• Rücktrittsforderungen, ein mögliches Misstrauensvotum und Spannungen mit dem Koalitionspartner: Kurz scheint mit dem Rücken zur Wand zu stehen.
  • Nun erhöhen die Parteien den Druck auf den 35-jährigen Kanzler und stellen dessen Handlungsfähigkeit in Frage.

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Nach Korruptionsvorwürfen gegen Österreichs Kanzler Sebastian Kurz erhöhen die mitregierenden Grünen und die Opposition den Druck auf den konservativen Regierungschef massiv. "Wir können nicht zur Tagesordnung übergehen, die Handlungsfähigkeit des Bundeskanzlers ist vor diesem Hintergrund in Frage gestellt", sagte der grüne Vizekanzler Werner Kogler am Donnerstag in einer Mitteilung.

Angesichts der Regierungskrise bat Bundespräsident Alexander Van der Bellen die Chefs aller Parteien zu Gesprächen in die Präsidentschaftskanzlei. Am Mittwoch hatten Staatsanwälte unter anderem das Bundeskanzleramt und die Parteizentrale der konservativen Österreichischen Volkspartei (ÖVP) durchsucht.

Laut der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) stehen enge Mitstreiter von Kurz im Verdacht, sich wohlmeinende Berichterstattung in einem Medienunternehmen erkauft zu haben, um Kurz ab 2016 den Weg an die Parteispitze und in das Bundeskanzleramt zu ebnen. Dafür soll Geld aus dem Finanzministerium zweckentfremdet worden sein. Die Ermittler sehen in Kurz einen Beteiligten an den Verbrechen der Untreue und Bestechlichkeit. Der 35-Jährige hat alle Anschuldigungen zurückgewiesen.

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Opposition kündigt Misstrauensvotum an

Die Oppositionsparteien kündigten ein Misstrauensvotum im Parlament in den kommenden Tagen an, sollte Kurz nicht zurücktreten. "Er kann diese Funktion und dieses Amt jetzt nicht mehr ausführen, ohne dass es Schaden nimmt, ohne dass Österreich Schaden nimmt", sagte die Chefin der sozialdemokratischen SPÖ, Pamela Rendi-Wagner. Ähnlich äußerten sich die Chefs der liberalen Neos und der rechten FPÖ. Die Oppositionsparteien forderten jedoch keine Neuwahl.

Um Kurz im Parlament aus dem Amt zu wählen, bräuchte die Opposition Stimmen von den Grünen, die mit der ÖVP regieren. Der grüne Parteichef Kogler erwähnte in einer Stellungnahme diese Option zwar nicht, doch er kündigte Gespräche mit allen Parlamentsparteien an. "Wir müssen gemeinsam für Stabilität und Aufklärung sorgen und darum möchte ich parteiübergreifend das weitere Vorgehen beraten", sagte er. Eine Vizefraktionschefin der Grünen, Olga Voglauer, brachte indirekt einen Rückzug von Kurz als Schritt zur Fortführung der Regierung ins Spiel. "Wir haben eine Koalition mit der ÖVP, nicht mit Sebastian Kurz", sagte sie.

Kurz will nicht zurücktreten

Kurz stellte in einem TV-Interview am Mittwochabend klar, dass er nicht an einen Rücktritt denke. Am Donnerstag stärkten im die Chefs der ÖVP-Organisationen aus allen neun Bundesländern den Rücken. "Wir gehen davon aus, dass sich die strafrechtlich relevanten Vorwürfe als falsch herausstellen werden und auch aufklären lassen", teilten sie mit. "Gerade in der jetzigen Situation ist es jedenfalls ganz entscheidend für unser Land, dass wir weiterhin über eine stabile Bundesregierung mit Bundeskanzler Sebastian Kurz an der Spitze verfügen."

Kurz hofft auf Fortsetzung der Koalition mit den Grünen

Österreichs konservativer Kanzler Sebastian Kurz will seine Koalition mit den Grünen trotz der Korruptionsvorwürfe gegen ihn fortsetzen. "Ich hoffe, dass wir weiterhin stabile Verhältnisse in unserem Land haben", sagte Kurz (ÖVP) vor Journalisten und spielte den Ball an die Grünen. "Wenn die Grünen also nicht mehr diese Zusammenarbeit fortsetzen wollen und sich andere Mehrheiten im Parlament suchen wollen, dann ist das zu akzeptieren."

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