- Bundestagsabgeordneter mit 26: Der Kieler Maximilian Mordhorst gehört zu den jungen Mitgliedern der FDP-Fraktion.
- "Mein Antrieb ist, die Freiheit für die Menschen auch in Zukunft zu garantieren", sagt Mordhorst.
- Im Interview mit unserer Redaktion spricht der Liberale außerdem über die Schuldenbremse, die Corona-Politik – und er verrät, wen er für den besten Rapper in der Bundesregierung hält.
Gut 100 der 736 Abgeordneten des Deutschen Bundestags sind unter 35. Bis zu dieser Altersgrenze darf man in der Regel Mitglied der jeweiligen politischen Jugendorganisation sein. In unserer Interview-Reihe sprechen wir mit jungen Politikerinnen und Politikern über ihre Ziele und ihren Blick auf ihre Partei. Dieses Mal mit Maximilian Mordhorst (FDP).
Herr Mordhorst, Sie haben früher Rap-Kritiken für ein Onlinemagazin geschrieben. Wie würden Sie die aktuelle Performance der Ampel-Koalition bewerten?
Maximilian Mordhorst: Wir hatten damals eine Skala von sechs Mikros. Sechs Mikros zu bekommen, war die beste Wertung. Wenn ich mir die gesamte Lage anschaue: Fünf Mikros würde ich der Ampel schon geben.
Trotz der vielen Misstöne in der Koalition?
Die Frage ist: Können wir etwas für den russischen Krieg in der Ukraine? Können wir etwas dafür, dass deshalb viele Sachen liegengeblieben sind? Da würde ich erst mal sagen: Nein. Die Ampel ist ein komplett neues Bündnis, zumindest auf Bundesebene. Dafür läuft es doch gut. Vorher hat das Land ermüdet gewirkt. Seit ich neun Jahre alt war, war Angela Merkel Bundeskanzlerin.
Hält die Ampel-Koalition die ganze Legislaturperiode?
Ja, die hält durch.
Was macht Sie da so optimistisch? Bei vielen wichtigen Themen sind sich SPD, Grüne und FDP nicht einig.
Ich glaube, dass wir einen neuen Regierungsstil prägen, der für manche Journalisten und Twitterer noch schwer zu fassen ist. Wir sagen offen, wo wir unterschiedlicher Meinung sind. Das ist gut für die Debatte im Land. Problematisch wäre es nur, wenn wir es am Ende nicht schaffen, uns zu einigen. Ich gehe fest davon aus, dass die Koalition vier Jahre durchhalten wird, dass die Diskussionen der Gesellschaft guttun und nebenbei auch die politischen Ränder schwächer machen.
Da Sie sich ja mit Rap-Musik auskennen: Welches Regierungsmitglied hat die besten Rapper-Qualitäten?
Bei den Sounds ist Bundesjustizminister Marco Buschmann natürlich der Beste. Olaf Scholz hat in letzter Zeit ziemlich viele Punchlines rausgehauen, also sehr kurze, knackige Antworten. Ich glaube aber: Weil er der beste Redner ist, ist Christian Lindner auch der beste Rapper.
Maximilian Mordhorst: "Entlastungspakete erst mal wirken lassen"
Die FDP hat bei der vergangenen Bundestagswahl vor allem bei den Erstwählenden gut abgeschnitten. Da kamen die Liberalen auf 23 Prozent. Wie ist das gelungen?
Ich glaube, dass wir mit finanzpolitischer Kompetenz, aber auch mit dem Thema Digitalisierung sehr viele junge Menschen angesprochen haben. Und mit dem Klima-Thema. Da sagen viele: Bei der FDP herrscht in der Klimapolitik mehr Rationalität als Emotionalität und Drama. Das Gesamtpaket hat auf viele junge Menschen einen guten Eindruck gemacht.
Sie sitzen selbst im Digitalausschuss des Bundestags. Dass Deutschland bei dem Thema vorankommen muss, ist schon lange bekannt – passiert ist trotzdem wenig.
Die wichtigste staatliche Aufgabe muss die Digitalisierung der Verwaltung sein. Wir sind nicht dafür zuständig, Unternehmen zu digitalisieren, sondern wir müssen staatliche Strukturen digitalisieren. Da muss man dicke Bretter bohren. Das gehen wir jetzt intensiver an, als das vorher der Fall war. Ein ganz zentraler Punkt ist die digitale Identität: Wie schaffe ich es, mich zweifelsfrei digital zu identifizieren, wie ich es jetzt noch mit einer Unterschrift mache? Da brauchen wir eine Lösung, wenn wir Verwaltungsprozesse digitalisieren wollen. Mit diesem Knackpunkt beschäftigen wir uns gerade.
Das Thema Generationengerechtigkeit spielt für Sie eine große Rolle. Was verstehen Sie darunter?
Für mich als Politiker bedeutet das: Wir machen nichts, was die Freiheit der jungen Generation oder der nachfolgenden Generationen einschränkt. Mein Antrieb ist, die Freiheit für die Menschen auch in Zukunft zu garantieren. Dafür brauchen wir soziale, ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit.
Und das soll funktionieren, ohne dass der Staat tief in die eigene Tasche greift? Die FDP will ja auf jeden Fall an der Schuldenbremse festhalten.
