• In Deutschland wird die Debatte um Lockerungen der Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie immer eifriger geführt.
  • Schleswig-Holstein hat einen Stufenplan zur Öffnung erarbeitet und auch Mecklenburg-Vorpommern stellt solche Schritte in Aussicht.
  • Mehrere Wissenschaftler halten schnelle Lockerungen indessen für fatal.

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Der harte Lockdown zeigt Wirkung: Das Robert Koch-Institut hat die 7-Tage-Inzidenz - also die Zahl der Neuinfektionen mit dem Corona-Virus pro 100.000 Einwohner und Woche - am Donnerstagmorgen mit 98 angegeben. Das bedeutet, dass sich die Infektionszahlen seit Weihnachten halbiert haben.

Mit dieser guten Nachricht nimmt postwendend auch die Debatte um Lockerungen Fahrt auf. Die Landesregierung in Schleswig-Holstein hat einen Stufenplan erarbeitet, der für die Zeit ab Mitte Februar eine Öffnung in mehreren Etappen vorsieht. Hier ein Auszug:

  • 7-Tage-Inzidenz unter 100: Der Stufenplan sieht erste Lockerungen vor, wenn die Zahl der Neuinfektionen je 100.000 Einwohner binnen einer Woche in einem Bundesland sieben Tage lang stabil unter 100 liegt. Dann könnten wieder Treffen von fünf Menschen aus zwei Haushalten, körpernahe Dienstleistungen (Friseure) und eingeschränkter Regelbetrieb an den Kitas sowie Wechselunterricht in Schulen möglich sein.
  • 7-Tage-Inzidenz unter 50: Bleibt die Inzidenz sieben Tage stabil unter 50, könnte der Einzelhandel unter Auflagen wieder öffnen - das Gleiche gilt für die Gastronomie, kosmetische Fußpflege und Nagelstudios. Liegt die Inzidenz 21 Tage lang stabil unter 50, könnten laut dem Plan Hotels, Ferienwohnungen und Campingplätze wieder öffnen, in der Gastronomie gäbe es keine Beschränkung der Gästezahl mehr. Der Besuch im Fitnessstudio wäre wieder möglich, wenn auch mit begrenzter Kapazität.
  • 7-Tage-Inzidenz unter 35: Liegt die Inzidenz sieben Tage stabil unter 35, sollen Treffen von zehn Menschen mehrerer Haushalte möglich sein, Schulen in den Regelbetrieb gehen, an Hochschulen wieder Lehrveranstaltungen in Kohorten erfolgen. Auch Bars und Kneipen dürften dann wieder öffnen. Gleiches gilt für Hallen- und Spaßbäder sowie Saunen. Theater, Kinos und Konzerthäuser würden wieder der Allgemeinheit offen stehen.

Auch Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig hat erste Lockerungen in Aussicht gestellt. Bei dauerhaft weniger als 100 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner in einer Woche sollten zunächst Schulen und Kitas wieder stärker öffnen. Und bei Werten zwischen 50 und 100 könne auch über die Öffnung von Dienstleistern wie etwa Friseurbetrieben nachgedacht werden. "Ich sage aber ganz klar, das wird alles nur funktionieren, wenn wir es schaffen, uns vor der Mutation zu schützen", sagte Schwesig am Mittwoch im Landtag in Schwerin.

Wissenschaftler nennen 7-Tage-Inzidenz von 10 als Ziel

Erklärtes Ziel von Bund und Ländern ist bisher, die 7-Tage-Inzidenz auf unter 50 zu drücken. Hält die positive Entwicklung an, könnte das rein rechnerisch zwischen Mitte und Ende Februar erreichbar sein. Doch Wissenschaftler halten ein Hoffnungmachen auf schnelle Lockerungen für das falsche Signal. Deutschland solle den Erfolg nicht verspielen, rät etwa Physikerin Viola Priesemann vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation. Mehr Freiheiten für alle winken aus ihrer Sicht erst, wenn die Inzidenz auf oder unter 10 gedrückt werde - so wie im vergangenen Sommer.

Mit ihrer Meinung steht sie nicht allein. Charité-Virologe Christian Drosten hat bereits vor zu schnellen Lockerungen gewarnt. Und auch Sebastian Binder, Systemimmunologe am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung, sagt: "Ich halte bei der aktuellen Reduktion Lockerungen Mitte Februar für riskant, wenn man die Fallzahlen gering halten möchte." Er befürchte sonst einen erneuten Lockdown in der Folge. "Das gilt übrigens sogar mit dem bekannten Virustyp, umso mehr aber mit der Gefahr einer Verbreitung der neuen Variante."

Weitgehende Normalität Mitte April?

Binder nennt ebenfalls den Wert von 10 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen als Zielmarke. "In einem solchen Szenario kann lokal angepasst reagiert werden, wenn es zu Ausbrüchen kommt", sagt er. Alle anderen Regionen könnten mit Abstandhalten, Maskentragen, Hygiene sowie wenigen sonstigen Einschränkungen auskommen. Sinken die Zahlen mit der gleichen Rate wie derzeit, müssten die Deutschen darauf bis Mitte April warten. (mcf/dpa)

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