Geldwäsche, Korruption, Steuerhinterziehung, Behinderung der Justizbehörden, Anstiftung zum Aufstand: Die Liste der Vorwürfe gegen Ex-Präsident Donald Trump und den amtierenden Präsidenten Joe Biden ist lang. Um welche Vorwürfe es sich handelt und warum man sie trotzdem nicht vergleichen kann.

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Die USA gehen mit großen Schritten auf die Präsidentschaftswahlen im Jahr 2024 zu. Das Wahlkampfgetöse wird bereits lauter und ein Schlagwort hört man von den Republikanern in diesen Zeiten besonders häufig: "Impeachment" – Amtsenthebung. Bei "X", ehemals "Twitter", trendet das Hashtag "ImpeachBidenNow".

Eine Forderung, die man bis vor Kurzem alleinig mit Ex-Präsident Donald Trump in Verbindung brachte. Denn gegen Trump hatten die Demokraten noch in dessen Amtszeit zwei Amtsenthebungsverfahren eingeleitet. "Erstens, weil er sein Amt als Präsident dazu nutzte, eine Druckkampagne gegen die Ukraine zu starten, um Herrn Biden zu belasten. Beim zweiten Mal wurde er wegen Anstiftung zum Aufstand angeklagt", erinnert Amerika-Experte Kirk Junker.

Zehn Mitglieder der eigenen Partei stimmten Impeachment Trumps zu

Der zweite Prozess stand im Zusammenhang mit dem Sturm auf das Kapitol vom 6. Januar 2021. Eine nötige Zweidrittelmehrheit im Senat kam aber beide Male nicht zustande – beide Prozesse endeten mit einem Freispruch.

Aber: Sogar zehn Mitglieder seiner eigenen Partei hatten dem Impeachment von Trump zugestimmt. "Der kürzlich gestürzte Sprecher des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, sagte damals: "Der Präsident trägt die Verantwortung für den Angriff von Randalierern auf den Kongress." Obwohl es genügend Beweise gab, um ihn zweimal anzuklagen, weigerte sich der von den Republikanern kontrollierte Senat beide Male, ihn zu verurteilen. ", blickt Kirk zurück.

"Formale Impeachment-Untersuchung" gegen Biden

Der Versuch, Biden aus dem Amt zu entheben, steht an ganz anderer Stelle. Im September hatte Kevin McCarthy, damaliger Sprecher des Repräsentantenhauses und einer der ranghöchsten Republikaner in Washington, angeordnet, das Geschäftsgebaren der Familie Biden zu untersuchen. Im Fokus der "formalen Impeachment-Untersuchung" steht Joe Bidens Sohn Hunter. Es geht um seine Geschäftsbeziehungen nach China und in die Ukraine.

Der Vorwurf: Joe Biden soll sein Amt als Vizepräsident in der Zeit unter Obama (2009-2017) missbraucht haben, um Hunter oder weiteren Familienangehörigen geschäftliche Vorteile zu verschaffen. Er soll sogar gemeinsam mit Sohn Hunter Biden Schmiergeld kassiert haben.

Die Demokraten und Biden selbst weisen die Vorwürfe entschieden zurück. Es gebe keine Beweise für ein Verbrechen, argumentieren sie. Biden stellte sich immer wieder auf den Standpunkt: Er wusste nichts von Hunters Geschäften. In einem Interview vor drei Jahren sagte er, er habe erst davon erfahren, dass sein Sohn im Vorstand von Burisma war, als er schon im Vorstand war.

Offene Fragen im Fall Hunter Biden

Offen bleiben einige Fragen aber tatsächlich: Wieso bekam Hunter Biden im Jahr 2014 plötzlich einen Posten im Vorstand des ukrainischen Gaskonzerns BURISMA – ohne jegliche Vorerfahrung, aber mit einem Millionen-Gehalt?

Wieso knüpfte Biden 2016 als Vize-Präsident das Auszahlen von Hilfsgeldern für die Ukraine an die Bedingung, den ukrainischen Staatsanwalt Viktor Schokin zu feuern? Eben jenen Staatsanwalt, der gegen das ukrainische Energieunternehmen BURISMA ermittelt, in dessen Aufsichtsrat Bidens Sohn Hunter saß.

Steuerhinterziehung, Betrug, Geldwäsche

Die Republikaner wittern vor diesen Hintergründen unter anderem Verschwörung oder Betrug gegen die Vereinigten Staaten, Überweisungsbetrug, Steuerhinterziehung und Geldwäsche. Auch Beweise wollen die Republikaner dafür haben. Auf einem Laptop von Hunter Biden sollen Medienberichten zufolge E-Mails gefunden worden sein, die nahelegten, er habe Geschäftsleuten Kontakte zu seinem Vater Joe Biden vermittelt.

Außerdem, so behauptet zum Beispiel der republikanische Senator Chuck Grassley aus Iowa, gebe es belastende Tonbandmitschnitte. Auf ihnen sollen BURISMA-Gründer Mykola Zlocheysky und Biden zu hören sein: "Der ausländische Staatsbürger, der die Bidens bestochen haben soll, hat offenbar heimlich 17 Tonbandmitschnitte angefertigt", sagte er im Parlament. Mit diesen Mitschnitten habe er sich absichern wollen, falls die Bestechung auffliegen sollte, behaupten die Republikaner.

