Am 24. Juli wird Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) gemäß Art. 64 Abs. 2 GG ihren Amtseid als Verteidigungsministerin vor dem Bundestag leisten. Das Problem: Im Juli ist parlamentarische Sommerpause. Deshalb wurde eine Sondersitzung anberaumt, deretwegen die Abgeordneten ihren Urlaub unterbrechen und nach Berlin zurückreisen müssen - auf Kosten der Steuerzahler.
Es ist nicht das erste Mal, dass für Sondersitzungen während der Sommerpause Abgeordnete aus dem Urlaub zurückbeordert werden. Die parlamentarische Sommerpause dauert in der Regel zwei Monate und erstreckt sich von Anfang Juli bis Ende August. In dieser Zeit finden keine Sitzungen statt. Allerdings muss der Präsident des Bundestages laut Artikel 39 Abs. 3 GG auf Verlangen von Bundespräsident, Kanzlerin oder einem Drittel der Mitglieder eine Sondersitzung einberufen.
Laut "Spiegel Online" wurden seit 1949 über 50 Sondersitzungen einberufen, sowohl aus eher nichtigen Gründen wie 1964 der Erhöhung der Telefongebühren um zwei Pfennig, als auch aus gravierenden Anlässen wie 1961 wegen des Baus der Berliner Mauer.
Auch anlässlich der Milliarden-Hilfen für Griechenland wurden die Abgeordneten 2015 aus dem Urlaub zurückbeordert. Mitten in der Griechenland-Krise war dies allerdings abzusehen und der damalige Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) warnte die Kollegen vor.
1978 mussten die Abgeordneten ihren Urlaub unterbrechen, um über die Aufhebung der Immunität eines Parlamentariers abzustimmen. Dies dauerte gerade mal fünf Minuten.
AKK-Vereidigung: Amtseid in weniger als zwei Minuten
Noch schneller geht die Vereidigung von +
Der letzte Satz kann wegfallen, dann wäre der Amtseid noch kürzer. Anschließend wird es Glückwünsche, eine kurze Regierungserklärung sowie eine etwa einstündige Aussprache mit dem Parlament geben, für die aber keine Anwesenheitspflicht mehr besteht.
Wie viele Abgeordnete müssen den Sommerurlaub unterbrechen?
Auch wenn die parlamentarische Sommerpause dafür vorgesehen ist, dass sich die Abgeordneten ihrem Wahlkreis widmen, sich mit Detailfragen befassen, Sitzungen und Anhörungen planen sowie Gesetzentwürfe für den Herbst vor- und beschlossene Gesetze und eingebrachte Gesetzesinitiativen nachbereiten, so machen sie in dieser Zeit auch Urlaub, den sie für die Sondersitzung unterbrechen müssen.
Es sollen alle 709 Abgeordneten kommen, für die Beschlussfähigkeit muss die Hälfte anwesend sein. Wie viele Abgeordnete tatsächlich kommen, ist ungewiss. Man bemühe sich, so viele wie möglich herzubekommen, betonte ein Sprecher der Linksfraktion. Die CDU/CSU-Fraktion ist zuversichtlich, dass der überwiegende Teil kommen wird.
Was kostet die Rückholaktion für die Sondersitzung?
Die Kosten für die An- und Abreise inklusive etwaiger Flugkosten aus dem jeweiligen Urlaubsland werden vom Bundestag übernommen, gehen also zulasten der Steuerzahler.
Bei über 50 Sondersitzungen in den vergangenen 70 Jahren gibt es Erfahrungswerte. Die Bundestagsverwaltung schätzt die Kosten auf rund 100.000 Euro. Ein weiteres Problem stellt sich hinsichtlich der momentanen Umbauarbeiten im Plenarsaal des Reichstagsgebäudes.
Zur Vermeidung von Mehrkosten in Höhe von bis zu 200.000 Euro, die notwendig wären, um den Plenarsaal provisorisch für die Abstimmung nutzbar zu machen, findet die Vereidigung im Foyer des benachbarten Paul-Löbe-Hauses statt, in dem sich auch Abgeordnetenbüros und Sitzungssäle befinden.
Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) begründete die Verlegung ins Paul-Löbe-Haus auch damit, dass man den Plenarsaal Anfang September wieder voll funktionsfähig brauche und die termingerechte Fertigstellung nicht gefährden wolle.
Warum findet die Vereidigung nicht nach der Sommerpause statt?
Angela Merkel hält die schnelle Vereidigung für angemessen und notwendig. Der Hauptgrund, so die Bundeskanzlerin bei der Sommer-Pressekonferenz am 19. Juli, sei die "verfassungsrechtliche Kommentierung".
Die Kanzlerin weiter: "Bei der Bedeutung des Verteidigungsressorts weist die gesamte Literatur darauf hin, dass eine baldmöglichste parlamentarische Vereidigung stattfinden sollte, zumal die Bundeswehr auch eine Parlamentsarmee ist". Also doch keine Verschwendung von Steuergeldern, sondern Notwendigkeit? Dazu äußert sich Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler, wie folgt: "Zur Demokratie gehören Kosten - allerdings sollte die Bundestagsverwaltung dafür sorgen, dass diese in einem angemessenen Rahmen bleiben."
Verwendete Quellen:
- Grundgesetz: Artikel 39 Abs. 3, 56 und 64 Abs. 2
- www.bundestag.de: "Deutscher Bundestag"
- Pressekonferenz Angela Merkel vom 19. Juli 2019
- www.spiegel.de: "Kramp-Karrenbauer wird nächste Woche als Verteidigungsministerin vereidigt"
- Reiner Holznagel, Bund der Steuerzahler Deutschland e.V., Berlin
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.