Nigel Farage könnte in dieser Woche seinen größten politischen Erfolg feiern. Etwas, worauf er seit 25 Jahren hinarbeitet: den Brexit, den Austritt Großbritanniens aus der EU. Aber wer ist dieser Nigel Farage eigentlich, der mit seiner UKIP-Partei gegen Europa und Flüchtlinge hetzt?

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Es ist eine Schicksalswoche für Großbritannien und auch für Europa. Am Donnerstag (23.06.) entscheidet die britische Bevölkerung in einem Referendum über einen möglichen Austritt aus der Europäischen Union.

Der Ausgang ist ungewiss. Jüngsten Umfragen zufolge liefern sich Brexit-Befürworter und -Gegner noch immer ein Kopf-an-Kopf-Rennen. An der Spitze der Brexit-Befürworter steht der Rechtspopulist Nigel Farage. Der Brexit ist seit Jahrzehnten sein erklärtes Ziel und in seinen Augen das einzig Richtige für Großbritannien.

Nigel Farage war politisch früh engagiert

Farage ging nach dem College nicht zum Studieren, sondern begann im Alter von 18 Jahren als Rohstoffhändler und arbeitete später als Investmentbanker. Bereits in jungen Jahren war er politisch engagiert und trat schon während der Schulzeit den Konservativen bei. Allerdings verließ er die Partei 1992 als Zeichen des Protests gegen die Unterzeichnung des Maastrichter Vertrags, der Geburtsstunde der EU.

Brexit: Live-Blog zur Abstimmung in Großbritannien

Im Jahr 1993 gründete er dann die United Kingdom Independence Party (UKIP) und kämpft seitdem für einen Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union. Im Jahr 1999 wurde er erstmals ins Europäische Parlament gewählt und 2004, 2009 sowie 2011 bestätigt.

Mit der Ankündigung des britischen Premierministers David Cameron, dass es ein Referendum zum Verbleib in der EU geben werde, sah Nigel Farage endlich seine Stunde gekommen, sein größtes politisches Ziel, den Austritt Großbritanniens aus der EU, zu erreichen.

In den vergangenen fünf Jahren ist die europafeindliche UKIP stetig gewachsen. Hatte die Partei im Jahr 2010 nur etwa 15.500 Mitglieder, so waren es drei Jahre später bereits mehr als doppelt so viele. Zwischenzeitlich zählte die UKIP fast 50.000 Mitglieder und ist fünftgrößte Partei in Großbritannien. Bei der Europawahl 2014 wurde die UKIP sogar stärkste britische Partei.

Nigel Farage präsentiert sich stets volksnah und populistisch. Aggressive und oftmals derbe Sprüche sind sein Markenzeichen – Political Correctness ist für ihn ein Fremdwort.

So verhöhnte er beispielsweise den ehemaligen EU-Ratspräsidenten Herman Van Rompuy und nannte ihn in einer Rede im EU-Parlament einen "feuchten Lappen" und dessen Herkunftsland Belgien ein "Nicht-Land". Farage sieht sich als Sprachrohr der Arbeiterschicht und pflegt sein "Mann aus dem Pub"-Image.

Gerne unterstreicht er dieses, indem er sich mit einem Pint oder einer Zigarette (oder beidem) in der Hand ablichten lässt. Seine Gegner attackiert er als volksfremd, abgehoben und stereotyp.

Farage: "Angela Merkel privat noch viel elender"

Kanzlerin Angela Merkel nannte er "unglaublich kalt". Sie sehe "privat noch viel elender aus als in der Öffentlichkeit". Auch der französische Präsident Francois Hollande kam nicht ungeschoren davon. Ihn nannte Farage in einer Rede aus dem Jahr 2013 den "Idioten Nummer 1".

Die wichtigsten Säulen seiner politischen Aktivität sind der Austritt aus der EU und die Eingrenzung der Zuwanderung. Farage ist der Meinung, dass die Zuwanderung nur kontrolliert werden könne, wenn Großbritannien aus der EU austritt, um so den Regularien der Europäischen Union zu entgehen.

Die Brexit-Abstimmung bezeichnete er kürzlich in einer Rede als "die wichtigste Wahl, die wir jemals in unserem Leben haben werden. Es ist das Ende eines langen Weges". Dass sich in der Brexit-Debatte viel um das Thema Einwanderung dreht, spielt Farage in die Karten.

300.000 Migranten im vergangenen Jahr und der Sparkurs der Regierung stoßen vielen Briten sauer auf. Plakate mit Aufschriften wie "26 Millionen Menschen in Europa sind auf der Suche nach Arbeit - und hinter wessen Jobs sind die her?" gehören zum Wahlkampfgetöse der UKIP.

Auch ein Plakat, das Flüchtlinge an Grenzübergängen zeigt und "Die EU hat uns alle enttäuscht" titelt, hat unlängst für Empörung gesorgt.

Sämtliche Social-Media-Kanäle weiß Farage geschickt für sich zu nutzen. Ob Twitter oder Facebook – er ist online sehr aktiv und nutzt die Plattformen zur Verbreitung seiner Parolen.

Einen Tag vor dem Referendum twitterte er beispielsweise, dass die EU ein "gescheitertes Projekt" sei. Sätze wie "es wird Zeit, die Kontrolle über unser Land und unsere Grenzen zurückzugewinnen" liest man auf seinem Twitter-Account regelmäßig.

Farage greift Cameron an

Als Premierminister David Cameron nach der Ermordung der Politikerin Jo Cox deren letzten Artikel twittert, in dem sie sagt, dass Großbritannien besser mit der Migrantensituation umgehen könne, wenn es in der EU bleibe, erkennt Farage eine Steilvorlage.

Cameron würde versuchen, eine Verbindung zwischen der Tat "eines einzelnen Verrückten" und der Brexit-Kampagne herzustellen. Der schottische Journalist und Blogautor Alex Massie sieht in Nigel Farage und seiner Kampagne eine große Gefahr und auch eine Verbindung zum Mord an Cox: "Wer Politik zu einer Sache von Leben und Tod macht, der darf sich nicht wundern, wenn er beim Wort genommen wird."

Wenn Großbritannien am Donnerstag über den Brexit abstimmt, ist dieses Referendum auch der Showdown für Nigel Farage. Es ist seine Chance, es seinen Gegnern auf der politischen Bühne zu zeigen - oder sich geschlagen geben zu müssen.

Eines hat er jetzt schon geschafft: Er hat bewiesen, dass er viele Wähler um sich scharen und Europa und Großbritannien in Panik versetzen kann.

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