Demokraten weisen Vorwürfe zurück

Eine erste Impeachment-Anhörung für ein mögliches Amtsenthebungsverfahren gegen Joe Biden hat bereits stattgefunden. Darin wiederholten die Republikaner in Form des Vorsitzenden des Aufsichtsausschusses des Repräsentantenhauses, James Comer, Biden habe "sein öffentliches Amt für den finanziellen Gewinn seiner Familie missbraucht" und die Bevölkerung über die "korrupten geschäftlichen Machenschaften seiner Familie belogen".

Die Demokraten verteidigen auch hier wieder: Es gebe "nicht den geringsten Beweis" für ein Fehlverhalten von Biden. Das Verfahren sei "absurd", so beispielsweise Jamie Raskin, der ranghöchste Demokrat im Aufsichtsausschuss. Die Vermutung der Demokraten: Die Republikaner wollen Biden auf eine moralische Stufe mit Trump holen und sich für die Impeachment-Verfahren aus der Vergangenheit rächen. Ex-Präsident Trump hatte mehrfach darauf gepocht, ein Amtsenthebungsverfahren gegen Biden voranzutreiben.

Kritik auch aus Reihen der Republikaner

"Sogar der republikanische Senator Marc Rubio aus Florida sagte, er unterstütze den Versuch, einen amtierenden Präsidenten anzuklagen, nicht", sagt Junker. Rubio hatte gewarnt: "Das darf nicht zur Routine werden". Gemeint damit: "Eine Amtsenthebungsuntersuchung gegen Biden – sogar ohne Beweise", kommentiert Junker.

Wie der Republikaner Marco Rubio feststellte, habe das von den Republikanern kontrollierte Repräsentantenhaus sein Amtsenthebungsverfahren gegen Biden als Teil dessen eingeleitet, was es offenbar für "routinemäßige" Politik hält. Junker sagt: "Sie behaupten, er wisse, dass sein Sohn finanziell von der Beeinflussung seines Vaters profitiert habe. Neben Rubio haben auch andere Mitglieder der Republikanischen Partei zugegeben, dass sie über kaum oder gar keine Beweise verfügen". Sie könnten das Amtsenthebungsverfahren nicht fortsetzen.

Unzulässige Vergleiche zwischen Biden und Trump

"Der Prozess hat gezeigt, dass Rubios Charakterisierung richtig ist – die Trump-Gläubigen missbrauchen das System als 'routinemäßiges' politisches Theater ohne Beweise", analysiert Junker.

Unzulässige Vergleiche zwischen Biden und Trump hatte es schon gegeben, als zuerst Geheimpapierfunde aus der Zeit als Vizepräsident in Bidens privatem Büro auftauchten. Sofort fühlten sich die Republikaner an die Ermittlungen gegen Trump erinnert, in dessen Anwesen Mar-a-Lago ebenfalls klassifiziertes Regierungsmaterial gelagert war.

Während es sich bei den Funden in Bidens Büro allerdings um ungefähr zehn Geheimdokumente gehandelt haben soll, die freiwillig und unverzüglich an das für die Aufbewahrung zuständige Nationalarchiv übergeben wurden, handelte es sich in Trumps Fall um mehr als hundert Dokumente, die teilweise ungesichert in Kisten oder auf Schreibtischen verstreut waren. Außerdem hatte das Nationalarchiv monatelang erfolglos versucht, Trump zur Herausgabe von Geheimpapieren zu bewegen.

Vier Anklagen gegen Trump

Gegen Trump wird daher strafrechtlich ermittelt, unter anderem wegen Justizbehinderung. Mitten im Wahlkampf ist er bereits mit vier Anklagen in Strafverfahren konfrontiert - zwei davon drehen sich um seine Versuche, den Ausgang der Präsidentenwahl 2020 nachträglich umzukehren.

"Es gibt zwei strafrechtliche Anklagen auf Bundes- und zwei strafrechtliche Anklagen auf Landesebene gegen Trump. Er hat mehrere Zivilklagen verloren. Es sind Dutzende weitere Zivilklagen anhängig", sagt Experte Junker.

Könnte Trump nochmal Präsident werden?

Bislang hindern ihn die Klagen nicht daran, erneut für das Rennen um das Weiße Haus anzutreten. Juristisch gibt es aber viele Fragen und Rechtsexperten diskutieren, ob ein Verfassungszusatz den Ex-Präsidenten doch noch von den Wahlen disqualifizieren kann. Dieser befasst sich damit, dass Trump sich beim Sturm auf das Kapitol "an einem Aufstand beteiligt" habe.

Dass es im Fall von Biden tatsächlich zu einem Amtsenthebungsverfahren mit positivem Ausgang kommt, halten die meisten Beobachter für ausgeschlossen: Für ein Impeachment-Verfahren ist eine Mehrheit im Repräsentantenhaus notwendig, für die tatsächliche Amtsenthebung dann eine Zweidrittelmehrheit im Senat nötig. Doch dort herrscht eine demokratische Mehrheit.

Verwendete Quellen:

Über den Experten:
Prof. Dr. Kirk W. Junker lehrt an der Universität zu Köln. Er studierte Philosophie und Politikwissenschaft an der Pennsylvania State University und promovierte an der Duquesne University School of Law (1984) und an der University of Pittsburgh (1996) (USA). Er studierte deutsches Recht an den Universitäten Tübingen und Bonn.
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