Am Dienstagabend (23. August) kam einer bei Markus Lanz schlecht weg, der gar nicht anwesend war: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Seine kommunikative Politik, seine Entlastungsmaßnahmen und seine Patzer der vergangenen Wochen standen im Fokus. Als Verteidiger bemühte sich SPD-Mann Michael Roth. Den ließ die Runde aber nicht davonkommen.

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Der Kanzler ist nach Kanada gereist, denn Deutschland sucht dringend nach Energielieferanten. Doch schon die Bilder von der Anreise machen Schlagzeilen: Olaf Scholz (SPD) und Robert Habeck (Grüne) sind ohne Maske im Regierungsflieger unterwegs. Gleichzeitig gehen Bilder der Trauerfeier von Daria Dugina um die Welt. Die Russin, Tochter eines rechten Ideologen, der als "Gehirn Putins" galt, wurde wohl bei einem Anschlag getötet. Beides Themen bei Lanz.

Das ist das Thema bei "Markus Lanz"

Wie gewöhnlich gab es bei Markus Lanz einen Rundumschlag: vom Cum-Ex-Skandal bis zum Anschlag auf Daria Dugina, der Tochter des rechtsnationalen Ideologen Alexander Dugin. Lanz diskutierte mit seinen Gästen über kommunikative Patzer des Bundeskanzlers Olaf Scholz, China-Politik, die Situation in Afghanistan, über Entlastungspolitik in der Energiekrise und über die Versorgungssicherheit im Winter.

Das sind die Gäste

Michael Roth (SPD): "Ich finde es wichtig, dass wir Politik besser erklären", meinte der SPD-Mann. Gerade in diesen dramatischen Zeiten müsse man sagen, warum man etwas tue und auch, warum man etwas nicht tue. Teamspiel sei sehr wichtig. "Die Menschen, die derzeit große Sorgen haben, müssen den Eindruck haben: Da sind Profis in der Regierung, die wissen, was sie tun und können diese Krise mit anderen internationalen Partnern lösen."

Gregor Peter Schmitz: "Es sind natürlich Bilder, die haften bleiben", sagte der "Stern"-Journalist zu den Fotos, die Scholz und Habeck ohne Maske im Regierungsflieger zeigen. Nach Jahren Corona sei das eine der wenigen Maßnahmen, die die Menschen noch verstehen würden. "Das ist das Minimum, auf das wir uns einigen können", sagte er. Wenn dann Spitzenpolitiker da nicht mitmachen würden, sehe das nicht gut aus. Zu Cum-Ex sagte er: "Der Skandal ist bis heute so schwer zu fassen. Ein Tatortfoto von einem Banküberfall versteht jeder. Aber wie bebildert man einen raffinierten Betrug um unglaubliche 35 Milliarden Euro?"

Margarete Klein: "Der Krieg in der Ukraine ist ein Augenöffner dafür, wie Verwundbarkeiten da sind durch autoritäre Regime", sagte die Politikwissenschaftlerin. Man müsse sich auf ein destabilisierendes Potential für unsere Demokratien einstellen, wenn man die Abhängigkeiten umstrukturiere. "Wichtig ist, zu kommunizieren, dass dieser Preis auch einer ist, der in der langen Sicht für unsere Sicherheit sorgen wird", sagte Klein. Die chinesische Seite schaue bereits zu und lerne, wie sich Unsicherheiten ausnutzen ließen.

Mariam Noori: Die Autorin sagte: "Viele in unserer Gesellschaft wissen nicht, wie Krieg sich anfühlt. Sie kennen Krieg nur aus dem Fernsehen und solange ist es auch noch weit weg." Die Situation in Afghanistan, wo nach Jahrzehnten des Krieges eine Terrorgruppe an der Macht sei, sollte zum Nachdenken anregen, wie weit man gehen wolle. So verständnisvoll es auch sei, ein Volk bei der Verteidigung zu unterstützen: "Wir wissen in diesem Moment nicht, was am Ende mit diesen Waffen passiert", warnte Noori.

