• Mit der FDP hat am Sonntag die zweite Partei des Ampel-Bündnisses dem gemeinsamen Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP zugestimmt.
  • Das Ergebnis war erwartet worden, die Amtseinführung der neuen rot-grün-gelben Bundesregierung ist für kommende Woche geplant.
  • Bei einem digitalen Parteitag warb FDP-Chef Christian Lindner leidenschaftlich für den Vertrag.

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Die FDP hat den Koalitionsvertrag mit SPD und Grünen mit großer Mehrheit angenommen. Bei einem digitalen Parteitag gab es am Sonntag 535 Ja- und 37 Nein-Stimmen sowie 8 Enthaltungen für das 177-Seiten-Papier zur Bildung der ersten Ampel-Regierung auf Bundesebene. Die FDP errechnete eine Zustimmung von 92,24 Prozent.

Bereits am Samstag hatte ein SPD-Parteitag den Vertrag mit knapp 99 Prozent angenommen. Das Votum der Grünen soll am Montag vorliegen, dann endet ihre Mitgliederbefragung.

Am Montag sollen neues Kabinett stehen

Ebenfalls am Montag will die SPD die Besetzung der ihr zustehenden Ministerien bekannt geben. Am Dienstag dann soll der Koalitionsvertrag unterzeichnet werden, am Mittwoch die neue Regierung ihr Amt antreten.

Die FDP-Führung warb vehement für den 177-seitigen Koalitionsvertrag und die geplante Ampel-Koalition. "Ich bin überzeugt davon: Dieses Land wird von dieser Koalition profitieren, ein neuer Aufbruch in Deutschland ist möglich", sagte FDP-Chef Christian Lindner, der in der neuen Bundesregierung Finanzminister werden soll. Auch die FDP könne von dieser neuen Verantwortung profitieren. Deshalb werbe er um die Annahme des Koalitionsvertrags. "Fangen wir an. Deutschland wartet auf diesen neuen Aufbruch."

Bettina Stark-Watzinger, die als Bildungsministerin vorgesehen ist, sagte, der Koalitionsvertrag beinhalte nicht nur klare Projekte. "Wir haben Durchbrüche in Bereichen, die jahrelang politisch vernachlässigt wurden."

Lindner: "Koalitionsvertrag für eine Politik der Mitte"

Lindner betonte: "Es ist ein Koalitionsvertrag für eine Politik der Mitte, der unser Land nicht nach links rückt, sondern nach vorne führen will." Der Vorsitzende der Freien Demokraten hob unter anderem hervor, dass der Vertrag eine Erneuerung des liberalen Bildungs- und Aufstiegsversprechen beinhalte. Er stehe für gesellschaftspolitischen Aufbruch und ein modernes Einwanderungsrecht, sehe solide Finanzen und eine Digitalisierung von Staat und Gesellschaft vor.

"In diesem Koalitionsvertrag sind viele Projekte und Anliegen der Freien Demokraten enthalten", sagte Lindner. "Ich gehe so weit zu sagen: Bei einer möglichen Jamaika-Konstellation im Jahr 2021 hätte es nicht mehr liberale Politik gegeben, als jetzt in dieser Ampel-Konstellation möglich ist." Erst recht gebe es jetzt mehr liberale Inhalte, als bei den geplatzten Gesprächen über eine Jamaika-Koalition mit Union und Grünen vor vier Jahren möglich gewesen sei.

Vor vier Jahren habe die FDP den Mut gehabt, Nein zu einer Regierungsbeteiligung zu sagen, weil wenig liberale Politik sichtbar gewesen sei. "Und genauso sollten wir jetzt vier Jahre später den Mut haben, Ja zu sagen zu einer Koalition, in der - so ungewöhnlich sie für die Bundesebene sein mag - viel liberale Politik enthalten ist." Lindner betonte: "Heute können wir sagen: Es ist besser, diese Koalition zu wagen, als auf Gestaltungschancen zu verzichten." Zugleich bat er um "Geduld und Toleranz", wenn die FDP nicht gleich alle ihre Vorhaben umsetzen können sollte und auch im laufenden Regierungshandeln Kompromisse eingehen müsse.

Praktische keine Kritik aus FDP-Reihen am Vertrag

Auch der stellvertretende Vorsitzende Johannes Vogel sagte, es sei richtig, jetzt Verantwortung zu übernehmen. "Der Koalitionsvertrag (...) mutet allen etwas zu - auch uns", räumte er ein. Fortschritt aus der Mitte heraus entstehe aber nur, wenn man auch einen Schritt auf andere zugehe. "Und Fortschritt brauchen wir, weil es die letzten Jahre in Deutschland zu viel kleinsten gemeinsamen Nenner, zu viel nur Fahren auf Sicht gab." Bei Megatrends wie der Digitalisierung, der Dekarbonisierung und der Demografie stehe Deutschland deshalb zu schlecht da.

In der Aussprache über den Vertrag gab es praktisch keine Kritik der Delegierten. Diese waren wegen der Corona-Pandemie nur digital zugeschaltet. Am Veranstaltungsort in Berlin waren im Wesentlichen nur das Partei- und das Tagungspräsidium anwesend. (dpa/afp/mf)  © dpa

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