Das erlebt man nicht oft bei Markus Lanz im ZDF: Grünen-Politiker Anton Hofreiter und CSU-Generalsekretär Martin Huber zofften sich in der Talkshow wie die Kesselflicker. Derweil fällte Journalistin Melanie Amann ein hartes Urteil über den "Kulturkampf", den die Union betreibe.

Eine Kritik
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Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte. Dieser war in diesem Fall Moderator Markus Lanz. Schließlich ging es in seinem ZDF-Polittalk zwischen seinen Gästen Anton Hofreiter (Die Grünen) und Martin Huber (CSU) heiß her. Während zu einer möglichen Koalition beider Parteien bei der Bundestagswahl 2025 schwere gegenseitige Vorwürfe durch den Raum flogen, manövrierte sich Huber in eine für ihn ärgerliche, für das Publikum und Lanz aber unterhaltsame rhetorische Sackgasse.

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Das war das Thema bei "Markus Lanz"

Eigentlich sollte es bei "Markus Lanz" am Donnerstagabend darum gehen, warum CSU und Grüne sich nicht so gut vertragen und unter welchen Umständen es nach den Bundestagswahlen eine schwarz-grüne Koalition geben könnte.

Dazu lud Moderator Markus Lanz mit Anton Hofreiter und Martin Huber zwei Protagonisten ein, die sich eine sachliche Diskussion liefern sollten. "Spiegel"-Journalistin Melanie Amann sollte die Diskussion schließlich einordnen. Zumindest Letzteres gelang, ansonsten erinnerte die Sendung phasenweise an einen politischen Aschermittwoch in Oberbayern. Wobei: Sachlich wurde es zwischendurch auch mal.

Das waren die Gäste

  • Martin Huber, CSU-Generalsekretär: "Mit der CSU wird es kein Schwarz-Grün geben, nie."
  • Anton Hofreiter, bayerischer Bundestagsabgeordneter der Grünen: "Man muss mit allen demokratischen Parteien koalitionsfähig sein."
  • Melanie Amann, stellvertretende "Spiegel"-Chefredakteurin: "Dieses Dämonisieren und auf eine Weise lächerlich machen, als gehörten die Grünen nicht mehr zum legitimen und demokratischen politischen Spektrum, das ist Kulturkampf."

Das war der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Ein interessanter Punkt war die Fähigkeit von Martin Huber, Fragen nicht oder falsch zu beantworten. Und da hatte sogar Markus Lanz das eine oder andere Mal seinen Spaß. In schallendes Gelächter brach er bei einem Lapsus aus, der dem CSU-Generalsekretär unterlief.

Lanz fragte, auf die Wahl des Kanzlerkandidaten der Union anspielend: "Was kann Friedrich Merz besser als Markus Söder?" Huber verhedderte sich daraufhin sprachlich unterhaltsam, aber inhaltslos: "Der große Unterschied ist schon mal, dass wir inhaltlich auf einer Linie sind."

Das war das Rede-Duell des Abends

Die drei Gäste von Markus Lanz sollten insbesondere die Frage vertiefen, wie es um das Verhältnis zwischen der CSU und den Grünen steht. Besonders Martin Huber tat sich da ein wenig schwer. Am Anfang teilte Anton Hofreiter aus: Die Grünen hätten einen Kanzlerkandidaten, die CSU keinen. Huber erwiderte: "Die Grünen sind offensichtlich so Cannabis-berauscht, dass sie glauben, sie schaffen es mit zehn Prozent ins Kanzleramt. Das ist schon hanebüchen, wie ihr da unterwegs seid."

Und das war erst der Anfang. Wirtschaftsminister Habeck sei "der Sargnagel für die deutsche Wirtschaft", Hofreiter ein "ehemaliger Ostermarschierer" – und das meinte er nicht positiv. Außerdem verteidigte er die Aussage des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder, die Grünen wollten die Menschen "zwingen, Insekten zu fressen".

Landwirtschaftsminister Özdemir wolle schließlich ein Gütesiegel für Insekten prüfen lassen, Grünen-Abgeordnete Künast habe in einer Rede einmal gesagt, wer Kälber esse, könne auch Heuschrecken essen. Und immer wieder betonte Huber: "Mit der CSU wird es kein Schwarz-Grün geben, nie." Die Union werde bei den nächsten Bundestagswahlen so gut abschneiden, dass das undenkbar sei, gab sich der CSU-Generalsekretär zuversichtlich.

Martin Huber bei "Markus Lanz"
Über die Grünen hatte Martin Huber kein lobendes Wort übrig. Unter anderem bescheinigte er Wirtschaftsminister Robert Habeck, er sei "der Sargnagel für die deutsche Wirtschaft". © ZDF / Cornelia Lehmann

Hofreiter polterte daraufhin: "Sie nehmen da einfach ein Wahlergebnis vorweg. Sie glauben, den Wählerinnen und Wählern vorschreiben zu können, was sie machen." Schon zuvor hatte der Grünen-Politiker seinem Diskussionskontrahenten "Plattitüden" und "Phrasen" vorgeworfen. In Bezug auf die Bundestagswahl 2025 gab sich Hofreiter indes weniger resolut als Huber. Er zeigte sich überzeugt: "Man muss mit allen demokratischen Parteien koalitionsfähig sein, und dazu gehört selbstverständlich die CSU auch."

Markus Lanz fragte derweil Huber, ob denn eine Koalition mit dem BSW vorstellbar wäre. Huber antwortete klar: "Nein!" Mit der AfD will Huber sowieso nicht. Und mit der FDP? Eher jein. "Aber mit der SPD, da könnt's schon gehen", meinte Huber. Die Ansichten der Grünen unterschieden sich so diametral von denen der CSU, das gehe nicht. Anton Hofreiter fragte nach, wie es denn mit dem Kampf gegen den Rechtsextremismus sei. Da seien schon Gemeinsamkeiten, lenkte Huber ein, aber nicht alle Grünen könnten zwischen rechtskonservativ und rechtsextrem unterscheiden. Und mit der Ukraine? Und mit der Modernisierung der Bundeswehr? Ob Huber auch dagegen sei? Da blieb Huber eine Antwort schuldig.

Melanie Amann dagegen zögerte nicht, über den "populistischen Beelzebub, 'mit den Grünen geht's in den Abgrund'", den die Union konserviere, hart zu urteilen. "Dieses Dämonisieren und auf eine Weise lächerlich machen, als gehörten die nicht mehr zum legitimen und demokratischen politischen Spektrum, das ist Identitätspolitik, das ist Kulturkampf und das hat schon eine zersetzende Wirkung", stellte die Journalistin fest.

Das war das Fazit bei "Markus Lanz"

Am Ende, fasste Melanie Amann zusammen, werde sich die Union nach den Bundestagswahlen auf eine Koalition mit den Grünen verständigen. Da sei sie völlig sicher.

So konnte die Sendung friedlich aufhören, eine Sendung, die dem Moderator sichtlich Spaß gemacht hat. Ihm hat es offenbar gefallen, wie sich zwei Politiker beharkt haben. Sein Grinsen wich ihm nur selten aus dem Gesicht. Und tatsächlich: Auch wenn diese Folge von "Markus Lanz" mehr Entertainment als Information brachte, dürfte sie mindestens ein Jahr lang ganz oben im Archiv liegen. Damit man sie sich nach den Bundestagswahlen noch einmal anschauen kann.  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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