Das ist der Moment des Abends

Lanz wollte von Politikwissenschaftlerin Klein wissen, wie lange Putin mit seinem Narrativ der Spezialoperation noch durchkomme und die Metropolen Moskau und St. Petersburg schonen könnte. Kleins Antwort zeigte einen wichtigen Hebel auf. Sie sagte: "Putin ist immer noch der Beherrscher der Presse in Russland. Er kann das Narrativ gestalten".

Aber: Eine psychologische Wirkung hätten die Explosionen auf der Krim gehabt. "Das ist tatsächlich eine Neuerung, wo die russische Seite Schwierigkeiten haben wird zu sagen, das ist eine begrenzte militärische Operation, die keine Rückwirkung auf das Leben der russischen Bevölkerung hat." Man sehe aber noch keine erfolgreiche Rückeroberung von Gebieten durch die Ukrainer. Nur, wenn die russische Regierung sich militärisch ernsthaft unter Druck sehe, würden Verhandlungen Sinn ergeben.

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Das ist das Rede-Duell des Abends

Das Rede-Duell das Abends lieferten sich SPD-Mann Roth und Journalist Schmitz. Der ließ Roth nämlich nicht mit dem Versuch davonkommen, den kommunikativen Patzer von Kanzler Scholz bei der Pressekonferenz mit Mahmoud Abbas auszubügeln. Roth sagte: "Ich habe in meinem Leben immer wieder Situationen erlebt, [...] mir fehlten derart die Worte, dass ich auch nichts erwidert habe." Es sei aber sicherlich besser gewesen, man hätte "unverzüglich noch einmal einen klaren Satz gesagt".

Schmitz hakte ein: "Herr Roth, aber im Bundeskanzleramt wird der Holocaust relativiert, der Kanzler lässt sich vom Regierungssprecher das Wort abschneiden und schafft es nicht, sich davon klar zu distanzieren, verabschiedet ihn sogar noch mit Handschlag. Das ist ja unfassbar peinlich!" Roth setzte nach: "Es hat ja auch im Nachhinein eine Auseinandersetzung gegeben."

So hat sich Markus Lanz geschlagen

Ein paar Fragen von Lanz waren etwas zu populistisch. Beispielsweise: "Warum darf ein Spitzenpolitiker mehr als jeder andere?" und manche Fragen waren unnötig provokativ. Beispielsweise die Frage an Roth über Scholz Aussagen zu Cum-Ex: "Machen Sie sich Sorgen um die Erinnerungslücken?" Beides brachte die Debatte schließlich kein Stück weiter. Retten konnte Lanz das nur, weil er auch Fragen stellte wie: "Kann die Ukraine den Krieg gewinnen?" und "Wann werden wir Kriegspartei?".

Olaf Scholz

Union kritisiert Scholz nach Eklat bei Abbas-Besuch

Bei einer Pressekonferenz mit Olaf Scholz wirft Palästinenserpräsident Mahmud Abbas Israel vielfachen "Holocaust" vor. Der Kanzler reagiert empört, widerspricht seinem Gast bei dem gemeinsamen Auftritt aber nicht unmittelbar. (Photocredit: picture alliance / photothek / Janine Schmitz)
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Das ist das Ergebnis

Phrasen kamen an diesem Abend vor allem von SPD-Politiker Roth. "Wir müssen Politik besser erklären" ist nun wirklich kalter Kaffee. Auch, dass man die Abhängigkeit von China und Russland reduzieren müsse, hat man schon einmal gehört. "Wir müssen aus den Fehlern der Vergangenheit lernen", forderte Roth. Gut, dass Lanz es nicht dabei beließ und sagte: "Sie drücken sich gerade um den entscheidenden Satz, Herr Roth." Der müsse sein: "Wenn wir das machen, bedeutet das, wir haben am Ende alle weniger in der Tasche."

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