Rund 1.000 Deutsche haben sich der Terrormiliz "Islamischer Staat" angeschlossen. Rund 40 von ihnen sitzen derzeit in Syrien in Gefängnissen der kurdischen Milizen. Nach dem Willen von US-Präsident Donald Trump soll Deutschland diese IS-Kämpfer zurücknehmen. Das wirft Probleme auf.
Der selbst ernannte Islamische Staat (IS) hat schlimmste Verbrechen begangen: Seine Anhänger haben in den seit 2013 im Nahen Osten eroberten Gebieten gemordet, gefoltert, vergewaltigt und versklavt, geraubt und geplündert. Immer wieder hat der IS auch Anschläge in Europa gesteuert.
Etwa 1.050 Männer und Frauen aus Deutschland haben sich dem IS angeschlossen und einige sind von Gegnern festgesetzt worden. Was soll mit ihnen geschehen?
Was ist das Problem mit den deutschen IS-Kämpfern im Ausland?
Die kurdischen Milizen in Syrien - Verbündete der USA und anderer westlicher Staaten im Kampf gegen den IS - halten eine größere Zahl IS-Kämpfer mit deutscher Staatsangehörigkeit gefangen. Sie werden dort von Geheimdiensten vernommen.
Die Kurden empfinden die Gefangenen als Bürde, und nun hat US-Präsident Donald Trump Deutschland und andere Staaten aufgefordert, ihre Staatsbürger zurückzunehmen. Sonst könnten sie - mit Blick auf einen Abzug amerikanischer Soldaten - auch freigelassen werden.
Das allerdings widerspricht auch US-Sicherheitsinteressen. Eine mögliche Lösung, die aktuell auch die Bundesregierung prüft, wäre die Anklage vor internationalen Tribunalen.
Um wie viele Menschen geht es?
Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur gehen deutsche Sicherheitsbehörden bisher von gut 40 im syrischen Kurdengebiet gefangenen IS-Kämpfern mit deutschem Pass aus. Gegen 18 von ihnen lägen deutsche Haftbefehle vor.
Kann man Deutschen die Staatsangehörigkeit entziehen?
"Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden", steht im Grundgesetz - eigentlich. Denn direkt danach wird das eingeschränkt: Das gehe "nur auf Grund eines Gesetzes" und auch nur dann, "wenn der Betroffene dadurch nicht staatenlos wird".
Details regelt das Staatsangehörigkeitsgesetz: Wer freiwillig und ohne offizielle deutsche Genehmigung "in die Streitkräfte oder einen vergleichbaren bewaffneten Verband eines ausländischen Staates, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, eintritt, verliert die deutsche Staatsangehörigkeit". Es sei denn, es gibt zwischenstaatliche Verträge, die das ausdrücklich erlauben.
Damit stellt sich allerdings die Frage, wie die Terrormiliz IS hier einsortiert werden soll, die sich selbst als Staat betrachtet, aber als solcher nicht international anerkannt wird.
Was soll sich ändern?
Union und SPD haben sich darauf geeinigt, den Entzug leichter zu ermöglichen. Im Koalitionsvertrag steht: "Wir werden einen neuen Verlusttatbestand in das Staatsangehörigkeitsgesetz einfügen, wonach Deutsche, die eine weitere Staatsangehörigkeit besitzen, die deutsche Staatsangehörigkeit verlieren können, wenn ihnen die konkrete Beteiligung an Kampfhandlungen einer Terrormiliz im Ausland nachgewiesen werden kann."
Was für Probleme wirft das auf?
Fraglich ist, ob Terrortaten im Ausland nachgewiesen werden können. Generalbundesanwalt Peter Frank sagte kürzlich, inzwischen gebe es nur noch selten Beweise wie Bilder oder Bekennertexte in den sozialen Netzwerken. Häufig könne nur die Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation und der Besitz von Waffen und Kriegswaffen nachgewiesen werden.
Der Geschäftsführer des Deutschen Richterbunds, Sven Rebehn, warnt auch: "Sollte eine zweistellige Zahl Terrorverdächtiger innerhalb kurzer Zeit aus Syrien nach Deutschland zurückkehren, ist das für den Generalbundesanwalt mit dem derzeitigen Personal kaum zu bewältigen."
Außerdem wäre eine Neuregelung nicht rückwirkend anwendbar und würde damit für viele heute inhaftierte Dschihadisten gar nicht gelten. "Für künftige, vergleichbare Szenarien" wäre dann aber immerhin ein Instrument geschaffen, sagte ein Sprecher des Innenministeriums.
Wo hakt es politisch?
Die Union sieht den Ball im Spielfeld von Justizministerin Katarina Barley (SPD). CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt wirft ihr vor, den vom Innenministerium vorgelegten Gesetzentwurf zur Aberkennung der Staatsbürgerschaft zu verschleppen.
Barley weist das zurück. Es gebe aktuell in der Bundesregierung Gespräche dazu. "Ich bin mir mit meinem Kollegen Horst Seehofer einig, dass wir dieses konkrete Vorhaben zeitnah umsetzen werden", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Der Gesetzentwurf des Innenministeriums enthalte allerdings Regelungen, die über den Koalitionsvertrag hinausgingen.
Was passiert mit Dschihadisten, die wieder hier sind?
Das hängt davon ab, was ihnen nachzuweisen ist. Die Behörden nehmen jeden Dschihad-Rückkehrer im Idealfall schon vor der Wiedereinreise genau unter die Lupe, um zu beurteilen, ob und wie gefährlich die Person ist. Wem Straftaten im Ausland nachzuweisen sind, dem drohen ein Prozess in Deutschland und Haft.
Ein Problem sind jene, die als gefährlich gelten, denen aber keine Verbrechen nachzuweisen sind. Bei ihnen wie auch anderen "Gefährdern", denen die Behörden schwerste Verbrechen bis hin zum Terroranschlag zutrauen, bleiben dann nur eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz und eine aufwendige Überwachung durch die Polizei.
Wer einmal hier ist, soll laut Innenministerium psychologisch betreut werden, in der Hoffnung, ihn oder sie zur Abkehr von der islamistischen Ideologie zu bewegen. Insbesondere möglicherweise traumatisierte Kinder sollen Ansprechpartner bekommen. (mcf/dpa)
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