Für mich gehört es zur Generationengerechtigkeit, dass der Staat nicht zu tief in die Tasche greift. Unsere Zinskosten lagen letztes Jahr bei vier Milliarden Euro. Jetzt steigen sie auf 30 Milliarden. Wir können uns neue Schulden gar nicht mehr leisten. Das wird viel zu teuer. Und wenn man nicht will, dass das Geld zukünftiger Generationen den Banken und Investmentfonds durch Zinsen in den Rachen geworfen wird, ist man gut beraten, nicht zu viel Geld auszugeben. Das kennt doch jeder Mensch: Wenn man weniger Einnahmen hat, muss man auch weniger ausgeben.
Wenn der Staat aber spart, wenn er wichtige Zukunftsinvestitionen in Schulen, Straßen, Klimaschutz unterlässt, dann schadet das den nachfolgenden Generationen ebenfalls.
Ich glaube aber nicht, dass es bei Schulen oder Straßen und Schienen am Geld mangelt. Wir haben zum Beispiel den Digitalpakt Schule. Das Geld ist da, aber die Tablet-Computer liegen irgendwo im dunklen Raum, weil die Verfahren zu kompliziert sind. In der Verkehrsinfrastruktur haben wir einen völlig überhitzten Markt, weil Material und Personal fehlen. Das sind die Punkte, an denen wir ansetzen müssen.
Gerade sind viele Menschen von den steigenden Preisen betroffen. Braucht es da nicht viel mehr Entlastungen? Und zwar gezielt für die Menschen mit geringem Einkommen. Denn die leiden unter der Inflation viel stärker als die Besserverdienenden.
Das ist ein Riesenthema. Ich habe bisher zwölf Reden im Bundestag gehalten, in zehn Reden davon ging es um die Inflation. Wir haben jetzt zwei Entlastungspakete auf den Weg gebracht. Die sollten wir erst mal wirken lassen, denn vieles davon ist noch gar nicht bei den Menschen angekommen. Die Energiepreispauschale kommt im September, die Abschaffung der EEG-Umlage ist gerade erst wirksam geworden. Der Tankrabatt und das Neun-Euro-Ticket sind auch eine gute Sache.
Sie finden wirklich, dass der ziemlich umstrittene Tankrabatt eine gute Sache ist?
60 Prozent der Bürgerinnen und Bürger finden ihn gut. Und er wurde bisher zu rund 85 Prozent an die Kunden weitergegeben. Das ist noch zu wenig, aber viele Menschen konnten so bereits günstiger tanken. Der Nebeneffekt ist, dass der Tankrabatt die Inflation ein bisschen gebremst hat. Ich würde dieses Mittel nicht schlechtreden.
"Die FDP darf nicht wie ein rot-grünes Anhängsel wirken"
Für die FDP scheint sich das Regieren bisher nicht auszuzahlen. Die Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen waren für Ihre Partei enttäuschend. Schadet die Koalition den Liberalen?
Wir müssen dringend dafür sorgen, dass die FDP in der Regierung wahrnehmbar ist. Die FDP darf nicht wie ein rot-grünes Anhängsel wirken. Wir müssen klar zeigen, wofür wir stehen. Mit der Schuldenbremse haben wir das sehr gut gemacht. Die Ergebnisse der Landtagswahlen hatten auch Gründe vor Ort: Wir haben in beiden Ländern mit der CDU regiert. Wir müssen die alte Idee ad acta legen, wonach immer alles gut läuft, wenn wir mit der CDU regieren. Die CDU ist nicht unser Freund, genauso wenig wie andere Parteien. In meiner Generation ist das klassische Lagerdenken nicht mehr so stark ausgeprägt. Das Dümmste wäre, wenn wir jetzt nervös werden und wild um uns schlagen.
Es gibt auch Stimmen in Ihrer Partei, die ein Problem in der liberalen Corona-Politik sehen. Dadurch hat die FDP womöglich viele ältere Wählerinnen und Wähler verschreckt.
Die Frage, warum wir nicht mehr ältere Menschen erreichen, begleitet uns schon lange. Ich habe an Wahlkampfständen immer wieder die Frage gehört: Ihr wollt die Aktienrente, ihr wollt das BAföG reformieren – und was macht ihr für uns Ältere? Es hat sicher nicht geholfen, dass die Energiepreispauschale nicht an Rentner ausgezahlt wird, aber die Energiepreispauschale war nicht unsere Idee. Wir müssen Themen, die ältere Menschen betreffen, stärker in den Vordergrund stellen. Zum Beispiel brauchen wir eine Abkehr von der Doppelbesteuerung von Renten.
Und die Corona-Politik? Hat die FDP da nicht überdreht?
Das glaube ich nicht. Wir haben die Aufhebung der meisten Beschränkungen ja nicht „Freedom Day“ genannt. Wir haben von der Rückkehr zur Normalität gesprochen. Ich bekomme wahnsinnig viele E-Mails, Zuschriften und Anrufe, wo die Leute einem mitteilen: Ich wähle euch vor allem wegen eurer Corona-Politik. Es gibt natürlich auch diejenigen, die fragen: Welches Problem habt ihr mit der Maske? Ich bin aber überzeugt: Wir müssen die Bürgerrechte in der Corona-Politik sehr ernst nehmen.
Die bisherigen Interviews unserer Reihe
- Heidi Reichinnek (Linke): "Unser Fokus muss wieder auf dem Osten liegen"
- Sepp Müller (CDU): "Wir steuern blind in eine neue Corona-Welle"
- Armand Zorn (SPD): "Möchte nicht auf meine Hautfarbe reduziert werden"
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