Nach dem Attentat in Aschaffenburg ist die Aufarbeitung der Umstände im vollen Gange. Das hält jedoch einige Politiker nicht davon ab, einander die Schuld für den Vorfall zu geben.

Mehr News zur Innenpolitik

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat nach dem tödlichen Messerattentat von Aschaffenburg dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf), das dem Bundesinnenministerium unterstellt ist, Versagen vorgeworfen. Dies habe eine mögliche Abschiebung des 28-jährigen tatverdächtigen Afghanen nach Bulgarien verhindert, sagte Herrmann am Donnerstag in München. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) wies die Kritik zurück.

Zwei Tote und viele offene Fragen in Aschaffenburg

Der als psychisch krank geltende mutmaßliche Messerattentäter sollte Donnerstagnachmittag einem Ermittlungsrichter vorgeführt werden, der über die Untersuchungshaft oder eine Unterbringung in der Psychiatrie entscheidet.

Der Mann war am Mittwoch mit einem Messer auf eine Kindergartengruppe in einem Park in Aschaffenburg losgegangen. Ein zwei Jahre alter Junge starb. Ein 41 Jahre alter Passant, der helfen wollte, wurde ebenfalls tödlich verletzt. Drei weitere Menschen – darunter ein weiteres zweijähriges Kind – erlitten Verletzungen, die aber nicht lebensgefährlich waren.

Der Tatverdächtige hätte laut Herrmann schon im Sommer 2023 abgeschoben werden können. Die am 19. Juni 2023 im Dublin-Verfahren angeordnete Abschiebung nach Bulgarien sei den für diese Abschiebung zuständigen bayerischen Behörden aber um Wochen verspätet mitgeteilt worden. Damit sei die Frist, innerhalb derer die Abschiebung hätte vollzogen werden müssen, so weit fortgeschritten gewesen, dass eine Abschiebung nicht mehr möglich gewesen sei.

Im Anschluss an die im Sommer 2023 gescheiterte Abschiebemöglichkeit nach Bulgarien sei vom Bamf bis zum vergangenen Dezember keine Entscheidung zum Asylantrag des Manns getroffen worden. "Die Verantwortung dafür liegt allein beim Bamf", sagte Herrmann. Zu Äußerungen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), die Behörden müssten mit Hochdruck aufklären, warum der Attentäter noch in Deutschland war, sagte Herrmann, der Bundeskanzler könne sich "hier voll mit den eigenen Behörden beschäftigen".

Faeser sieht Fehler auch in Bayern

Faeser sagte in Berlin, die bayerischen Behörden müssten "erklären, warum der Täter trotz mehrfacher Gewaltdelikte noch auf freiem Fuß war". Offenbar seien in Bayern auch einige Dinge schiefgelaufen, daher finde sie die Reaktion von dort "befremdlich".

"Die weitere Aufklärung muss jetzt schnell zeigen, warum dieser Täter noch in Deutschland war und wie mit ihm trotz seiner vorherigen Gewalttaten durch die Polizei und Justiz vor Ort umgegangen wurde", sagte die Bundesinnenministerin weiter. Sie erwarte, dass Abschiebungen, für welche die Länder zuständig seien, auch tatsächlich funktionierten.

Wie Herrmann sagte, hatte der Tatverdächtige vor der Attacke erklärt, freiwillig ausreisen zu wollen. Es sei auf die afghanischen Papiere gewartet worden. Eine Möglichkeit zur Abschiebung nach Afghanistan habe nicht bestanden. Außerdem bestätigte der bayerische Innenminister, dass dem Tatverdächtigen wegen seiner wiederholten psychischen Auffälligkeiten eine Betreuerin zugeordnet worden war.

Trauerfeier in Aschaffenburg

In Aschaffenburg wurden am Donnerstag am Tatort Kränze niedergelegt. "Die schrecklichen Bilder werden sich in das Gedächtnis vieler Menschen eingraben", sagte der Aschaffenburger Oberbürgermeister Jürgen Herzing (SPD) in der Gedenkstunde zu der Attacke. "Sie werden sich in das Gedächtnis der ganzen Stadt eingraben."

Herzing dankte den Einsatzkräften. Insbesondere dankte er dem 41-jährigen Passanten für seine Zivilcourage, der bei der Attacke dazwischen gegangen war und dabei tödlich verletzt wurde. Wie der Aschaffenburger Oberbürgermeister weiter sagte, soll es am Sonntag einen Trauergottesdienst geben. Die Stadt habe zudem ein Kondolenzbuch ausgelegt und ein Spendenkonto für die Opfer und Angehörigen eingerichtet.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kündigte an, an dem Trauergottesdienst teilzunehmen. Der getötete 41-Jährige solle überdies posthum mit der bayerischen Rettungsmedaille ausgezeichnet werden. Dies sei ein Zeichen der Anerkennung für den Verstorbenen.

Das Polizeipräsidium Unterfranken warnte unterdessen vor gefälschten Spendenaufrufen im Zusammenhang mit der Tat. Derzeit gebe es vermehrt Hinweise darauf, die strafrechtlichen Konsequenzen würden geprüft. (afp/bearbeitet von the)

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.