Mit der Wahl des neuen Führungsduos Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans hat sich die SPD deutlich linker positioniert. Zwei Ex-Chefs der Linkspartei wären nun einer Fusion nicht abgeneigt – doch selbst aus der eigenen Partei gibt es Gegenwehr.

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Es ist ein spürbarer Schritt nach links gewesen. Nach dem Parteitag am Wochenende hat die SPD die perspektivische Überwindung der Schuldenbremse, die Wiedereinführung der Vermögensteuer, eine Kindergrundsicherung, eine Bürgerversicherung in der Pflege und die Anhebung des Mindestlohns auf zwölf Euro gefordert. Außerdem beschloss die Partei eine Abkehr von der Sozialagenda 2010 und von Hartz IV. "Wir sind Aufbruch, wir gehen in Richtung der neuen Zeit", bemerkte die neue Parteichefin Saskia Esken.

Viele der aktuellen Forderungen werden schon seit Längerem genau so oder ähnlich von der Linkspartei erhoben. Zwei ehemals führende Linken-Politiker nehmen den Kursschwenk der SPD nun zum Anlass, laut über eine Fusion nachzudenken. "Ich hielte sie für wünschenswert", sagte Ex-Linken-Chef Oskar Lafontaine dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (RND). Lafontaine stand bis 1999 an der Spitze der SPD, 2005 wechselte er zu deren Abspaltung "Wahlalternative Arbeit & soziale Gerechtigkeit", aus der zwei Jahre später die Partei Die Linke hervorging.

Lafontaine betonte aber zugleich, dass es derzeit in beiden Parteien noch keine Voraussetzungen für eine Vereinigung gibt. "Es fehlt eine gemeinsame programmatische Grundlage. Und es fehlen Politiker in beiden Parteien, die diese Vereinigung für sinnvoll erachten", erklärte Lafontaine.

"Perspektivisch ist eine gemeinsame starke Linke nötig"

Auch Ex-Linken-Chef Klaus Ernst unterstützt die Idee prinzipiell – "wenn die SPD tatsächlich die Interessen der abhängig Beschäftigten und der Rentner, also die soziale Frage, in den Mittelpunkt rückt". In dem Fall, so sagte Ernst dem RND, müsse die Linke darüber nachdenken, wie sie noch eigene Wählerschichten erreichen kann. Denn es gebe für zwei ähnlich positionierte Parteien eher keinen Platz. Deshalb sei "perspektivisch eine gemeinsame starke Linke nötig" und "wünschenswert".

Wie aberwitzig der Vorstoß tatsächlich ist, zeigt sich in dem Fall an den Reaktionen aus SPD-Reihen: nämlich keine. Offenbar nimmt man dort die Idee von Lafontaine nicht ernst.

Auch der Linken-Bundestagsabgeordnete Lorenz Gösta Beutin lehnt eine Fusion ab. Die Überlegungen bezeichnete er auf Twitter als "unzeitgemäß" und "überflüssig". Vielmehr sei es berechtigt, dass es in Deutschland mit der Linkspartei eine sozialistische und mit der SPD eine sozialdemokratische Partei gibt, schreibt Beutin weiter.

Noch deutlicher wurde Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau. Ironisch erklärte Sie dem RND mit Blick auf die Entstehungsgeschichte der DDR-Einheitspartei SED: "Ich stehe für Zwangsvereinigungen nicht zur Verfügung."

Laut aktuellen Umfragen würden beide Parteien zusammen etwa 22 Prozent der Wählerstimmen erhalten, die Union kommt auf 28 Prozent.

Mit Material der dpa.

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