30 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dazu aufgerufen, neue Mauern in Politik und Gesellschaft einzureißen. Bei zentralen Gedenkveranstaltungen feierten am Abend Zehntausende Menschen am Brandenburger Tor eine Mauerfallparty.

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Drei Jahrzehnte nach der Überwindung der Teilung Deutschlands hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vor neuen Mauern in Politik und Gesellschaft gewarnt. Am 30. Jahrestag des Mauerfalls rief er in Berlin dazu auf, diese wieder einzureißen und für Demokratie und Zusammenhalt zu streiten.

Bei der zentralen Gedenkveranstaltung am ehemaligen Todesstreifen in der Hauptstadt mahnte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, die 1989 errungene Freiheit gegen neue Anfeindungen zu verteidigen.

Nach dem offiziellen Gedenken mit den Spitzen des Staates feierten am Abend Zehntausende Menschen am Brandenburger Tor eine fröhliche Mauerfallparty. Auch an vielen anderen Orten entlang der einstigen deutsch-deutschen Grenze wie im bayerisch-thüringischen Mödlareuth wurde an das Ende der Teilung vor 30 Jahren erinnert.

Steinmeier: "Quer durch unser Land sind neue Mauern entstanden"

Am Brandenburger Tor sagte der Bundespräsident, die Berliner Mauer sei ein für alle Mal weg. "Aber quer durch unser Land sind neue Mauern entstanden: Mauern aus Frust, Mauern aus Wut und Hass, Mauern der Sprachlosigkeit und der Entfremdung. Mauern, die unsichtbar sind, aber trotzdem spalten. Mauern, die unserem Zusammenhalt im Wege stehen."

Die Berliner Mauer habe das DDR-Regime gebaut. "Aber die neuen Mauern in unserem Land, die haben wir selbst gebaut. Und nur wir selber können sie einreißen", sagte Steinmeier und forderte unter großem Beifall: "Reißen wir diese Mauern endlich ein!"

Am 9. November 1989 öffnete das unter hohem gesellschaftlichen und ökonomischen Druck stehende SED-Regime die Mauer, die Berlin seit 1961 in Ost und West geteilt hatte. Die friedliche Revolution in der DDR ermöglichte nach rund 40 Jahren das Ende der Teilung Deutschlands, 1990 wurde Deutschland wiedervereinigt.

Merkel erinnerte auch an die Pogromnacht am 9. November 1938 und das nachfolgende "Menschheitsverbrechen" des Holocaust. "Der 9. November, in dem sich in besonderer Weise sowohl die fürchterlichen als auch die glücklichen Momente unserer Geschichte widerspiegeln, ermahnt uns, dass wir Hass, Rassismus und Antisemitismus entschlossen entgegentreten müssen", sagte sie. "Er mahnt uns, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um Freiheit und Demokratie, Menschenwürde und Rechtsstaatlichkeit zu verteidigen."

Steinmeier hatte auch die Staatsoberhäupter der Slowakei, Tschechiens, Polens und Ungarns - Zuzana Caputova, Milos Zeman, Andrzej Duda und Janos Ader - nach Berlin eingeladen. "Ohne den Mut und den Freiheitswillen der Polen und Ungarn, der Tschechen und Slowaken wären die friedlichen Revolutionen in Osteuropa und die deutsche Einheit nicht möglich gewesen", sagte er.

Merkel betonte, das Niederreißen der Mauer 1989 zeige: "Keine Mauer, die Menschen ausgrenzt und Freiheit begrenzt, ist so hoch oder so breit, dass sie nicht doch durchbrochen werden kann."

Trump: Schicksal der Berliner Mauer muss "Lehre für repressive Regime " sein

Ähnlich äußerte sich US-Präsident Donald Trump in einer offiziellen Botschaft an die Deutschen. Das Schicksal der Berliner Mauer müsse eine "Lehre für repressive Regime und Herrscher überall" sein, hieß es darin: "Kein Eiserner Vorhang kann jemals den eisernen Willen eines Volkes zurückhalten, das entschlossen ist, frei zu sein." Trump nannte Deutschland einen der "geschätztesten" Partner der USA.

Bei dem Gedenken an der Bernauer Straße steckten Steinmeier, Merkel und andere hochrangige Politiker wie Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) und Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) in die dort noch stehenden Mauerreste Rosen für die Opfer.

Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen starben an dem etwa 160 Kilometer langen Sperrwerk in der Hauptstadt mindestens 140 Menschen durch das DDR-Grenzregime. Zur Erinnerung an den Mut der DDR-Opposition im Herbst 1989 wurden Kerzen angezündet. Auf Demonstrationen getragene Kerzen waren damals das Symbol des gewaltlosen Widerstands.

In einer Andacht sagte der evangelische Bischof von Berlin und Brandenburg, Markus Dröge, die Erinnerung an die friedliche Revolution falle in diesem Jahr nachdenklicher aus als vor fünf Jahren. Der Anschlag auf die Synagoge in Halle habe alle aufschrecken lassen. Zudem seien die gesellschaftlichen Diskussionen schärfer geworden. Auch werde deutlicher formuliert, welch radikale Umbrüche die Ostdeutschen in Beruf und Alltag nach 1989 erlebt hätten.

Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer erinnerte an den Mut der Ostdeutschen und schrieb auf Twitter: "Auch heute geht es um Mut und Zuversicht." Außenminister Heiko Maas (SPD) sagte in Berlin, das Erbe von 1989 "verpflichtet uns, insbesondere uns Deutsche, ein Europa zu schaffen, das den Träumen und Werten derer gerecht wird, die 1989 auf die Straße gingen".  © dpa

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