Dem deutschen Staat brechen wegen der Coronakrise Milliardeneinnahmen weg. Die CDU beharrt trotz eines teuren Konjunkturprogramms darauf, die Steuern nicht zu erhöhen. Die SPD widerspricht vehement. Damit droht Krach in der großen Koalition.
Es ist eine gigantische Summe Geld, die wegen der Coronakrise wegbricht. Die Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Kommunen fallen im laufenden Jahr um voraussichtlich 98,6 Milliarden Euro niedriger aus, als bisher erwartet – ein Minus von mehr als zehn Prozent.
Bis 2024 wird sogar von einem Einnahmerückgang von insgesamt 315,9 Milliarden Euro ausgegangen. Das geht aus der Frühjahrsprognose des Arbeitskreises Steuerschätzungen hervor, die Bundesfinanzminister
Doch der SPD-Politiker will nicht etwa sparen und streichen, sondern sogar Milliarden in ein Konjunkturprogramm stecken. Nur so, sagt Scholz, komme Deutschland gesund durch die Krise.
Doch wie will sich der Finanzminister das alles leisten? Steuererhöhungen soll es nicht geben, das hat zumindest
Die SPD allerdings stemmt sich gegen dieses Dogma, die Parteispitze fordert erhöhte Vermögensabgaben. Damit droht Krach in der großen Koalition.
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Menschen mit hohem Einkommen sollen größeren Beitrag leisten
Die Coronakrise lässt sich aus Sicht der SPD-Spitze nur mit höheren Steuern und Abgaben bewältigen. Wenn der Staat seine Neuverschuldung in Grenzen halten wolle, müsse es zumindest in einigen Bereichen höhere Einnahmen geben, sagte Parteichef Norbert Walter-Borjans der "Passauer Neuen Presse". "An dieser Logik führt kein Weg vorbei. Alles andere geht nach Adam Riese nicht."
Nach der Krise gelte es daher, Steuerschlupflöcher zu schließen und einen höheren Beitrag von Top-Einkommen und Top-Vermögen zu verlangen, sagte er – ohne Details oder konkrete Summen zu nennen.
Auch Vizekanzler und Finanzminister Scholz sagte im ZDF-"Heute Journal", eine Debatte über eine Vermögensabgabe sollte nach der Krise geführt werden. Im letzten Wahlprogramm habe die SPD auch auf sein Betreiben hin gefordert, dass diejenigen, die "sehr, sehr, sehr viel" verdienten, einen höheren Beitrag leisten müssten. Ist nun die Zeit dafür gekommen?
Union: "Steuererhöhungen sind Gift"
Der Koalitionspartner sagt Nein: "Steuererhöhungen sind Gift, das gilt sowohl für die Vermögensabgabe als auch für die Reichensteuer", erklärte der Chefhaushälter der Unionsfraktion, Eckhardt Rehberg, der "Rheinischen Post".
"Steuererhöhungen haben noch nie Wachstum gebracht", betonte der CDU-Politiker bereits am Donnerstag im ARD–"Morgenmagazin". Würden etwa Vermögensabgaben oder Einkommenssteuern erhöht, "würden wir besonders unseren starken deutschen, eigentümergeführten Mittelstand treffen – und das ist kontraproduktiv".
Rehberg schlug stattdessen vor, Sonderabschreibungen für Unternehmen einzuführen, die gezielt in den Klimaschutz und Digitalisierung investieren.
Zwar spricht sich auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier wie Scholz für zügige staatliche Konjunkturimpulse aus. "Wir müssen Rahmenbedingungen schaffen, die Beschäftigen und Unternehmen Rückenwind beim Neustart geben", erklärte Altmaier.
Doch dafür hält der CDU-Minister "gezielte Impulse für Investitionen durch erleichterte Abschreibungsregeln und Steuererleichterungen sowie Impulse für den privaten Konsum", für geeigneter.
Lastenausgleich wie nach dem Zweiten Weltkrieg
Die Vorstellungen der Sozialdemokraten, wie Vermögende stärker besteuert werden sollen, nehmen indessen schon konkrete Formen an. So erinnerte der Fraktionschef der SPD im Bundestag, Rolf Mützenich, an das Instrument des Lastenausgleichs nach dem Zweiten Weltkrieg.
Anfang der 50er-Jahre wurden alle Vermögen über 5.000 D-Mark mit einer Abgabe von 50 Prozent belastet, die Zahlungen allerdings über 30 Jahre gesteckt. Mützenich sagte: "Die Solidarität der ganzen Gesellschaft wird auch jetzt erforderlich sein. Ich bin sehr für einen Lastenausgleich, um die Folgen der Coronakrise zu überwinden."
Doch gebraucht werde ein kluges Modell für die jetzige Situation. "Es muss so gestaltet sein, dass Reiche ihren Beitrag einbringen, damit genügend Gerechtigkeit hergestellt wird", sagte Mützenich. Die Erfahrung der Pandemie mache die Gesellschaft gemeinsam – genau wie im vergangenen Jahrhundert die Erfahrung verheerender Kriege. (mf/dpa/AFP)
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