• Bund und Länder haben sich am Montag (24.) zum Corona-Gipfel getroffen und über die aktuellen Maßnahmen beraten.
  • Der Kurs: Weiter so – es wird weder gelockert, noch verschärft. Änderungen erwarten Bürgerinnen und Bürger aber bei den PCR-Tests, bei den Kontaktnachverfolgungen und der Isolation.
  • Wir geben einen Überblick über die geplanten Regeln.

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Schon vor der Zusammenkunft von Bundeskanzler und Länderchefs war es durchgedrungen: PCR-Tests soll es in Zukunft nicht mehr für Jedermann geben. Hintergrund ist, dass die Labore angesichts einer bundesweiten Rekord-Inzidenz von über 840 in vielen Teilen des Landes überlastet sind. Laut Laborverband "ALM" lag die Auslastung der Testkapazitäten in der vergangenen Woche bei 86 Prozent.

"Angesichts der jetzt schon hohen und absehbar noch höheren Infektionszahlen wegen der ansteckenden Omikron-Variante gilt es jetzt eine richtige Nutzung der Testmöglichkeiten zu organisieren", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Montag auf einer Pressekonferenz nach dem Corona-Gipfel.

PCR-Tests werden priorisiert

Man habe den Bundesgesundheitsminister und die Gesundheitsminister der Länder darum gebeten, eine "bis ins letzte Detail ausbalancierte Strategie vorzulegen, die es möglich macht, dass wir einen guten Überblick über das Infektionsgeschehen behalten." Heißt konkret: PCR-Tests soll es nicht mehr für Jedermann geben, sondern nur noch für "vulnerable Gruppen und Beschäftigte, die diese betreuen und behandeln".

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Im Beschluss von Bund und Ländern ist dazu genauer von einer Fokussierung auf "Personal insbesondere in Krankenhäusern, in Praxen, in der Pflege, Einrichtungen der Eingliederungshilfe und für Personen mit dem Risiko schwerer Krankheitsverläufe" die Rede. Bei dieser Personengruppe solle der Verdacht auf eine Covid-19-Infektion weiterhin durch einen PCR-Test abgeklärt werden.

Umsetzung noch offen

Weiterhin passieren soll das auch bei Hochrisikopatienten; also Älteren, Vorerkrankten sowie immungeschwächten Menschen. Hier soll die Gewissheit durch einen PCR-Test eine "frühzeitige Behandlung und gegebenenfalls antivirale Therapie" ermöglichen, heißt es im Beschluss. Die genaue Ausgestaltung bleibt aber noch offen: Ab wann spricht man von einem Engpass? Welche Personen genau sind dann für PCR-Tests berechtigt? Wie wird das nachgewiesen und kontrolliert?

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hatte beispielsweise vor wenigen Tagen verlangt, auch Pädagogen bei einer Priorisierung von Corona-PCR-Tests zu berücksichtigen. Das veränderte Testregime wird erst mit einer Anpassung der Nationalen Teststrategie sowie der Coronavirus-Testverordnung umgesetzt.

PCR-Test als "Goldstandard"

Der PCR-Test gilt seit Pandemiebeginn als "Goldstandard", er ist der zuverlässigste Test mit der niedrigsten Fehlerrate. Nicht nur, weil beim PCR-Test die Probeentnahme – anders als bei einem Selbsttest – durch medizinisches Personal erfolgt, sondern vor allem, weil die Auswertung in Laboren stattfindet.

Beim Verfahren der sogenannten Polymerase-Kettenreaktion (PCR) wird Erbmaterial des Virus vervielfältigt. Der Nachweis gelingt schon dann, wenn erst wenige Erreger vorhanden sind. Die Sensitivität ist deutlich höher als beim Antigen-Schnelltest oder Selbsttest. Ob ein kostenloser PCR-Test durchgeführt wird, liegt in der Hand der Ärzte und Gesundheitsämter. Der behandelnde Arzt kann bislang beispielsweise nach einer Meldung mit erhöhtem Risiko in der Corona-Warn-App entscheiden, ob ein PCR-Test durchgeführt werden soll.

Kein "strikter Anspruch" auf PCR-Test

Bislang empfahl die Nationale Teststrategie die Durchführung bei typischen Corona-Symptomen, nach positivem Schnelltest, Selbsttest oder PCR-Pooltest, für Kontaktpersonen, vor der Aufnahme in medizinischen Einrichtungen sowie in Einrichtungen wie Kitas oder Schulen, wenn dort COVID-19-Fälle auftreten.

Gesonderte Regeln für Kinder gibt es nicht. Das Bundesgesundheitsministerium (BGM) wies allerdings schon in der Vergangenheit daraufhin, dass "ein strikter Anspruch auf eine PCR-Testung" nicht besteht, da auch eine Diagnostik durch Antigen-Tests möglich sei.

Schnelltests schlagen später an

Bei den Antigen-Schnelltests liegt das Ergebnis deutlich schneller vor, denn die Auswertung erfolgt durch geschultes Personal direkt vor Ort. Aktuell haben Bürgerinnen und Bürger den Anspruch auf mindestens einen solchen Test pro Woche – erforderlich ist ein negativer Nachweis zum Beispiel dort, wo "2G+ Regeln" herrschen.

