Erneute Wende im Fall Hans-Georg Maaßen: Die AfD bestätigt in einem Bericht des ARD-Magazins "Kontraste", dass Maaßen der Partei Informationen aus einem noch unveröffentlichten Verfassungsschutzbericht zukommen ließ – bereits fünf Wochen vor dessen Veröffentlichung. Der Verfassungsschutzchef dementiert den Bericht.

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Der Streit um den Präsidenten des Verfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen, geht in die nächste Runde. Nun hat der AfD-Politiker Stephan Brandner gegenüber dem ARD-Magazin "Kontraste" bestätigt, dass Maaßen bei einem persönlichen Treffen der AfD "Zahlen aus dem Verfassungsschutzbericht 2017" zugespielt hat, die zum Zeitpunkt des Treffens "noch nicht veröffentlicht" waren.

Laut Brandner habe man sich über "verschiedene Zahlen unterhalten, die da drinstehen". Vor allem sei es laut "tagesschau.de" um die Zahl islamistischer Gefährder und den Haushalt des Verfassungsschutzes gegangen.

Das Treffen fand am 13. Juni statt, der Bericht wurde erst fünf Wochen später veröffentlicht.

Maaßen selbst hat inzwischen den Bericht von "Kontraste" zurückgewiesen. "Das ist selbstverständlich nicht der Fall", teilte er am Donnerstag mit. Inhalt der auf ausdrücklichen Wunsch des Innenministeriums geführten Gespräche mit Abgeordneten aller Bundestagsparteien sei regelmäßig die Information über die aktuelle Sicherheitslage etwa im Bereich des islamistischen Terrorismus.

Angesichts der neuen Vorwürfe zeigt sich Staatsrechtler Professor Joachim Wieland entsetzt: Wenn das Innenministerium Maaßen tatsächlich solche Gespräche erlaube, habe es einem Beamten "einen Freibrief für politisches Handeln erteilt, den man so nicht hätte erteilen dürfen", sagte Wieland dem ARD-Magazin. Maaßens Vorgehen lasse Zweifel "an der gebotenen politischen Neutralität" des BfV-Präsidenten aufkommen. Gerade der Behördenchef müsse schon den "bloßen Anschein" vermeiden, er agiere politisch.

Maaßen mit weiteren Kontakten zur AfD

Schon am Dienstag hatte AfD-Chef Alexander Gauland von drei Treffen mit Hans-Georg Maaßen berichtet. Dabei habe Maaßen unter anderem angeboten, dass man sich an ihn wenden könne, falls es Probleme geben sollte. Auf dieses Angebot sei Gauland später auch eingegangen und habe sich an Maaßen gewandt, als der Verdacht aufgekommen war, in der AfD-Bundestagsfraktion könne es einen "Einflussagenten der Russen" geben.

Auch die AfD-Aussteigerin Franziska Schreiber berichtet in ihrem Enthüllungsbuch darüber, dass sich Maaßen mit der damaligen AfD-Chefin Frauke Petry getroffen und ihr taktische Tipps gegeben habe, wie man am besten einer Beobachtung durch den Verfassungsschutz entgehen könne. Maaßen hatte Schreibers Darstellung widersprochen.

SPD fordert Maaßens Rücktritt

Damit dürften die Diskussionen um Maaßen weiter Fahrt aufnehmen. Der BfV-Präsident steht wegen umstrittener Äußerungen im Zusammenhang mit den fremdenfeindlichen Ausschreitungen in Chemnitz seit Wochen in der Kritik und hatte sich unter anderem vor dem Innenausschuss des Bundestags verantworten müssen.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte dem 55-Jährigen noch vor Bekanntwerden der neuen Vorwürfe im Bundestagsplenum demonstrativ sein Vertrauen ausgesprochen.

SPD-Innenexpertin Eva Högl hingegen forderte Kanzlerin Angela Merkel in der Bundestagsdebatte über den Haushalt des Innenministeriums auf, für Maaßens Entlassung zu sorgen. Merkel müsse Klarheit schaffen. "Denn nirgendwo ist Vertrauen wichtiger als beim Verfassungsschutz."

Auch SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil forderte Merkel zum Handeln auf: "Für die SPD-Parteiführung ist völlig klar, dass Maaßen gehen muss. Merkel muss jetzt handeln", sagte er.

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