Die Zustimmung für Kanzlerin Angela Merkel sinkt, CSU-Chef Horst Seehofer hingegen wird immer beliebter - vor allem wegen seiner Kritik an der Flüchtlingspolitik. Schon droht er damit, 2017 einen eigenen Wahlkampf auch gegen die Schwesterpartei zu führen. Spekuliert er auf die Kanzlerschaft?

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CSU-Chef Horst Seehofer rasselt mit den Säbeln. So kennen ihn viele. Vor allem, wenn es um Aussagen von Bundeskanzlerin Angela Merkel geht, ist der bayerische Ministerpräsident nie um klare Worte verlegen. Nun schielt er scheinbar mit einem Auge Richtung Berlin.

Sein Blick könnte auf das Amt des Bundeskanzlers gerichtet sein. Was Seehofer dabei in die Karten spielen dürfte: In Fragen der Flüchtlingspolitik distanziert er sich mit Nachdruck von Merkels "Wir schaffen das" - und trifft damit den Nerv vieler Bürger. Seine Umfragewerte sind sprunghaft gestiegen.

Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer ist stets für eine Überraschung gut. Das hat er oft genug unter Beweis gestellt. Doch eines dürfte viele dann doch etwas befremden: Seehofer schließt plötzlich eine mögliche Spitzenkandidatur für die Bundestagswahl 2017 nicht aus. Zumindest für seine eigene Partei.

Sprung nach vorne in den Umfragewerten

Zustimmung dafür fände er momentan vor allem von Bürgern, die unzufrieden mit Merkels Flüchtlingspolitik sind. Laut jüngsten Umfragen im aktuellen Deutschlandtrend von Infratest Dimap sind das immerhin 65 Prozent der Bevölkerung. Gleichzeitig hat der CSU-Chef in der Beliebtheit einen großen Sprung gemacht - um elf Punkte auf 44 Prozent Zustimmung. Merkel liegt damit nur noch drei Punkte vor ihm.

Der Hauptgrund: Seehofer hatte nach den jüngsten Bluttaten ein härteres Vorgehen beim Thema Flüchtlingspolitik und innerer Sicherheit gefordert, Merkel dagegen hat ihre Flüchtlingspolitik erneut ausdrücklich bekräftigt. Auch in der CDU flammte die Kritik an Merkels Linie neu auf.

Politikberater Prof. Werner Weidenfeld sagt in einem Gespräch mit unserer Redaktion: "Seehofer repräsentiert eine Politik, die Recht und Ordnung gewährleistet und sich nicht mit einem 'Wir schaffen das' begnügt. Aus diesem Grund steht er gerade bei den Gegnern von Merkels Flüchtlingspolitik so hoch im Kurs."

Seehofer als Kanzler kaum denkbar

Ursprünglich wollte Seehofer seine politischen Ämter bis 2018 abgeben. Durch die Flüchtlingskrise war der sukzessive Rückzug für ihn jedoch nicht möglich. Herausgekommen ist jetzt am Ende das genaue Gegenteil. Für den 67-Jährigen ist wieder alles möglich. Manch einer wünscht ihn sich sogar als Kanzler. Die steigende Beliebtheit in der Bevölkerung und Seehofers teilweise nebulöse Aussagen zu diesem Thema lassen viel Raum für Spekulationen darüber, ob Seehofer tatsächlich Kanzler werden will.

Zwei CSU-Vorsitzende haben bereits versucht, Bundeskanzler zu werden: Franz Josef Strauß ließ sich zwischen den Jahren 1961 und 1987 als Spitzenkandidat bei Bundestagswahlen aufstellen. Strauß war dabei neun Jahre lang gleichzeitig bayerischer Ministerpräsident. 1980 unterlag er Helmut Schmidt. Edmund Stoiber versuchte 2002 sein Glück, ebenfalls als amtierender bayerischer Ministerpräsident. Er unterlag am Ende Gerhard Schröder.

Seehofer hätte vermutlich ebenfalls wenig Aussicht auf Erfolg. Denn als Spitzenkandidat der Unionsparteien dürfte er keine Unterstützung seitens der CDU bekommen. Als reiner CSU-Kandidat käme er allein mit den bayerischen Stimmen nur auf neun Prozent. Für Weidenfeld ist die Sache klar: "Einen Kanzler Seehofer halte ich für sehr unrealistisch."

Eigener CSU-Wahlkampf 2017 unrealistisch

Auch Seehofers Ankündigung, bei der Bundestagswahl 2017 womöglich einen eigenen Wahlkampf gegen die CDU zu führen, hält Weidenfeld für unwahrscheinlich. "Weil dadurch die Union die Verliererin wäre, also sowohl die CSU als auch die CDU Schaden davontragen würden, halte ich das für unrealistisch", sagt der Politikberater. So etwas habe es noch nie gegeben. Ohnehin habe Zerstrittenheit noch nie zu einem Gewinn an Wählerstimmen geführt.

Anderen Parteien dürften die derzeitigen Streitereien innerhalb der Union entgegenkommen. Katarina Barley, SPD-Generalsekretärin, äußerte sich gegenüber der "Bild": "Die Union zerfällt offenbar in zwei Lager. Aber wir sind gut für den Wahlkampf gerüstet – auch gegen zwei Unionsspitzenkandidaten."

Ob Horst Seehofer am Ende tatsächlich als CSU-Spitzenkandidat um die Kanzlerschaft kandidiert, bleibt offen. Genau wie die Frage, ob der 67-Jährige über das Jahr 2018 hinaus Ministerpräsident in Bayern bleibt. Denn er könnte sich im Herbst 2017 als CSU-Vorsitzender bestätigen lassen und bei der Landtagswahl 2018 wieder antreten.

Oder er sorgt doch wieder einmal für eine Überraschung - und zieht sich plötzlich doch zurück.

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