Bundeskanzler Olaf Scholz hat am heutigen Donnerstag den Emir von Katar zu Gast. Angesichts des brutalen Angriffs der palästinensischen Hamas auf Israel ist der Staatsbesuch heikel, denn Katar untersützt die Hamas politisch wie finanziell massiv. Von der Opposition kommt markige Kritik.

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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) empfängt am Donnerstag den Emir des reichen Golfstaats Katar, der zu den wichtigsten Unterstützern der islamistischen Hamas gehört. Nach dem Terror-Angriff der Hamas auf Israel mit vielen hundert Toten hatte Katar allein Israel für die Eskalation der Gewalt verantwortlich gemacht und auf die "ständigen Verletzungen der Rechte des palästinensischen Volkes" verwiesen. Nach Angaben der Hamas versucht Katar aber zu vermitteln, um einen Austausch israelischer Geiseln und palästinensischer Häftlinge in israelischen Gefängnissen zu erreichen.

Das öl- und gasreiche Katar fordert die Errichtung eines unabhängigen palästinensischen Staates mit Ostjerusalem als Hauptstadt. Die Schwester des Emirs von Katar, Al-Majassa Al Thani, veröffentlichte nach dem Hamas-Terrorangriff auf Instagram Fotos, auf denen zu sehen war, wie das Museum für Islamische Kunst und das Nationalmuseum in Doha mit der palästinensischen Flagge angestrahlt wird. Das Brandenburger Tor in Berlin war am Wochenende dagegen in die Farben Israels getaucht worden.

Opposition: "Mittagessen mit dem Hauptsponsor des Terrors"

Aus der Unionsfraktion kam Kritik an dem Treffen. "Wir können nicht morgens den Terror der Hamas verurteilen und dann mit dem Hauptsponsor des Terrors zu Mittag essen", sagte die CDU-Bundestagsabgeordnete Gitta Connemann der Zeitung "Welt". Wenn Scholz sich mit dem Emir treffe, müsse er Tacheles reden. "Katar muss bei seinen Kostgängern für die Freilassung der Geiseln sorgen. Und dann den Terroristen endlich den Geldhahn zudrehen", forderte sie.

Scholz verteidigte das Treffen. Man müsse mit vielen sprechen, damit es nicht zum Flächenbrand komme, auch mit Ländern in der Region, die Einfluss nehmen können, sagte der Kanzler in den ARD-"Tagesthemen". Vizekanzler Robert Habeck sagte am Mittwoch, es sei richtig, "dass auch meinen Informationen nach Katar ein Finanzier der Hamas ist". Der Grünen-Politiker verwies aber auch darauf, dass Katar Kontakte habe, über die Deutschland oder Israel nicht verfügten. "Und deswegen finde ich es richtig, dass der Bundeskanzler mit dem Emir redet. Und so wie ich den Bundeskanzler kenne - und wir haben uns darüber ausgetauscht - weiß ich auch, dass er Klartext mit ihm reden wird."

"Leider nötig": Ampel-Parteien verteidigen Treffen

Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Nils Schmid, sagte der "Welt", Katar spiele seit geraumer Zeit in den Konflikten des Nahen Ostens eine wichtige Mittlerrolle, das müsse genutzt werden. Scholz werde bei dem Treffen über die Möglichkeiten der Eindämmung des Konflikts und der Befreiung der Geiseln sprechen.

FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann forderte, das Verhältnis zu Katar müsse neu justiert werden. "Trotzdem ist dieses Gespräch beim Bundeskanzler leider nötig, um hoffentlich so viele Geiseln wie möglich aus den Fängen der Terrorgruppe zu befreien. Das erwarten wir, sonst wäre das Gespräch Makulatur", sagte sie der Zeitung.

Kritik an geplanten Gaskäufen in Katar

Ihr Parteikollege Michael Kruse, energiepolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, forderte gegenüber "Zeit Online", Deutschland müsse sein Vorhaben, Flüssigerdgas aus Katar zu kaufen, sofort auf Eis legen. "Mit dieser indirekten Terrorfinanzierung muss Schluss sein", sagte er über die im vergangenen Jahr geschlossene Energiepartnerschaft mit Katar, die ab 2026 Gaslieferungen aus Russland ersetzen soll.

Seit etwa 15 Jahren einer der wichtigsten Hamas-Unterstützer

Dass Katar jetzt - wie schon nach der Machtübernahme durch die Taliban in Afghanistan 2021 - wieder als Vermittler gefragt ist, hat mit seinen Beziehungen zu islamistischen Gruppierungen auf der einen Seite und zu westlichen Staaten auf der anderen Seite zu tun. Der arabische Golfstaat gehört seit etwa 15 Jahren zu den wichtigsten Unterstützern der Hamas. Diese Unterstützung besteht anders als im Falle des Iran nicht aus Waffenlieferungen. Vielmehr greift das reiche Emirat der islamistischen Bewegung vor allem politisch unter die Arme und leistet finanzielle Hilfe, etwa beim Wiederaufbau von Infrastruktur nach israelischen Angriffen. Hamas-Chef Ismail Hanija lebt in Katar.

Scholz hatte den Emir bereits vor gut einem Jahr in Doha besucht. Wie damals ist auch diesmal keine gemeinsame Pressekonferenz geplant, womöglich auch, weil Herrscher autoritär geführten Staaten wie Katar sich darauf häufig nicht einlassen. (dpa/afp/mcf)

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