Ein junger Mann ist in München mit dem Auto in einen Demonstrationszug gefahren. Was ist über den Täter und seine Motive bekannt?
Die bayerische Landeshauptstadt München steht unter Schock und sucht nach Antworten darauf, warum ein Mann mit einem Auto in der Innenstadt in einen Demonstrationszug gerast ist. Mindestens 36 Menschen wurden dabei am Donnerstag verletzt, einige von ihnen schwer.
Der 24-jährige Tatverdächtige wurde festgenommen und befindet sich derzeit in Untersuchungshaft. Ein Ermittlungsrichter ordnete dies unter anderem wegen des dringenden Verdachts auf 39-fachen versuchten Mord an, wie die Generalstaatsanwaltschaft München mitteilte. Die Ermittler gehen von Heimtücke, niedrigen Beweggründen und gemeingefährlichen Mitteln aus.
Der Afghane soll den Anschlag aus Sicht der Ermittler aus islamistischen Beweggründen begangen haben. Als Anhaltspunkt dafür nannte die Leitende Oberstaatsanwältin der Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) der Generalstaatsanwaltschaft München, Gabriele Tilmann, unter anderem die Aussage von Polizisten, der Fahrer habe nach der Tat "Allahu Akbar" (Gott ist groß) gerufen. In seiner Vernehmung habe er "eingeräumt, bewusst in die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Demonstrationszugs gefahren zu sein".
Aber was hat ihn dazu bewogen? Was wissen wir über ihn? Und was war sein Motiv?
Über den Festgenommenen
Farhad N. wurde 2001 in der afghanischen Hauptstadt Kabul geboren. Im Jahr 2016 kam er nach Europa – zunächst nach Italien, dann nach Deutschland. In Deutschland stellte er einen Asylantrag, der jedoch abgelehnt wurde. Trotz der Ablehnung durfte er wegen seiner Ausbildung in München bleiben.
Im Jahr 2020 wurde die Ablehnung seines Asylantrags gerichtlich bestätigt, und Farhad N. wurde zur Ausreise aufgefordert. Daraufhin klagte er gegen die Entscheidung und behauptete, in seiner Heimat von einer Mörderbande verfolgt worden zu sein, weshalb er Schutz in Deutschland gesucht habe. Doch das Verwaltungsgericht München kam in seinem schriftlichen Urteil vom Oktober 2020 zu dem Schluss, dass Farhad N. seine Geschichte lediglich erfunden hatte, um ein Bleiberecht zu erlangen. Das Urteil liegt der Deutschen Presse-Agentur vor, nachdem zuerst der "Spiegel" darüber berichtet hatte.
Aktueller Status des Verdächtigen
Die Landeshauptstadt München erließ dann aber im April 2021 einen Duldungsbescheid und im Oktober 2021 eine Aufenthaltserlaubnis für den 24-Jährigen. Er hielt sich damit zuletzt rechtmäßig in Deutschland auf.
In sozialen Medien war Farhad N. sehr aktiv. Er zeigte sich als Bodybuilder, der auch an Wettkämpfen teilnimmt. Zudem teilte er vor allem in den vergangenen Monaten vermehrt islamisch-religiöse Inhalte.
Es gebe bisher aber keine Hinweise darauf, dass der 24-Jährige in ein Netzwerk eingebunden gewesen sei, sagte Tilmann. Die Ermittler hätten auch keine Spuren zu einer Verbindung zum Beispiel zur Terrororganisation Islamischer Staat, zu weiteren Beteiligten oder zu einer zunehmenden Radikalisierung des jungen Mannes in der jüngeren Vergangenheit.
Wie er in München lebte
Farhad N. arbeitete laut Generalstaatsanwaltschaft bis zuletzt im Sicherheitsgewerbe und wohnte in einer Mietwohnung. Am Tag des Anschlags ist die Wohnung im dritten Stock eines Mehrfamilienhauses im Stadtteil Solln durchsucht worden. Das Auto, mit dem er die Menschen überfuhr, gehörte ihm. Nachbarn sagten, sie kannten N. nicht.
Korrektur einiger Aussagen zum Täter
Nach der Amokfahrt kursierten in den ersten Stunden einige Mutmaßungen und falsche Aussagen über den Täter. So war die Aussage von Bayerns Innenminister Joachim Hermanns, der Täter sei "nicht abgeschoben worden", zunächst missverständlich. Ministerpräsident
Darüber hinaus wurde Farhad N. zunächst mit Betäubungsmitteln und Ladendiebstählen in Verbindung gebracht. Doch auch diese Informationen stellten sich noch am selben Tag als falsch heraus. "Er war dann als Ladendetektiv für zwei Sicherheitsfirmen tätig", korrigierte Hermann.
Vorbestraft war N. nicht. In Bayern gab es nach Angaben der Behörden zwar ein Verfahren wegen Arbeitsamtsbetrugs, weil er sich nach dem Ende seiner Arbeitslosigkeit wohl nicht rechtzeitig wieder abgemeldet hatte. Das Verfahren wurde allerdings gegen eine Geldauflage eingestellt. (lla)
Verwendete Quellen:
- Pressekonferenz der Polizei München
- Agenturmaterialien der dpa
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