• Der FDP-Politiker Johannes Vogel hat angesichts der angespannten Finanzlage der gesetzlichen Krankenversicherung die Streichung der Homöopathie als Kassenleistung ins Gespräch gebracht.
  • Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will das milliardenschwere Defizit unter anderem mit einer Erhöhung des Zusatzbeitrages und eine Solidarabgabe von Pharma-Unternehmen ausgleichen.

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Wegen des Milliardendefizits in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) hat FDP-Parlamentsgeschäftsführer und Parteivize Johannes Vogel angeregt, homöopathische Mittel künftig nicht mehr von den gesetzlichen Kassen bezahlen zu lassen. Homöopathie sollte zwar jeder nutzen dürfen, sie sei "aber nachweislich wissenschaftlich nicht wirksam", schrieb Vogel am Mittwoch auf Twitter.

Dass aber "manche Kassen das Kollektiv ihrer Beitragszahler verpflichten, das mitzuzahlen, muss auf den Tisch, wenn gleichzeitig höhere Zusatzbeiträge im Raum stehen", fügte Vogel hinzu. Nach den geltenden Regelungen habe haben die gesetzlichen Kassen die Möglichkeit, homöopathische Mittel als Zusatzleistung abzurechnen, was seit längerer Zeit umstritten ist.

CSU-Politiker sieht "Generalangriff" auf die Homöopathie

Auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) gehört zu den Kritikern der Homöopathie. Er hält sie für "Humbug" und erklärte erst im Mai: "Gute Medizin steht auf dem Boden der Wissenschaft. Für Homöopathie gibt es dort keinen Platz." Bereits 2019 brachte er ein Verbot der Kostenerstattung von homöopathischen Mitteln durch die Krankenkassen ins Spiel.

Unter anderem aus der CSU kommt Kritik an Vogels Vorstoß. Der CSU-Landtagsabgeordnete Bernhard Seidenath erklärte, dass die Pläne die "Gesellschaft spalten" würden und bezeichnete diese als "Generalangriff" auf die Homöopathie. "Ich sehe, dass es viele Menschen gibt die auf Homöopathie schwören", erklärte Seidenath dem Bayerischen Rundfunk. Wenn ihnen die Behandlung helfe, halte er es nicht für richtig, ihnen etwas wegzunehmen. Der CSU-Politiker wie auch Vertreter anderer Parteien verwiesen zudem darauf, dass die Ausgaben der Krankenkassen für homöopathische Mittel nur einen geringen Anteil ausmachen, der Effekt damit nur sehr gering ist.

Bundesgesundheitsministerium: Homöopathische Präparate haben nur "sehr geringes Volumen" an Ausgaben

Auch das Bundesgesundheitsministerium betonte, dass homöopathische Präparate nur ein "sehr geringes Volumen" im Vergleich zu den gesamten Arzneimittelausgaben in der GKV ausmachen. Laut Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn beliefen sich die Arzneimittel-Ausgaben der gesetzlichen Kassen auf rund 40 Milliarden Euro im Jahr, wovon nur etwa 20 Millionen auf Homöopathie enfielen, wie er 2019 sagte. Bestrebungen, die Globuli aus dem Leistungskatalog herauszunehmen, seien nicht bekannt, sagte eine Ministeriumssprecherin.

Bundesgesundheitsminister Lauterbach will das für das kommende Jahr erwartete GKV-Defizit von etwa 17 Milliarden Euro unter anderem mit dem Rückgriff auf Reserven bei Krankenkassen und Gesundheitsfonds, einer Solidarabgabe der Pharmaindustrie und einem erhöhten Steuerzuschuss decken. Auf die Versicherten kommt ein höherer Zusatzbeitrag zu, Leistungskürzungen sieht Lauterbachs Gesetzentwurf nicht vor. "Was vorgelegt wurde, reicht noch nicht", sagte Vogel dem Redaktionsnetzwerk Deutschland dazu.

Ärztin erklärt Gefahren von Homöopathie

Im Interview mit unserer Redaktion hatte die Ärztin Natalie Grams – selbst viele Jahre praktizierende Homöopathin – auf die Gefahren der Homöopathie hingewiesen: "Dass man im guten Glauben an eine vermeintliche Wirksamkeit eine richtige Behandlung verzögert oder sogar unterlässt und damit natürlich ein gesundheitliches Risiko für sich oder auch für seine Kinder eingeht."

Grams lehnt Homöopathie als Kassenleistung ab. Auch weil klinischen Studien immer wieder gezeigt hätten, "dass die Effekte nicht deutlich genug über den Placeboeffekt hinausgehen, um daraus eine Wirkung belastbar ableiten zu können." Es sei deshalb keine spezifisch wirksame Therapie und ersetze auch keine solche.

In Frankreich müssen Patienten seit 2021 homöopathische Mittel aus der eigener Tasche bezahlen, sie werden seitdem nicht mehr von der Krankenkasse erstattet. Die Nachfrage an den Präparaten ist im Zuge dessen erheblich geschrumpft. (afp/dpa/mf)

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