Allerdings haben die Schnelltests gegenüber den PCR-Tests eine geringere Erkennungsrate, da eine größere Viruslast nötig ist, um ein positives Ergebnis zu erhalten. Während ein PCR-Nachweis schon etwa zwei Tage nach der Infektion gelingt, liegt der Antigen-Test hier bei etwa vier Tagen.

Engmaschiges Testen empfohlen

Ein Würzburger und Münchener Forscherteam hat in einer Studie zeigen können, dass die in Deutschland erhältlichen Schnelltests in der Praxis nur bei knapp der Hälfte (42,6 Prozent) der tatsächlich mit Covid-19 infizierten Patienten zuverlässig anschlagen – deutlich unter den Herstellerangaben von etwa 90 Prozent. Besonders in den Tagen vor Symptombeginn, wenn Betroffene bereits infektiös sind, zeigen Schnelltests nicht zuverlässig an.

Das Robert-Koch Institut (RKI) empfiehlt Schnelltests oder Selbsttest deshalb alle 48 Stunden, um eine Infektion mit größerer Wahrscheinlichkeit schnell zu entdecken. In Schulen und Kindergärten kommen wöchentlich mehrmals solche Antigen-Schnelltests zum Einsatz. Dabei handelt es sich allerdings um Selbsttests, weil sie nicht von geschultem Personal durchgeführt werden. Die Privatperson nimmt den Nasenabstrich selbst vor – die Fehlerrate ist deshalb noch einmal höher.

Regeln sollen "pragmatischer" sein

Bund und Länder wollen auch die Regeln für Quarantäne, Kontaktverfolgung und Freitestung pragmatischer gestalten. Gerade in den großen Städten und dichtbesiedelten Gebieten könnte die Kontaktverfolgung durch die Gesundheitsämter nicht wie bisher fortgeführt werden, räumte Berlins Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) auf der Pressekonferenz ein. Es brauche daher eine "fokussierte Kontaktverfolgung".

Konkret heißt es dazu im Beschluss: "Vor dem Hintergrund der derzeit hohen Zahl der täglichen Neuinfektionen, der beschränkten Kapazitäten der Gesundheitsämter sowie dem guten Schutz von geboosterten Personen ist auch im Rahmen der Nachverfolgung der Kontaktpersonen von Infizierten eine Priorisierung sinnvoll und notwendig".

Fokussierung bei Infektionsketten

Die Gesundheitsämter sollen sich also auch bei der Kontaktnachverfolgung auf Fälle im Klinik- und Pflegebereich und in Einrichtungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung konzentrieren. Beauftragt mit der Ausarbeitung neuer umsetzbarer Regeln sind nun die Landesgesundheitsminister und das Robert-Koch-Institut.

Gleichzeitig appellierte die SPD-Politikerin an die Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger. Man solle "eigenverantwortlich seine Kontaktpersonen informieren und die verfügbaren elektronischen Hilfsmittel zur Kontaktnachvollziehung nutzen", sagte sie.

Omikron-Welle macht WHO Hoffnung: Ende der Pandemie in Europa "plausibel"

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schließt ein Ende der Corona-Pandemie in Europa nach der derzeitigen Omikron-Welle nicht aus. WHO-Europa-Chef Hans Kluge mahnt jedoch wegen möglicher neuer Virusmutationen zur Vorsicht. (Foto: picture alliance/AP/Andreea Alexandru)

Freitesten nach sieben Tagen

Angepasst werden sollen auch die Quarantäneregeln für erkrankte Beschäftigte in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und Einrichtungen der Eingliederungshilfe. Auch für sie gelten künftig die allgemeinen Regeln: "Die Isolation nach einer nachgewiesenen Infektion kann nach sieben Tagen durch einen zertifizierten Antigen-Schnelltest (mit Nachweis des negativen Ergebnisses) bei 48 Stunden Symptomfreiheit beendet werden", so der Beschluss.

Ohne Test endet die Quarantäne nach 10 Tagen. Selbes gilt für die Quarantäne von Kontaktpersonen. Geboosterte und solche, die als "geboostert" gelten, sind von der Quarantäne als Kontaktperson allerdings ausgenommen. Bund und Länder wollen auch beim Freitesten einheitlichere Regeln erarbeiten. Aktuell gelten je nach Bundesland beispielsweise unterschiedliche Quarantäneregeln für Schüler und Kita-Kinder. Mehr Klarheit sollte es spätestens bis zum 14. Februar geben – dann kommen Bund und Länder erneut zusammen.

Verwendete Quellen

  • Pressekonferenz nach dem Corona-Gipfel am 24.01.2022
  • Bundesregierung: Videoschaltkonferenz des Bundeskanzlers mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 24. Januar 2022.
  • Robert-Koch-Institut (RKI): Was ist beim Schnell- und Selbsttesten wichtig?
  • Bundesgesundheitsministerium (BGM): Fragen und Antworten zu Covid-19-Tests:
  • Universität Würzburg: SARS-CoV-2: Schnelltests nur bedingt zuverlässig.
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