- Jörg Meuthen hat in der vergangenen Woche den AfD-Vorsitz niedergelegt und die Partei verlassen.
- Nun rechtfertigt er sich und sucht die Gründe im Rechtsruck der Partei.
- Laut eigener Aussage ist Meuthen auf der Suche nach einer neuen politischen Heimat.
Beziehungen gehen in die Brüche, passiert eben. Viele Partner trennen sich dann im Guten, manche können sich danach nicht mehr allzu gut in die Augen schauen - und wieder andere bewerfen sich mit jedem Fitzelchen Dreck, das sich während der gegenseitigen Entfremdung angesammelt hat. Ein beliebtes Stilmittel außerdem: die Schuld beim Partner suchen. Und damit zu
Dessen Beziehung zur AfD ist gerade nicht nur zu Ende gegangen, sie ist mit Getöse explodiert. Das liegt auch daran, sagt Meuthen, dass er sich in der Vergangenheit für seine Partei habe schämen müssen.
Meuthen: "Enthüllungen von entsetzlichen AfD-Chatbeiträgen"
Es habe ihm kaum erträgliche AfD-Auftritte im Bundestag gegeben, so Meuthen zur "Süddeutschen Zeitung": "Das Fremdschämen hatte ein Allzeithoch erreicht." Nicht enden wollende "Enthüllungen von entsetzlichen AfD-Chatbeiträgen" hätten ihn außerdem "fassungslos" gemacht, so Meuthen weiter.
Kurzum: Die AfD hat sich über die Jahre klammheimlich radikalisiert und ist ebenso unauffällig von Provokation zu Provokation gesprintet. So oder so ähnlich rechtfertigt Meuthen offenbar für sich selbst seinen Rückzug vom Parteivorsitz mitsamt Parteiaustritt. Dass er mehr als sechs Jahre Co-Chef dieser Partei war, die er zum Schämen findet - geschenkt.
Doch so sehr sich Meuthen nun auch als missverstandener Konservativer unter Richtung Rechtsextremismus taumelnden Parteigenossen geriert: Ein Blick auf Zitate aus den vergangenen Jahren zeichnet ein anderes Bild.
Damals war er beim Thema Zuwanderung der Meinung, man müsse Deutschland "zurückerobern" und erklärte auf einem AfD-Parteitag: "Wir wollen weg von einem links-rot-grün verseuchten 68er-Deutschland, von dem wir die Nase voll haben." In einer Debatte dazu, wer nun einen deutschen Pass erhalten könne und wer nicht, sagte Meuthen, er wisse "zwischen vermeintlich echten Deutschen und jenen anderen zu unterscheiden", die angeblich nicht mal ein deutscher Pass zu Deutschen machen könne.
Erst Lucke, dann Petry, nun Meuthen
Auch wenn Meuthen nun nichts mehr mit der AfD gemein haben will - politisch möchte er bleiben. Nicht nur behält er sein Mandat als Europa-Abgeordneter, er sucht offenbar auch neuen Anschluss. Der SZ sagte Meuthen, er führe bereits "Gespräche mit potentiellen neuen Partnern". Eine Entscheidung solle bald fallen. "Es gibt aus meiner Sicht im deutschen Parteienspektrum durch den deutlichen Linksruck der CDU einerseits und das zunehmende Abdriften der AfD nach Rechtsaußen andererseits eine erhebliche Repräsentationslücke im konservativ-freiheitlichen Bereich."
Ähnlich hatten das schon zwei Vorgänger Meuthens beurteilt. AfD-Mitbegründer
Aus den Erfahrungen der beiden aus der Partei geschiedenen Ex-Bundessprecher will Meuthen nun seine Schlüsse ziehen. Man müsse die Fehler, die andere gemacht hätten, ja nicht wiederholen, sagte er dem Magazin "Cicero". "Es ist auch grundsätzlich die Frage, ob man etwas Neues gründet oder auf etwas bereits Bestehendes setzt."
Meuthens Immunität im Europaparlament wird aufgehoben
Bis der 60-Jährige bei der neuen Partnersuche erfolgreich ist, wird er nicht umhin kommen, sich noch etwas mit der Ex zu befassen. Der Rechtsausschuss des Europaparlaments hatte am vergangenen Donnerstag für eine Aufhebung von Meuthens Immunität gestimmt. Folglich wird er sich strafrechtlichen Ermittlungen wegen seiner Verwicklung in den AfD-Spendenskandal stellen müssen.
Dass sein plötzlicher Austritt aus der AfD mit den anstehenden Ermittlungen zu tun haben könnte, streitet Meuthen ab.
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