einen Schwarzmarkt werde es sicher weiterhin geben, so wie es ihn beispielsweise für unversteuerte Zigaretten gebe. Das von Gegnern der Legalisierung gelegentlich vorgebrachte Argument, viele Konsumenten würden weiterhin beim Drogendealer kaufen, da er Cannabis unversteuert billiger anbieten könne, ließ der FDP-Politiker nicht gelten. Er gab zu bedenken, "dass in die Preiskalkulation des Dealers auf der Straße auch das Risiko der Strafverfolgung einbezogen werden dürfte".

Gesundheitsminister Holetschek warnt vor Cannabis-Legalisierung

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) hatte die Bundesregierung kürzlich aufgefordert, ihre Pläne zur Legalisierung von Cannabis zu überdenken. Der Konsum von Cannabis dürfe nicht verharmlost werden.

Zu den Risiken zählten neben der Gefahr der Abhängigkeit und psychischen Erkrankungen auch negative Auswirkungen auf das Gedächtnis sowie auf Lern- und Denkleistungen. Für medizinische Zwecke kann Cannabis heute schon genutzt werden: 2016 wurde es von der deutschen Bundesregierung legalisiert.

Dresdner Marihuana-Start-up: Erste legale Cannabis-Ernte in Deutschland

Das Dresdner Start-up "Demecan" produziert die erste legale Cannabis-Ernte Deutschlands. Das Unternehmen erhielt kürzlich den Zuschlag für die Produktion von der deutschen Cannabisagentur. Vorerst wird das Gras nur für medizinische Zwecke angebaut.

Krankenkassen melden tausende Cannabis-Anträge seit 2017

Seit der Freigabe von Cannabis als Arzneimittel wurden in Berlin und Brandenburg tausende Anträge auf Kostenerstattung bei den Krankenkassen bewilligt. Alleine bei der Barmer Berlin-Brandenburg gingen seit 2017 mehr als 1.500 Anträge aus Berlin und 1.400 Anträge aus Brandenburg ein, wie die Krankenkasse der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage mitteilte.

Die Krankenkassen AOK und TK verweisen auf Nachfrage auf länderübergreifende Zählungen. Demnach werden bei der AOK Nordost seit 2017 in den Bundesländern Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern zusammen jedes Jahr rund 1.000 Anträge gestellt, darunter auch Mehrfachanträge.

Bewilligt würden momentan rund zwei Drittel (65 Prozent) der beantragten Behandlungen. Die TK berichtet für das Jahr 2020 von rund 2.700 Anträgen auf eine Behandlung mit Cannabis, die bundesweit gestellt wurden. Insgesamt 61 Prozent der Anträge wurden demnach positiv beschieden.

Alle drei Krankenkassen äußerten sich auf Nachfrage zurückhaltend zur medizinischen Nützlichkeit von Cannabis. Laut der Barmer ist Cannabis kein "Allheilmittel", sondern müsse stets Bestandteil eines umfassenden Therapiekonzeptes sein.

Dirk Becker, Pressesprecher der AOK Nordost, bezeichnete Cannabis aus medizinischen und finanziellen Gründen als "Mittel der letzten Wahl". Die TK verwies wiederum darauf, dass Cannabis nur bei schwerwiegenden Erkrankungen ohne Therapiealternative verabreicht werden dürfe. (dpa/ari)

Lesen Sie auch: Pilotversuch: In der Schweiz wird ab 2022 Cannabis legal verkauft


JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.