• Während der Fragerunde für die drei Kandidaten für den CDU-Vorsitz schaltet sich überraschend Jens Spahn ein.
  • Statt eine Frage zu stellen, macht er Werbung für Armin Laschet, mit dem er im Team angetreten ist.
  • Bei vielen CDU-Mitgliedern stößt die Aktion auf Unverständnis und Missfallen.
Eine Analyse

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Man sollte Jens Spahn unterstellen, dass er es gut gemeint hat. Wer schießt sich schon so einfach, mir nichts, dir nichts, ins Knie? Zwischen gut gemeint und gut gemacht liegen allerdings manchmal Welten.

Worum geht's? Nachdem Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen, die drei Bewerber um den CDU-Vorsitz, auf dem digitalen Parteitag ihre Bewerbungsreden gehalten hatten, sollten die 1.001 Delegierten die Möglichkeit erhalten, im Rahmen der sogenannten "Wortmeldungen" Fragen an die drei Wettbewerber zu stellen, um so vielleicht noch die eine oder andere Ungewissheit zu beseitigen.

So sollten zum Beispiel alle drei Kandidaten etwas zu ihrer Idee zur Bekämpfung der Clan-Kriminalität sagen. Oder Friedrich Merz sich zu seiner Haltung zur Werteunion äußern (Details dazu können Sie hier im Ticker nachlesen).

Wortmeldung von Spahn wird zum Laschet-Plädoyer

Groß war die Überraschung, als in der Fragerunde plötzlich der Gesundheitsminister aufgerufen und per Video zugeschaltet wurde. Normalerweise kommt in solchen Situationen eher das unbekannte Parteivolk zum Zuge. Was also wollte Spahn von den Kandidaten wissen, was er nicht schon vorher im direkten Gespräch hätte erfahren können? Richtig: nichts.

Stattdessen nutzte Spahn die Gelegenheit, um noch einmal, kurz vor der entscheidenden Abstimmung, kräftig die Werbetrommel zu rühren für Armin Laschet, also den Kandidaten, an dessen Seite Spahn als Team in das Rennen um den Vorsitz gestartet war.

"Armin Laschet hat gezeigt, dass er das Land, dass er die Partei zusammenführen kann. Er lebt Zusammenhalt", sagte Spahn über den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten, der dann im zweiten Wahlgang sich in der Stichwahl gegen Friedrich Merz durchsetzte und die Online-Wahl zum CDU-Vorsitzenden gewann.

Zwar seien er und Laschet "nicht immer gleicher Meinung", sagte Spahn. Sie beide seien aber der Überzeugung, dass es nach 16 Jahren der Kanzlerschaft von Angela Merkel (CDU) "Kontinuität beim Regieren" brauche, "aber auch neue Impulse für die 20-er Jahre".

Dass Spahn mit seinem überraschenden und an dieser Stelle deplatziert wirkenden Manöver seinem Kompagnon eher geschadet als genutzt hat, davon sind offenbar viele CDU-Mitglieder überzeugt.

Wie unsere Redaktion aus Parteikreisen erfuhr, dominiert in vielen CDU-WhatsApp-Gruppen der Zorn über diese unverhohlene Wahlkampfunterstützung Spahns.

Spahn kassiert Denkzettel bei Stellvertreterwahl

Die Quittung bekam Spahn denn auch prompt bei der anschließenden Wahl der Stellvertreter und Stellvertreterinnen des Parteivorsitzenden: Der in Umfragen äußerst beliebte Gesundheitsminister wurde zwar gewählt, erzielte mit 589 Stimmen aber das mit Abstand schlechteste Ergebnis der fünf Bewerber.

Allerdings gab es im Netz auch Stimmen, die Spahns Unterstützung als völlig üblich und normal interpretierten. So schrieb zum Beispiel der Berliner CDU-Bundestagsabgeordnete Jan-Marco Luczak bei Twitter, er finde das Verhalten Spahns "in Ordnung:

Angesichts der nun auf ihn einprasselnden Kritik hätte sich der Gesundheitsminister vielleicht lieber ein Beispiel an Hans-Werner Adams genommen.

Der scheiterte in der Fragerunde gleich zweimal an der Technik und konnte sein Anliegen nicht loswerden.

Dass er dabei völlig gelassen und stoisch blieb, machte ihn im Netz gleich zum stillen Helden des Parteitags.

Mit Material von dpa.

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