Ilse Aigner hat sich wieder als potenzielle Nachfolgerin des bayrischen Ministerpräsidenten und CSU-Parteichefs Horst Seehofer ins Gespräch gebracht - und damit auch gegen ihren Konkurrenten Markus Söder in Stellung. Droht der Partei ein offener Machtkampf? Eigentlich hat die CSU momentan andere Sorgen.
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Seitdem hat Aigner gegenüber ihrem Konkurrenten, dem von Seehofer augenscheinlich wenig geliebten Finanzminister
Seit einigen Wochen meldet sie sich nun wieder deutlicher zu Wort, äußerte sich zu Seehofer in der Süddeutschen Zeitung (Der Ministerpräsident denke "sehr taktisch" und habe "das Talent und die Neigung, durch Zuspitzung Aufmerksamkeit zu schaffen"). Zudem sprach sie über Seehofer und Söder im Münchner Merkur ("Nach außen wirkt das wie ein Konflikt zwischen zwei Machtmenschen").
Zuletzt sagte sie noch der Augsburger Allgemeinen zum Thema Seehofer-Nachfolge: "Ich glaube, dass ich es könnte; ich glaube, dass es Bayern gut tun würde."
Söder-Konkurrenz aus der Reserve locken
Für den Politikberater Florian Hartleb ist diese Aussage "ein kleines Ausrufezeichen". Es sei zuletzt ruhig um Aigner gewesen, zu vielen Themen habe sie sich nicht sehr deutlich geäußert - etwa zur Frage, wie sehr sich die CSU in der Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Merkel distanzieren sollte. "Nun hat sie aber deutlich gemacht, dass sie im Kampf um den Ministerpräsidentenposten mitmischen will", sagt Hartleb im Gespräch mit unserer Redaktion.
Zu Seehofers Reaktion auf das Interview ist vorerst nichts bekannt. Es ist aber sowohl denkbar, dass ihn Personaldiskussionen zum jetzigen Zeitpunkt stören, als auch, dass er Aigners Signal gut findet.
In den vergangenen Wochen waren nämlich verschiedene Varianten einer Seehofer-Nachfolge an Medien durchgesickert. Eine lautete: Karl-Theodor zu Guttenberg soll Spitzenkandidat für die nächste Bundestagswahl und neuer Parteichef werden. Eine andere: Seehofer, erst Ende November für zwei Jahre zum Parteichef gewählt, will Ende 2016 eine außerplanmäßige Wahl des CSU-Vorsitzenden durchführen, durch die er dann bis Ende 2018 auf dem Posten bleiben könnte.
Und die dritte: Seehofer möchte den Parteivorsitz 2016 an einen anderen übergeben, um 2018 - unbelastet von einer etwaigen Bundestagswahlschlappe, die dazwischen passieren könnte - noch einmal als Spitzenkandidat in die bayrische Landtagswahl ziehen zu können.
Einige Beobachter des politischen Betriebs vermuten, dass all diese kolportierten Pläne das Ziel haben, Söders Konkurrenten aus der Reserve zu locken. Vielleicht hat er das bei Ilse Aigner nun geschafft.
CSU fährt "auf Sicht"
Seehofer selbst betont in Interviews, es sei nicht an der Zeit, über Personalfragen zu sprechen. Aigner selbst möchte das Thema offenbar ebenfalls nicht zu hoch gehängt wissen. Ihre Sprecherin sagte, Aigner habe wiederholt zum Ausdruck gebracht, "dass es derzeit wichtigere Probleme gibt".
Auch Florian Hartleb ist sich sicher, "dass das Thema Seehofer-Nachfolge für die Partei derzeit nicht im Vordergrund steht". Der Tagesspiegel zitiert aus dem engeren Umkreis Seehofers, dass man erst einmal die Entwicklung der Flüchtlingskrise abwarten wolle und deswegen im Moment in der Personalfrage "auf Sicht" fahre.
Einen offenen Machtkampf wird es also wohl so bald nicht geben, kleine Stiche gegen den Konkurrenten oder die Konkurrentin aber wohl schon. Erst kürzlich brüskierte Söder mit einer Pressekonferenz zu Stromtrassen die eigentlich für diesen Bereich zuständige Wirtschafts- und Energieministerin Aigner. Ihre Reaktion: Es gehe nicht um den Erfolg einer einzelnen Person und es gebe "wohl keinen, der ein Universalgenie ist".
Söders erdrückende Hausmacht
Ob es überhaupt auf einen Zweikampf Söder/Aigner hinausläuft, ist indes gar nicht sicher. Eine Umfrage von Anfang Januar zeigte etwa, dass der bayrische Innenminister Joachim Herrmann sich zumindest bei der Bevölkerung großer Beliebtheit erfreut. Andere Umfragen sehen wiederum Söder weit vor allen anderen. Parteiintern gibt es laut der "Welt" zudem einige, die den Vorsitzenden der Europäischen Volkspartei (EVP) im Europäischen Parlament, Manfred Weber, für den besten Kandidaten halten.
Dass Aigner sich wieder ins Spiel bringt, finden jedoch auch viele gut - vor allem jene, so heißt es, die mehr Sachpolitik und weniger Geplänkel anmahnen. Allerdings, sagte ein Abgeordneter der Süddeutschen Zeitung, komme ihre Offensive vielleicht eineinhalb Jahre zu spät. Denn Söders Hausmacht in Fraktion und in Partei sei erdrückend.
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